Garantien und Gewährleistung: Was zu tun ist bei Mängeln an der Photovoltaik-Anlage

Kilian Libal ist Anwalt und Partner der Hamburger „Kanzlei für Erneuerbare Energien“ (KEE). Er begann seine Karriere bei der englischen Großkanzlei „Watson, Farley & Williams“, bevor er sich 2010 zusammen mit drei Kollegen selbständig machte. Photovoltaik ist ein Schwerpunkt der KEE.

Im aktuellen Solar-Standpunkt erklärt Libal, was bei Mängeln an der Photovoltaik-Anlage zu tun ist.
Deutschland blickt auf Jahre des massiven Zubaus von Photovoltaik-Anlagen zurück. In einer Zeit, als die Renditen noch auskömmlich waren, fiel es auch schwarzen Schafen leicht, vom Boom der Photovoltaik zu profitieren. Fragwürdige oder unqualifizierte Personen und Gesellschaften betätigten sich als Generalunternehmer, zahlreiche Hersteller und Händler verkauften mitunter auch qualitativ minderwertige Produkte. Die Konsequenzen zeigen sich mit einigen Jahren Verzögerung.

Fehlerhafte Anlagenkonfiguration und schadhafte Module häufigste Probleme
In unserer anwaltlichen Praxis mehren sich derzeit Anfragen von Mandanten, welche teils gravierende Probleme an ihren Anlagen feststellen: Fehlerhafte Anlagenkonfiguration und Komponentenverbauung sowie schadhafte Module sind dabei die am häufigsten genannten Probleme. Was ist Anlagenbetreibern in dieser Situation zu raten? Hierüber möchte dieser Kurzbeitrag einen Überblick ermöglichen.

Ursachenforschung in alle Richtungen
Wenn der Ertrag einer Anlage hinter den Erwartungen zurückbleibt, kommen immer mehrere Ursachen in Frage: Entweder ist die Anlage schlecht konfiguriert oder gebaut, oder die Komponenten (vor allem die Module) sind schadhaft, oder die Einstrahlung bleibt hinter den begutachteten Werten zurück. Natürlich können auch mehrere Gründe zusammenkommen.
Bei schlechter Einstrahlung wird dem Betreiber wohl als einzige Möglichkeit bleiben, sich beim Gutachter schadlos zu halten, was wohl selten Erfolg haben wird. Ist jedoch ein technischer Grund für die Minderleistung ursächlich, wird er zunächst einen Blick in den Errichtungsvertrag werfen, welchen er seinerzeit mit dem Bauunternehmer geschlossen hat. In aller Regel wird es sich dabei um einen Generalunternehmer handeln, welcher als zentraler Vertragspartner sämtliche Lieferungen und Leistungen schuldet, die zur Inbetriebnahme der Anlage erforderlich sind.

Verjährungsfristen beachten
Bevor man sich überhaupt mit der Frage auseinandersetzen sollte, ob sachlich ein Gewährleistungs- oder Garantieanspruch gegeben ist, steht vornan die Frage, ob ein solcher Anspruch möglicherweise bereits verjährt ist. Oftmals enthalten Errichtungsverträge hierzu entsprechende Regelungen.
Fehlen sie, findet das Gesetz Anwendung, wobei hier in der Rechtsprechung umstritten ist, ob die zweijährige Verjährungsfrist für allgemeine Sachmängel gelten soll, oder ob Photovoltaik-Anlagen als Bauwerke zu betrachten sind, für die eine fünfjährige Frist gilt. Herstellergarantien werden hingegen für einen oftmals deutlich längeren Zeitraum gewährt, im Falle von Modulen regelmäßig über 10 oder 25 Jahren.

Garantieleistungen „kleben“ nicht zwangsläufig am Produkt
Wenn dann, wie in den wohl häufigsten Fällen, der Minderertrag in einem fehlerhaften Komponententeil (etwa den Modulen) begründet sein sollte, stellt sich für den Anlagenbetreiber die Frage, wer ihm für diesen Mangel einstehen muss. Sicherlich wird er sich an den Hersteller des Komponententeils richten wollen.
Wenn ein Generalunternehmer zwischengeschaltet wurde, ist hierfür jedoch erforderlich, dass dem Betreiber als Endkunden etwaige Garantieansprüche vom Generalunternehmer gegen den Hersteller auch abgetreten wurden. Garantieleistungen „kleben“ nämlich nicht zwangsläufig am Produkt, sondern werden dem jeweiligen Käufer (also dem Generalunternehmer) grundsätzlich auf vertraglicher Basis gewährt.

Generalunternehmer steht für sämtliche Lieferungen und Leistungen ein
Aber auch der Generalunternehmer als zentraler Vertragspartner steht im Grundsatz für sämtliche Lieferungen und Leistungen ein, d.h., er muss prinzipiell für fehlerhafte Komponenten, welche er verbaut hat, haften. Hier sieht jedoch die vertragliche Praxis regelmäßig Haftungsausschlüsse dergestalt vor, dass der Generalunternehmer auf die Haftung des Herstellers verweist und bezüglich der betreffenden Komponenten seine eigene Haftung ausschließt.
Nicht immer muss man als Kunde einen solchen Haftungsausschluss hinnehmen, insbesondere dann nicht, wenn er in vorformulierten Vertragsbedingungen „versteckt“ wird, oder der Kunde ein Verbraucher ist.

Kunden sollten nicht jede Garantie-Regelung akzeptieren
Möchte der Kunde unmittelbar aus der Herstellergarantie vorgehen, werden ihm beim Blick in die Garantiebedingungen möglicherweise zahlreiche Klauseln auffallen, welche die gewährte Garantie mitunter maßgeblich einschränken: so liest man immer wieder, dass dem Kunden die Kosten für den Transport und den Einbau von Ersatzmodulen auferlegt werden sollen, oder, dass pauschal jede Verletzung von Garantiebedingungen generell zu einem Ausschluss jeglicher Garantierechte führen soll.
Wann immer eine solche oder ähnliche Regelung den Kunden unangemessen benachteiligt, sollte er dies nicht unbedingt akzeptieren, sondern nachprüfen lassen. Denn: Eine Garantie ist zwar eine freiwillig übernommene Zusatzleistung des Herstellers; sie darf aber nicht lediglich vorgetäuscht und durch einschränkende Bedingungen durch die Hintertür wieder entwertet werden.

Verfahrensstrategien im Falle eines Zivilprozesses
Besonders komplex können Fälle sein, in denen der Betreiber unschlüssig ist, ob ein Minderertrag auf einen Fehler des Generalunternehmers und/oder auf ein schadhaftes Komponententeil zurückzuführen ist. Kommt es in einer derartigen Konstellation zu einer juristischen Auseinandersetzung, sollte dem Betreiber nicht der Fehler unterlaufen, zunächst nur eine Partei (etwa nur den Generalunternehmer) zu verklagen:
Verliert er dieses Verfahren und wendet er sich sodann gegen den Komponentenhersteller, ist das Gericht in diesem zweiten Verfahren nicht an Feststellungen des Gerichts im ersten Verfahren gebunden, d.h. das Gericht könnte seiner Entscheidung zugrunde legen, dass der Minderertrag sehr wohl auf den Generalunternehmer zurückzuführen sei und nicht auf die Komponenten. Der Anlagenbetreiber kann daher schlimmstenfalls zweimal verlieren, obwohl einer der Beteiligten den Mangel verursacht haben muss. Die Zivilprozessordnung sieht jedoch Verfahrensstrategien vor, um solche Konsequenzen zu vermeiden.

Im Insolvenzfall müssen Ansprüche beim Insolvenzverwalter angemeldet werden
Ein Thema mit leider hohem Aktualitätsbezug ist die Insolvenz des Vertragspartners. Tatsächlich kann der Kunde seine Gewährleistungs- und Garantieansprüche in diesem Fall nur beim Insolvenzverwalter anmelden und auf eine hohe Masse bzw. darauf hoffen, dass das Unternehmen samt Garantieverbindlichkeiten von einem Investor übernommen wird.
Hilfreich kann jedenfalls der Abschluss einer Insolvenzversicherung sein, die einige Modulhersteller mittlerweile anbieten. Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Garantie immer von der Konzernmutter und nicht etwa von einer – möglicherweise weniger solventen – Tochtergesellschaft gewährt wird.

Renommierte Hersteller bieten häufig Kulanzlösungen an, um Reputationsverluste zu vermeiden
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass jedem Anlagenbetreiber, Investor, Betriebsführer, jeder Bank oder Versicherungsgesellschaft empfohlen sei, den Ablauf von Gewährleistungs- oder Garantiefristen der ihnen gehörenden oder durch sie betreuten Anlagen aufmerksam zu überwachen und rechtzeitig eine Generaldurchsicht der Anlage durchzuführen bzw. anzuordnen. Auch sollte bereits bei der Vertragsgestaltung auf eine Absicherung von etwaigen Gewährleistungsansprüchen acht gegeben werden (etwa durch Gewährleistungseinbehalte oder Bürgschaften).
Sollten dann an der Anlage tatsächlich Mängel auftreten, empfehlen wir zunächst (innerhalb der maßgeblichen Gewährleistungs- und Garantiefristen) die Aufnahme von kommerziellen Gesprächen mit dem Vertragspartner. Insbesondere renommierte Hersteller werden sich oftmals zu Kulanzentscheidungen durchringen, um Reputationsverluste zu vermeiden. Sollte all dies nicht helfen, gibt es in vielen Fällen jedoch gute Argumentationsansätze, um auch im streitigen Wege dem Endkunden zu seinem Recht zu verhelfen.

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