Photovoltaik-Forschung: „Tarnkappe“ könnte Wirkungsgrad von Solarzellen steigern

Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schlagen einen unkonventionellen Weg ein, um den Wirkungsgrad von Solarzellen und Photovoltaik-Modulen zu steigern: Optische „Tarnkappen“ leiten das Sonnenlicht um Objekte, wie etwa die Kontakte zur Stromabfuhr herum, die eigentlich einen Schatten auf das Solarzellen werfen.

Tarnschicht macht Kontaktfinger fast vollständig unsichtbar
PV-Module, wie sie heute auf Dächern montiert werden, wandeln nur ein Fünftel des Lichts in Strom um, das bedeutet, dass etwa 80 Prozent der Sonnenenergie verloren gehen. Die Gründe für die hohen Verluste sind vielfältig: Beispielsweise ist bis zu ein Zehntel der Fläche der Solarzellen mit so genannten Kontaktfingern bedeckt, die den erzeugten Solarstrom abführen. Dort, wo sich die Kontaktfinger befinden, kann das Licht die aktive Fläche der Solarzelle nicht erreichen, die Effizienz der gesamten Zelle sinkt.
„Unsere Modellexperimente haben gezeigt, dass die Tarnschicht die Kontaktfinger fast vollständig unsichtbar macht“, sagt Doktorand Martin Schumann vom Institut für Angewandte Physik am KIT, der die Experimente und Simulationen durchgeführt hat.
Physiker des KIT um den Leiter des Forschungsprojekts Carsten Rockstuhl haben gemeinsam mit Partnern aus Aachen, Freiburg, Halle, Jena und Jülich die am KIT entworfene optische Tarnkappe weiterentwickelt, um das einfallende Licht um die Kontaktfinger der Solarzelle herumzuführen.

Umleitung des Lichts vergrößert aktive Fläche der Solarzelle
Normalerweise ist das Ziel der Tarnkappen-Forschung, Objekte unsichtbar zu machen. Dafür wird Licht um das zu tarnende Objekt herum geleitet. Bei dem Photovoltaik-Forschungsprojekt lag der Fokus aber nicht auf der Tarnung der Kontaktfinger an sich, sondern auf dem umgeleiteten Licht, das dank der Tarnkappe potenziell die aktive Fläche der Solarzelle erreicht und damit für diese nutzbar gemacht wird.
Um den Tarneffekt zu erzielen, gingen die Wissenschaftler zwei Möglichkeiten nach. Bei beiden Verfahren wird auf die Solarzelle eine Polymerschicht aufgebracht.
Diese muss exakt berechnete optische Eigenschaften besitzen, nämlich entweder einen Brechungsindex, der vom Ort abhängt, oder eine spezielle Oberflächenform.
Das zweite Konzept ist besonders vielversprechend, da es sich potenziell auch kostengünstig in die Massenproduktion von Solarzellen integrieren lässt.
Die Oberfläche der Tarnschicht weist dabei Rillen auf, die entlang der Kontaktfinger ausgerichtet sind. So wird das einfallende Licht von den Kontaktfingern weg gebrochen und trifft schließlich auf die aktive Fläche der Solarzelle (siehe Abbildung).

Forscher wollen Solarzellen-Effizienz um bis zu zehn Prozent erhöhen
Die Forscher haben in einem Modellexperiment und anhand von ausführlichen Simulationen gezeigt, dass sich beide Konzepte dazu eignen, die Kontaktfinger zu tarnen.
Im nächsten Schritt ist geplant, die Tarnschicht auf eine Solarzelle aufzubringen, um die tatsächliche Effizienzsteigerung zu bestimmen. Die Physiker sind optimistisch, dass sich auch unter realen Bedingungen eine Verbesserung durch die Tarnschicht ergibt: „Wenn man eine derartige Schicht auf eine echte Solarzelle aufbringt, sollten sich die optischen Verluste durch die Kontaktfinger reduzieren und die Effizienz sollte um bis zu zehn Prozent steigen“, sagt Martin Schumann.

25.09.2015 | Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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