Harte Verbändekritik an Plänen der Regierung

Foto: Kurt F. Domnik / pixelio.de
Solarverbände wollen ihre Kritik an Regierungsplänen in den Bundestag tragen.
Das Bundeskabinett hat vorgestern den Entwurf des Energiesammelgesetzes beschlossen. Dagegen rührt sich deutlicher Protest von Solarverbänden. Sie wenden sich vor allem gegen die geplante Kürzung von Marktprämien für neue große Solaranlagen zum Jahreswechsel.

Für den Solar-Cluster Baden-Württemberg ist die Kürzung von Marktprämien bei größeren Photovoltaikanlagen auf Gebäuden für die installierte Leistung von 40 bis 750 Kilowatt ein besonderer Kritikpunkt. Die Prämien sollen laut Beschluss des Kabinetts am 1. Januar 2019 nicht wie bislang vorgesehen, 10,36 Cent pro Kilowattstunde betragen, sondern noch 8,33 Cent – rund 20 Prozent weniger. Das Cluster weist darauf hin, dass  die Hälfte der aktuell neu installierten Photovoltaikleistung auf dieses Anlagensegment entfällt. Diese größeren Solarstromanlagen sorgen nach Daten der Bundesnetzagentur dafür, dass 2018 erstmals seit fünf Jahren das Zubauziel der Bundesregierung von rund 2,5 Gigawatt erreicht werden dürfte. Werden die Pläne der Bundesregierung realisiert, rechnen Experten mit einem Einbruch des Marktes.

Der Branchenverband verlangt die ersatzlose Streichung der 20-Prozent-Kürzung. Nur so sei das ohnehin zu niedrige Photovoltaik-Ausbauziel der Bundesregierung zu erreichen. Von einer Überförderung, wie das Wirtschaftsministerium behauptet, könne keine Rede sein, so Solar-Cluster-Geschäftsführer Franz Pöter. „Falls durch Dumpingpreise tatsächlich künftig die Rentabilität von Solaranlagen steigen sollte und der Zielkorridor überschritten wird, greift automatisch die im EEG verankerte gleitende Absenkung der Vergütung.“  Eine zusätzliche Einmal-Absenkung der Einspeisevergütung in dieser beträchtlichen Höhe mit einer Frist von nur zwei Monaten anzukündigen, sei dagegen ein Affront für die gesamte Branche.

Für das derzeit noch sehr überschaubare Segment der Mieterstromanlagen falle die Kürzung noch drastischer aus, so das Cluster. Neben der Senkung der Einspeisevergütung soll eine Kürzung des Mieterstromzuschlages hinzukommen. Für eine Anlage mit 100 Kilowatt installierter Leistung sinkt der Zuschlag Branchenberechnungen zufolge um mehr als 50 Prozent auf unter ein Cent pro Kilowattstunde. „Das wird das Ende vieler Vorhaben sein, in die in den vergangenen Monaten große Hoffnung gesetzt wurde“, so Potter.

SFV: Energiewende wird verhindert

Aus Sicht des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV) zeigt der aktuelle Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zu Änderungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) im „Energiesammelgesetz“, dass die Bundesregierung nicht ernsthaft gewillt sei, die Energiewende in Deutschland voranzubringen. Stattdessen plane sie offensichtlich, den Vorrang von Kohle im deutschen Energiemix noch für viele Jahrzehnte festzuschreiben.
Die geplanten EEG-Änderungen reihen sich damit nach Meinung des SFV nahtlos in die bisherige Geschichte zur Kapitulation vor der alten Energiewirtschaft ein.

Zubaudeckel bei Wind- und Solar würden im Referentenentwurf weder aufgehoben noch investitionshemmende Regelungen, wie z.B. die EEG-Umlage auf Eigenversorgung, abgeschafft. Auch die bürokratischen, im Kern vorrangig deckelnden Verfahren der Ausschreibung für Wind- und Solar sollten fortgesetzt werden. Ergänzend hinzu kämen noch Vergütungskürzungen bei größeren Solarinvestitionen, um den Zubau einzuschränken. „Letzteres ist ein besonders perfider Anschlag auf die Solarbranche!“, so der SFV: „Solarunternehmen äußern bereits jetzt die Sorge, dass die in den letzten Monaten umfangreich geplanten Solar-Großanlagen nicht mehr bis zum 31.12.2018 fertiggestellt werden können und die Gefahr bestünde, dass Investoren abspringen. Damit wären weitere Firmenpleiten vorprogrammiert.“

BSW: Besser Hindernisse ab- als aufbauen

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft erklärt:  „Jetzt ist es die Aufgabe des Bundestags, den Referentenentwurf zu einem sinnvollen Energiewendegesetz zu machen und Hindernisse für die Photovoltaik abzubauen wie den 52-Gigawattdeckel oder die Eigenverbrauchsabgabe. Ad-hoc-Einschnitte wie die geplante Sonderkürzung der Vergütung für Photovoltaik-Dachanlagen entziehen laufenden Projekten den Boden und entwerten dauerhaft die Sonderausschreibungen.“

Der Bundesverband Solarwirtschaft kritisiert an dem geplanten Vorhaben vor allem zwei Punkte: Die Bundesregierung treffe mit den geplanten Einschnitten einen der wichtigsten Motoren der Energiewende. Rund die Hälfte der jährlich neu installierten PV-Leistung sei von den nun geplanten Förderkürzungen betroffen, das PV-Anlagensegment mit einer Leistungsspanne von 40 bis 750 Kilowatt auf Gebäuden. Deutschland werde seine Klimaschutzziele nur erreichen und Strafzahlungen für zu hohe CO2-Emissionen nur vermeiden können, wenn die Bundesregierung den Photovoltaikausbau nicht nur auf Freiflächen, sondern auch auf Gebäuden deutlich erhöhe. Körnig erklärt: „Die Bundesregierung kann nicht auf der einen Seite den Eigenverbrauch und die Direktversorgung mit Solarstrom unter anderem durch die anteilige EEG-Umlage weiterhin massiv behindern und andererseits noch erforderliche EEG-Marktprämien zu schnell kappen.“

Der BSW wendet sich auch gegen die „kurze Vorwarnzeit“, denn der   Referentenentwurf greife tief in die Planungssicherheit der Handwerksbetriebe ein. Die Befürchtung des Verbandes: „Viele Vertragsverpflichtungen und Finanzierungen werden sich nicht mehr erfüllen lassen; Gewerbebetriebe werden von einer Investition abgeschreckt.“ Der BSW fordert, die Förderkürzung im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zumindest zeitlich zu verschieben und zu strecken, um den Vertrauensschutz der Branche zu sichern.
Der BSW weist zudem darauf hin, dass sich eine maßvolle Anpassung der Solarstromvergütung für neue Solarstromanlagen in den nächsten Monaten durch den in §49 EEG geregelten atmenden Degressionsmechanismus von selbst ergeben hätte.

Eurosolar: Politik gegen das Handwerk

Eurosolar hält die Begründung des Wirtschaftsministeriums für die Förderkürzung, damit werde das Auslaufen der Antidumpingzölle gegen Solarmodule aus China kompensiert, nicht für stichhaltig: „Diese Begründung für eine Senkung der Einspeisevergütung um 20 Przent ist bei Zöllen von deutlich unter 20 Prozent und einem Kostenanteil der Beschaffungskosten von Solarmodulen von unter 50 Prozent an den Gesamtkosten einer Photovoltaikanlage nicht nachvollziehbar.“ Der Bundeswirtschaftsminister mache so Politik gegen kleine mittelständische Unternehmen und gegen das Handwerk, erklärt Eurosolar: „Die Umsetzung dieses von Bundeswirtschaftsminister Altmaier geplanten erneuten Angriffes auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien wird zu einem erneuten Fadenriss gerade in diesem durch kleine mittelständische Unternehmen und Handwerksunternehmen geprägten Bereich der Erneuerbaren-Energien-Wirtschaft führen.“ Viele Arbeitsplätze seien hier in Gefahr.

„Wir brauchen eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in Deutschland und eine möglichst schnellen Kohleausstieg“, fordert Eurosolar „Wie sonst will die Bundesregierung die unnötigen Kosten für den teuren Parallelbetrieb von zwei unterschiedlichen Energiesystemen möglichst schnell senken?“ Die Organisation fordert  die Koalition aus CDUCSU und SPD auf, die von Bundeswirtschaftsminister Altmaier im Energiesammelgesetz geplante abrupte Senkung der Einspeisevergütung zu unterbinden. Zudem solle die Koalition im Energiesammelgesetz eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um den Ausstieg aus der nuklearen und fossilen Stromgewinnung durch eine Beschleunigung der Energiewende zu flankieren und dadurch die Kosten des Gesamtelektrizitätssystems in Deutschland zu senken. Dazu gehöre u.a. die Abschaffung des absoluten Solardeckels von 52 GW installierter Leistung nach § 49 Abs. 5 EEG 2017 und die Abschaffung der Ausbau-Deckel bei solarem Mieterstrom nach § 23b Abs. 3 und 4 EEG 2017 und Öffnung des Mieterstroms für Quartierskonzepte und weitere EE-Technologien (Änderung § 23b Abs. 1 und 2 EEG 2017).

07.11.2018 | Quellen: Solar-Cluster Baden Württemberg, Solarenergie-Förderverein Deutschland, Bundesverband Solarwirtschaft, Eurosolar | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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