Berlins Weg zur Klimaneutralität

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Das Land Berlin hat gemeinsam mit Vattenfall schon im Jahr 2017 die Machbarkeitsstudie „Kohleausstieg und nachhaltige Fernwärmeversorgung Berlin 2030“ auf den Weg gebracht. Das Ergebnis steht jetzt fest: Der Kohleausstieg in Berlin ist bis spätestens 2030 machbar. Geothermie und große solarthermische Anlagen haben aber nach Ansicht der Gutachter in Berlin kein großes Potenzial.

Berlin will bis 2050 klimaneutral werden und die Treibhausgasemissionen in der Stadt um mindestens 95 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Vattenfall will dabei laut Aussage der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz innerhalb einer Generation ein Leben frei von fossilen Brennstoffen ermöglichen.

Durch den Ersatz von Steinkohle können jährlich mehr als 2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht rund 13 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes im Land Berlin (2016: insgesamt 16,9 Mio t). Damit würde Vattenfall den größten Einzelbeitrag auf Berlins Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2050 leisten.

Den Auftrag zur Erstellung der Studie erhielt das BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH aus Aachen.
Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, erklärt zur Präsentation der Studienergebnisse: „Der Kohleausstieg bis 2030 ist für Berlin ein großer Schritt beim Klimaschutz. Da es hierbei auch um Fernwärme geht, ist der Kohleersatz eine besondere Herausforderung. Die Machbarkeitsstudie zeigt detailliert, wie Klimaschutz ganz konkret gelingen kann.“

Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin, sagt: „Die Machbarkeitsstudie zeigt uns die Möglichkeiten auf, das Berliner Fernwärmesystem nachhaltig umzubauen und für die nachfolgenden Generationen zukunftsfähig zu machen. Mit dem Ausstieg nun auch aus der Steinkohle bis 2030 setzen wir in der größten Metropole Deutschlands ein klares Signal, wie die Klimawende nicht nur gedacht, sondern auch gemacht werden kann.

Das Fernwärmesystem – so zeigen die Ergebnisse der Studie – bietet die Möglichkeit, Wärme aus verschiedenen nachhaltigen Quellen aufzunehmen und zu verteilen: Die Nutzung und Integration klimafreundlicher Energien wie Geothermie und Biomasse sowie die Nutzung von Abwärme, die ansonsten ungenutzt in die Umwelt abgegeben würde (v. a. Abwasser oder industrielle Abwärme), tragen etwa zu 40 Prozent zum Ersatz der Kohle bei – neue hocheffiziente, modulare Gas-KWK-Konzepte bringen rund 60 Prozent. Die Einbindung von Speicherlösungen und Power-to-Heat zur Integration erneuerbaren Stroms in der Wärmeversorgung soll darüber hinaus klimaschonende Wärme für die Metropole Berlin bereitstellen. Das Gas-KWK-Konzept wird Wasserstoff-ready ausgelegt sein.

Der Kohleausstieg 2030 ist aus Sicht des Berliner Senats ein substanzieller Zwischenschritt. Aber auch nach 2030 sollen zusätzliche Potenziale zur klimaneutralen Fernwärmeerzeugung erschlossen und die Brennstoffbasis für die bis 2030 neu errichteten Gas-KWK-Anlagen so verändert werden, dass auch die Nutzung von fossilem Gas enden kann. Eine weitere Baustelle ist der aktuell wichtige Baustein der Energiegewinnung aus Abfall. Im Zero-Waste-Szenario des Landes Berlin fällt kein Abfall mehr an – auch darauf muss sich die Stadt vorbereiten.

Nach Aussage von BET sind die in Berlin verfügbaren geothermischen im Vergleich zu anderen Metropolregionen erheblich niedriger sind. Auch seien, so ist in der Machbarkeitsstudie zu lesen, größere industrielle Abwärmepotenziale, die im Rahmen der Machbarkeitsstudie identifiziert wurden – anders als in Hamburg oder NRW – kaum vorhanden. Des Weiteren hat BET für das betrachtete Versorgungsgebiet keine Flächen zur Nutzung großtechnischer solarthermischer Anlagen gefunden. Die größte in einer Teilstudie untersuchte zentrale solarthermische Anlage mit 800.000 Quadratmetern Kollektorfläche benötigt demnach eine Grundfläche von 1,6 Quadratkilometer. Hinzu kämen bis zu 0,5 Quadratkilometer, die für einen Erdbeckenspeicher benötigt werden. Zum Vergleich: Der Tiergarten umfasst 2,1 Quadratkilometer Fläche. Mit diesen Anlagen könne ca. 7 Prozent des Wärmebedarfs des betrachteten Gebietes versorgt werden. Grundsätzlich sei aber auch eine Aufteilung der einen großen solarthermischen Anlage in mehrere Anlagen denkbar räumt BET ein.

Aber auch die Bundespolitik müsse nun den richtigen Rahmen setzen, um den Kohleausstieg bis spätestens 2030 zu unterstützen und die weitere Dekarbonisierung bis 2050 zu ermöglichen, fordert Günther. Dazu zählen für sie beispielsweise der Wegfall des Photovoltaik-Ausbaudeckels im Erneuerbare-Energien-Gesetz und verbesserte Rahmenbedingungen zum Ausbau von On-/Offshore-Wind, Instrumente zur signifikanten Reduzierung des Wärmebedarfs in Neubau und Bestandsbauten, Anreize zur Erhöhung der Sanierungsraten, eine wirksame CO2-Bepreisung im Wärme- und Verkehrssektor für einen ökologisch fairen Wettbewerb im Wärmemarkt, die Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) inklusive Kohleumstiegsbonus bis 2030 sowie ein Basisförderprogramm Fernwärmeinfrastruktur zur Nutzung erneuerbarer Wärme.
 
16.9.2019 | Quelle: Senat für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz des Landes Berlin | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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