Indirekte Emissionen von Wind und Sonnenenergie kein Hindernis für Energie-Dekarbonisierung

Solar- und Windstrom verursachen mit Abstand die geringsten indirekten Treibhausgas-Emissionen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des PIK. Foto: Naturstrom AG
Auch kohlenstoffarme Technologien wie Wind- und Solarenergie oder Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (CCS) bei fossilen Kraftwerken unterscheiden sich noch stark in den Treibhausgas-Emissionen, die im gesamten Lebenszyklus entstehen.

Das ist das Ergebnis einer umfassenden neuen Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Energy veröffentlicht wurde. Anders als manche Kritiker argumentieren, fanden die Forscher heraus, dass Wind- und Solarenergie zu den Technologien mit der günstigsten indirekten Emissionsbilanz gehören.
Sie zeigen auch, dass eine vollständige Dekarbonisierung des globalen Energiesektors durch den Ausbau dieser Technologien nur zu geringen indirekten Treibhausgasemissionen führen würde – und somit die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Stromversorgung nicht maßgeblich behindern würde.
„Sowohl fossile als auch alternative Energietechnologien verursachen innerhalb ihres Lebenszyklus indirekte Treibhausgas-Emissionen, zum Beispiel durch die Energie, die für den Bau und Betrieb benötigt werden, oder durch Methanemissionen, die etwa aus der Kohle- und Gasförderung entstehen“, erklärt der Hauptautor Michaja Pehl. „Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Technologien, wenn man auf diese indirekte Treibhausgasbilanz schaut. Die Stromproduktion aus Biomasse, Kohle, Gas und Wasserkraft verursacht beispielsweise wesentlich höhere indirekte Treibhausgasemissionen als etwa Atomstrom oder Wind- und Solarstrom.“
Mit ihrer Studie liefern die Forscher eine innovative und umfassende globale Analyse des indirekten Energieverbrauchs und der indirekten Treibhausgasemissionen für alle relevanten Technologien des Energiesektors. Die Studie kombiniert erstmals die Stärken von Simulationen mit integrierten energie-ökonomischen Klimamodellen, die kostenoptimale Langzeitstrategien zum Erreichen von Klimazielen abschätzen mit Methoden der Lebenszyklusanalyse. Bisher waren diese Forschungszweige weitgehend getrennt. In einem Klimaschutz-Szenario, das sich an der 2°-Grenze orientiert und in dem die Stromerzeugung fast vollständig dekarbonisiert wird, würden fossile Kraftwerke ausgestattet mit CCS noch immer rund 100 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde produzierter Elektrizität verursachen – zehnmal mehr als die nur rund 10 Gramm CO2-Äquivalente, die pro Kilowattstunde bei Wind- und Solarenergie anfallen.
Wind und Sonne verursachen nur ein Zehntel der indirekten CO2-Emissionen von fossilen Kraftwerken mit CCS
„Wirklich saubere Kohle gibt es nicht. Konventionelle Kohleverstromung kommt derzeit auf rund 1000 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde. Durch CO2-Abscheidung aus Kohlekraftwerken könnten die Emissionen pro kWh zwar um rund 90 Prozent reduziert werden, dennoch würden erhebliche Lebenszyklus -Emissionen bleiben“, sagt Gunnar Luderer, Energiesystemforscher am PIK und Projektleiter. „Um die Erderwärmung unter 2°C zu halten, ist jedoch eine nahezu kohlenstofffreie Stromversorgung notwendig. Daher wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Kohleverstromung in Zukunft eine große Rolle spielen wird, auch nicht mit CCS.“
„Wenn man die Emissionen im gesamten Lebenszyklus betrachtet, verfügen Wind- und Solarenergie über eine viel bessere Treibhausgasbilanz als fossile Klimaschutztechnologien. Sie brauchen keine zusätzliche Energie für die Förderung und den Transport von Brennstoffen, und sie selbst können weitgehend mit dekarbonisiertem Strom hergestellt werden“, sagt Edgar Hertwich, Industrieökologe der Universität Yale in den USA, der an der Studie mitgearbeitet hat. Durch technologische Innovationen werde immer weniger Energie für die Produktion von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen benötigt.
„Mitunter wird argumentiert, erneuerbare Energien würden mit hohen versteckten Treibhausgasemissionen einhergehen, was ihren Nutzen für das Klima zunichte machen würde. Aber unsere Studie zeigt: das Gegenteil ist der Fall“, so Luderer. „Im Übergang zu einer sauberen Stromversorgung wären die zusätzlichen indirekten Emissionen für den Ausbau von Wind- und Solarstromkapazitäten deutlich geringer als die verbleibenden Emissionen aus bestehenden fossilen Kraftwerken, bevor sie endgültig stillgelegt werden können. Je schneller die Energiewende vollzogen wird, desto geringer ist die verbleibende Emissionsbelastung für das Klima insgesamt.“

11.12.2017 | Quelle: PIK | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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