BMU legt Gutachten zur CO2-Bepreisung vor


Foto: Simon Kraus / stock.adobe.com
Das Bundesumweltministerium hat Gutachten zu Steuern und Abgaben für Treibhausgasemissionen vorgelegt. Demnach kann die Politik kann einen CO2-Preis zum Schutz des Klimas so ausgestalten, dass er sozial verträglich wirkt und kleine und mittlere Einkommen nicht ungerecht belastet.

Die sei eine zentrale Erkenntnis der Gutachten, die das Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben hat, um politische Entscheidungen zum CO2-Preis vorzubereiten, so Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Ein CO2-Preis ist kein Allheilmittel, mit dem wir alle Klimaziele erreichen. Zusammen mit anderen Maßnahmen ist er aber ein wichtiger Baustein, damit Deutschland wegkommt von der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Gerade in den Bereichen Verkehr und Wärme fehlen bislang genügend Preisanreize für einen Umstieg auf klimafreundliche Alternativen. Künftig soll gelten: Wer sich klimafreundlich verhält, wird belohnt.“

Es brauche jetzt einen Wettbewerb der Ideen um das beste Modell, so Schulze: „Die neuen Gutachten leisten dazu einen wertvollen Beitrag, ich bin aber auch gerne bereit, andere Vorschläge zu diskutieren. Für mich ist bei der Bewertung eines Modells entscheidend, dass es das Klima schützt, schnell und praktikabel umsetzbar ist, Planungssicherheit gewährleistet und ungerechte Belastungen gerade für untere und mittlere Einkommensgruppen vermeidet. Darum sollte der Staat die Einnahmen einer CO2-Bepreisung nicht behalten, sondern den Bürgerinnen und Bürgern das Geld zurückgeben sowie die Unternehmen bei klimafreundlichen Investitionen unterstützen. Die Politik kann einen CO2-Preis sozial gerecht gestalten. Das ist für mich eine zentrale Erkenntnis aus den Gutachten.“

Das BMU hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK) und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragt, mögliche CO2-Preisentwicklungen für die Bereiche Verkehr und Wärme zu untersuchen. Im Fokus stand dabei die Frage, wie gut welcher CO2-Preis das Klima schützt und wie er sich auf die unterschiedlichen Einkommensgruppen auswirkt. Eine genaue Untersuchung der Verteilungswirkung ist wichtig für die Entwicklung von Preismodellen, damit Geringverdiener, Mieterinnen oder Pendler nicht ungerecht belastet werden.

Um klimafreundliches Verhalten zu belohnen und zugleich Gering- und Normalverdiener möglichst zu entlasten, ist eine „Klimaprämie“ nach Auffassung der Gutachter das beste Instrument. Diese sieht vor, dass der Staat die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung pro Kopf zurückzahlt, wobei auch Kinder berücksichtigt werden. Im Durchschnitt bekommt man zurück, was man eingezahlt hat. Aber wer sich für klimafreundliche Varianten entscheidet, macht ein Plus. So entsteht eine Lenkungswirkung für den Klimaschutz. Anteilig können die Einnahmen aber auch für eine Senkung der Stromkosten verwendet werden, dies könnte zukünftig den Einsatz erneuerbarer Energien zusätzlich unterstützen.
 
Die Gutachten der jeweiligen Forschungsinstitute können unter folgenden Links heruntergeladen werden.
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.635193.de/diwkompakt_2019-138.pdf
http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_bmu_gutachten_co2.pdf
http://www.foes.de/pdf/2019-07-FOES_CO2Preis_Hintergrundpapier_BMU.pdf

Kritik an Gutachten
Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e.V., kritisiert die Vorschläge des BMU: „Die schrittweise Einführung eines CO2-Preises allein im Verkehr und beim Heizen schmälert die Lenkungswirkung, sorgt für weniger Einnahmen, damit für weniger Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und führt zu Verzerrungen im Energiemarkt. Nur die Sektoren Wärme und Verkehr in den Blick zu nehmen greift daher zu kurz. Die Mittel für einen „Klima-Prämie“ zu verwenden schafft zusätzlichen bürokratischen Aufwand, schmälert die Lenkungswirkung und ist rechtlich nicht unumstritten.“

Ein sektorübergreifender Preis, der zusätzlich auch einen Mindestpreis im Emissionshandel vorsieht („Kombi-Modell“), sei gerechter, so der CO2-Abgabe e.V.. weil es die Lasten auf alle verteile, die Treibhausgase verursachen. Zudem würden so höhere Einnahmen erzielt. „Statt 13 Milliarden Euro mit dem Schulze-Vorschlag zu erzielen, entstehen mit einer Kombination aus CO2-Mindespreis im Emissionshandel und Preise für Verkehr und Heizen über 30 Milliarden Euro“, erkärt Sieberg. Je höher das finanzielle Aufkommen aus einer CO2-Bepreisung sei, umso größer werde die potentielle Lenkungswirkung des Instruments.

Der Co2-Abgabe-Verein begrüßt, dass sich das BMU noch nicht festlegt hat und einen Ideenwettbewerb um die verursachergerechteste, sozialverträglichste und technologieoffenste Umsetzung einer CO2-Beprreisung ausspricht, die Bürokratie abbaut sowie Planungssicherheit und Innovationen fördert. „Wir sind überzeugt, dass ein CO2-Mindestpreis im Emissionshandel und eine Energiesteuerreform für Verkehr und Heizen, die Anforderungen besser erfüllt, was unsere Studien belegen“, betont Sieberg
Ablehnung nationaler CO2-Preise durch vbw
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. spricht sich hingegen komplett gegen eine rein nationale Einführung einer CO2-Bepreisung aus. Stattdessen fordert die vbw „zwingend“ eine internationale oder zumindest EU-weite Regelung. „Um Wettbewerbsnachteile für die deutsche und bayerische Wirtschaft zu vermeiden, dürfen keine nationalen Alleingänge unternommen werden. Ansonsten wandern Produktion, Arbeitsplätze und Know-how in Länder mit niedrigeren Klimaschutzanforderungen ab. Das ist kontraproduktiv für den weltweiten Klimaschutz. Übergeordnetes Ziel muss es sein, einen globalen CO2-Bepreisungsmechanismus einzuführen“, fordert vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt: „Eine CO2-Bepreisung muss unter Abwägung aller Folgen diskutiert werden. Außerdem darf das nicht allein unter den Gesichtspunkten von Ökologie und sozialer Verträglichkeit gesehen werden. Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit ist genauso wichtig und muss in der aktuellen Debatte mehr in den Fokus rücken. Wir brauchen den Dreiklang.“
Grüne: Schneller handeln

Auch der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Anton Hofreiter hat sich bereits zu den von Schulze vorgestellen CO2-Preis-Gutachten geäußert. „Es ist schön, wenn Frau Schulze nun auch einen Vorschlag zum CO2-Preis macht“, so Hofreiter: „Das Problem ist, dass Frau Schulze in dieser Bundesregierung allein auf weiter Flur ist. Noch schöner wäre es, wenn die Bundesregierung endlich handeln würde.“ Seine Fraktion erwarte von der Bundesregierung, dass bei der nächsten Sitzung des Klimakabinetts „endlich“ Entscheidungen getroffen werden. „Für einen langen Ideenwettbewerb fehlt uns die Zeit“, so Hofreiter: „Angesichts der Dramatik der Klimakrise muss jetzt schnell gehandelt werden. Von den Ergebnissen der Gutachten fühlen wir Grüne uns bestätigt.“
 
Bündnis 90/Die Grünen haben laut Hofreiter bereits einen eigenen Vorschlag gemacht: „Wir schlagen einen Einstiegspreis von 40 Euro pro Tonne mit einer 100-prozentigen sozialen Rückverteilung vor durch die Abschaffung der Stromsteuer und durch die Auszahlung eines Energiegeldes.“
5.7.2019 | Quelle: BMU, CO2-Abgabe e.V., vbw, Bündnis 90/Die Grünen| solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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