Smart Cities: Deutschland hat Nachholbedarf

Einer Studie zufolge zählen Deutschlands Städte bei Themen wie der digital gestützten Energie- und Verkehrswende nur zum Mittelmaß. Wien und London liegen vorn.

Geht es um digitale Technologien – eingebettet in eine Smart City-Strategie -, mit denen kleine und große Städte weltweit Herausforderungen wie steigende Bevölkerungszahlen, Staus und Luftverschmutzung angehen, zählen deutsche Städte nicht zu den Vorreitern. Das geht aus der Studie "The smart city breakaway" der Unternehmensberatung Roland Berger hervor.

So werde zum Beispiel ein E-Mobilitätskonzept erst durch vernetzte Verkehrsmanagementsysteme und intelligente Stromnetze vervollständigt. Eine ganzheitliche Strategie sei also erforderlich, damit einzelne Maßnahmen sich zu einem erfolgreichen Smart City-Konzept weiterentwickeln, so die Roland Berger-Experten in ihrem zweiten "Smart City Strategy Index". Dafür wurden 153 Städte weltweit analysiert.

Die Zahl der Städte mit einer klaren Smart City-Strategie habe sich in den letzten zwei Jahren von 87 auf 153 fast verdoppelt. Insgesamt zeigten 90 Prozent der Städte allerdings immer noch keine ganzheitlichen Smart City-Konzepte. Dabei sei die Strategie nur der erste Schritt, entscheidend sei die Umsetzung.

Im neuen Index schneidet Wien erneut am besten ab. "Die österreichische Hauptstadt überzeugt mit ihrer ganzheitlichen Rahmenstrategie und innovativen Lösungen für Mobilität, Umwelt, Bildung, Gesundheit und Verwaltung sowie einer Fortschrittskontrolle der einzelnen Projekte", erklärt Roland Berger-Partner Thilo Zelt. An zweiter Stelle im Ranking folgt London, doch im Schnitt zeigen vor allem asiatische Metropolen überzeugende Smart City-Konzepte. Von den deutschen Städten befindet sich keine unter den Top-15. Am Besten schneidet Berlin mit einem Platz im oberen Drittel des Rankings ab.

Wien punkte zum Beispiel mit fortschrittlichen E-Health-Ansätzen und bietet als erstes deutschsprachiges Land offene Verwaltungsdaten. London versehe Straßenlaternen und Bänke mit öffentlichem WLAN, Luftqualitätssensoren und Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Singapur hingegen habe mit dem sogenannten "SingPass" ein digitales Identifikationssystem und installiert momentan intelligente Beleuchtungssysteme, autonome Shuttles und Telemedizin.

Bei der Umsetzung der Konzepte gebe es ebenfalls deutlichen Nachholbedarf. "Oft liegt das aber nicht an den Strategien selbst, sondern an unklaren Verantwortlichkeiten – es fehlt nicht selten eine koordinative Funktion mit dem entsprechenden Know-how, die das Projekt vorantreibt", bemängelt Zelt.

Ein zentrales Entscheidungsorgan, wie der Chief Digital Officer in London oder die Smart City Agency in Wien, könnten hier Abhilfe schaffen: Sie bündeln technische Kompetenz und steuern zentral Projekte. Gleichzeitig koordinieren sie als übergeordnete Stelle die unterschiedlichen Interessen von Stadt, Service- und Lösungsanbietern sowie der Regierung.

Die Koordination aller beteiligten Gruppen sei ein Schlüssel zum Erfolg für eine Smart City-Strategie, rechtlich klare Rahmenbedingungen ein weiterer: "Es muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, um die erfassten Daten zu schützen. Auf der anderen Seite müssen die Städte eine Infrastruktur aufbauen, um Daten für sich nutzbar zu machen", sagt Thilo Zelt.
8.3.2019 | Quelle: Roland Berger | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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