Elektro-Traktoren tanken Sonnenkraft

Foto: Geschäftsstelle IKT für Elektromobilität III
Beim Allgäuer Landwirt Josef Eldracher läuft auch der Traktor mit Strom. Ein Energiemanagement-System steuert das Zusammenspiel von Solarstromanlage, Verbraucher und Speicher.

Bei Eldracher beziehen der Melkroboter, die Milchkühlungsanlage und das Rührwerk den Strom aus der Photovoltaik-Anlage vom Dach, auch wenn die Sonne noch gar nicht richtig aufgegangen ist. Das Energiemanagement-System (EMS) von ABB bezieht auch die Batterie des hybriden Hoftraktors in das System mit ein. Aber auch ein neuer stationäre Batteriespeicher kann als Stromquelle dienen, wenn der Hybrid-Traktor von John Deere seine Akkus für die Feldarbeit benötigt und geladen mitnehmen soll. Ein solches System bietet Landwirten wie Eldracher eine Alternative zur EEG-Förderung, die ab 2021 wegfällt. Im Technologieprogramm IKT für Elektromobilität des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) arbeiten die Projekte „3connect“ und das Projekt „GridCON“ unter anderem an effizienten und nachhaltigen Energie-Lösungen für die Landwirtschaft.             

Bei landwirtschaftlichen Energiemanagement-Systemen geht es nicht nur ums Energiesparen, erläutert Projektleiter Florian Fischer vom Allgäuer Überlandwerk (AÜW). „Vielmehr geht es um die intelligente Nutzung der erneuerbaren Energien“. Und im Allgäu ist dank tausender Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden jede Menge nutzbare Sonnenenergie vorhanden. Nach dem Auslaufen der EEG-Förderung haben Landwirte mit ihren PV-Anlagen zwei Möglichkeiten: den Strom zu Marktpreisen ins Netz zu speisen oder ihn selbst zu nutzen. Das AÜW testet beide Möglichkeiten.
Viele Allgäuer PV-Anlagen landwirtschaftlicher Betriebe sind allerdings so groß, dass Strom nicht unmittelbar genutzt werden kann, sondern stationär oder mobil gespeichert werden muss. Deshalb verteilt das intelligente Energiemanagement-System den PV-Strom etwa in Batteriespeicher, vollelektrische oder Hybrid-Traktoren, andere landwirtschaftliche Maschinen, oder es verwandelt Strom in Wärme oder Kälte, beispielsweise zur Milchkühlung.
Das Energiemanagement-System stellt somit sicher, dass beispielsweise das elektrische Rührwerk immer zum wirtschaftlich günstigsten Zeitpunkt startet. Auch lädt das EMS den Akku des Hybridtraktors erst dann, wenn es das Nutzerprofil und die Marktumgebung erlauben. An Ruhetagen dagegen kann dieser Stromspeicher perspektivisch auch wieder Energie ans Netz oder in den landwirtschaftlichen Betrieb abgeben. Das EMS arbeitet dabei zum größten Teil – und ohne großen Aufwand für den Landwirt – im Hintergrund.
Algorithmen steuern den Energie-Fluss
Noch bevor der Strom auf dem Eldracher-Hof in die richtigen Kanäle fließt, hat das EMS mithilfe von Algorithmen das gesamte energierelevante Umfeld geprüft, prog-nostiziert etwa den Strombedarf, das Wetter und Börsenstrompreise. Das „virtuelle Kraftwerk Allgäu“ zieht auch die mögliche Vermarktung von Flexibilitäten ins Kalkül, optimiert die Fahrpläne der Erzeugungsanlagen, erstellt Energieprognosen, beschafft bei Bedarf Energie an den Strombörsen, reduziert den Ausgleichsenergiebedarf oder die Netznutzungsgebühren. Gleichzeitig prüft das virtuelle Kraftwerk die relevanten Märkte, etwa den Regelleistungsmarkt, den Terminmarkt, Stromnetze und deren Fre-quenzen. Erst nach dieser Prüfung entscheiden Algorithmen, wo und wann welcher Strom aus welcher Quelle gespeichert oder zum Antrieb eingesetzt wird. „Je mehr Teilnehmer an dieses System mit untereinander kommunizierenden Geräten angeschlossen sind, desto effizienter ist die Energieerzeugung und -verteilung“, so der AÜW-Experte Fischer.
Zurzeit werten die AÜW-Energieexperten die Ergebnisse des dreijährigen Pilotprojekts aus. Und im Mai freut sich Josef Eldracher auf einen neuen Einsatz des Hybridtraktors, der einen weiteren Feldversuch absolvieren wird. Auf der hügeligen Landwirtschaftsfläche von Eldracher hat sich bisher gezeigt, dass ein Hybrid-Traktor dem rein dieselbetriebenen Traktor überlegen ist: der Akku gibt dem Traktor die benötigte zusätzliche Energie.
Wie elektrisch betriebene Landmaschinen großflächig in die Landwirtschaft eingebunden werden können, zeigt das Beispiel „GridCON“ aus dem IKT EM III-Programm.

20.2.2019 | Quelle: Geschaftsstelle IKT fur Elektromobilität III | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen