Kohleausstieg: Strukturstärkungsgesetz in der Kritik

Kohlebagger im Tagebau im Rheinischen RevierFoto: RWE
Tagebau im Rheinischen Revier.
Verbände und Firmen kritisieren das vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte  Strukturstärkungsgesetz. Es fehlen verbindliche Pläne zur Umgestaltung der Kohleregionen mit erneuerbaren Energien.

Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zum Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen (StStG) ist in der Branche der erneuerbaren Energien auf breite Kritik gestoßen. So moniert der Ökostromanbieter Greenpeace Energy die fehlende Verbindlichkeit für regenerative Energien.

„Das im Entwurf formulierte Ziel, zur Mitte des Jahrhunderts ‚weitgehend‘ klimaneutral zu werden, reicht angesichts der immer dramatischeren, schon jetzt spürbaren Folgen der Klimakrise längst nicht mehr aus“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy. Zudem fehlten im Entwurf explizit akzeptanzstiftende Maßnahmen und Ansätze, die Bürgerinnen und Bürger an der Ausgestaltung der Energiewende und am Erneuerbaren-Ausbau zu beteiligen – etwa in Bürgerenergieprojekten. „Das würde die Akzeptanz der Energiewende vor Ort enorm stärken“, so Keiffenheim.

Außerdem soll der Bund es nicht den Ländern alleine überlassen, wie die Hilfen verteilt werden.  „Hier darf der Bund nicht nur Blankoschecks verteilen, sondern muss einen Teil der Mittel auch zweckgebunden an die Länder vergeben, um gezielt die Energiewende voranzutreiben“, so Keiffenheim.

Auch aus Sicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) ist es wichtig, dass die Vergabe der Strukturmittel mit dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien verbunden werde. Der Referentenentwurf zur Strukturstärkung für Kohleregionen sei unzureichend. „Wir erwarten, dass auch die weiteren gesetzlichen Regelungen zum Kohleausstieg und zum stärkeren Ausbau Erneuerbarer Energien nun zeitnah kommen. Nach eineinhalb Jahren Amtszeit der Großen Koalition fehlen noch immer die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das 65-%-Ökostrom-Ziel bis 2030, die auch die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung bereits vor acht Monaten eingefordert hat“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter.

Die Kommission habe richtigerweise im Kontext des Kohleausstiegs auf den Ausbau Erneuerbarer Energien bis zu einem Anteil von 65 Prozent bis 2030 als entscheidende Prämisse hingewiesen. Der BEE hält es daher für dringend erforderlich, die 65-Prozent-Zielsetzung in die Zielrichtung des Strukturförderungsgesetzes zu übernehmen und zeitnah im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes festzuschreiben.

Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (Kohlekommission) hatte der Bundesregierung im Januar einen Bericht vorgelegt, wie der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung mit konkreten wirtschaftlichen Perspektiven für die betroffenen Regionen verbunden werden kann. Auf dieser Basis legte das BMWi nun den Referentenentwurf für das StStG vor und leitete die Länder- und Verbändeanhörung ein.

Die Pläne sehen vor, dass die Braunkohleregionen bis zum Jahr 2038 Finanzhilfen von bis zu 14 Milliarden Euro für besonders bedeutsame Investitionen erhalten. Im Strukturstärkungsgesetz werde dafür die rechtliche Grundlage geschaffen, so das BMWi.

Von diesen Mitteln sind 43 % für das Lausitzer Revier vorgesehen, 37 % für das Rheinische Revier und 20 % für das Mitteldeutsche Revier. Die Regionen könnten mit den Finanzhilfen die Wirtschaft in unterschiedlichsten Bereichen ankurbeln, etwa mit wirtschaftsnaher Infrastruktur, der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, der Breitband- und Mobilitätsinfrastruktur oder beim Umweltschutz und der Landschaftspflege.

Außerdem unterstütze der Bund die Regionen durch weitere Maßnahmen in seiner eigenen Zuständigkeit, etwa durch Erweiterung von Forschungs- und Förderprogrammen oder die Ansiedelung von Bundeseinrichtungen.

Zudem wolle der Bund die Verkehrsinfrastrukturen der Regionen stärker und schneller ausbauen. Dabei werde ein neu geschaffenes hochrangiges Bund-Länder-Gremium unter Vorsitz des BMWi eine zentrale Rolle spielen, um einen zügigen Projektfluss zu gewährleisten. Ein neues Förderprogramm „Zukunft Revier“ soll die Regionen zudem bei konsumtiven, strukturwirksamen Ausgaben unterstützen.

Das neue Mantelgesetz Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen bestehe aus dem neuen Stammgesetz „Investitionsgesetz Kohleregionen“ und weiteren gesetzlichen Änderungen. Der Kern der Förderarchitektur bestehe aus Finanzhilfen für Investitionen der Länder nach 104b GG und aus bundeseigenen Projekten. Zudem regele das „Investitionsgesetz Kohleregionen“ die Hilfen für strukturschwache Standorte von Steinkohlekraftwerken und für das ehemalige Braunkohlerevier Helmstedt.

23.8.2019 | Quelle: BMWi/BEE/Greenpeace Energy  | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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