Marburg: Solar-Satzung steht wieder auf der Tagesordnung
Keine Solarwärme-Vorgaben für Neubauten
Gut ein halbes Jahr nach dem Satzungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung ist am 1.1.2009 das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) des Bundes in Kraft getreten. In diesem Gesetz werden Pflichten für den Einsatz erneuerbarer Energien im Falle des Neubaus von Gebäuden geregelt. Das Verwaltungsgericht Gießen sieht das EEWärmeG als für den Neubaubereich abschließende Regelung an. Aufgrund dieser Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen wird auf die Regelung von Vorgaben im Neubaubereich verzichtet.
Satzung soll Pflichten für den Altbaubestand regeln
Nach § 3 Abs. 2 EEWärmeG dürfen die Länder Nutzungspflichten für den Gebäudebestand einführen. Das Verwaltungsgericht Gießen erkennt § 81 Abs. 2 HBO als eine solche Länderregelung an, die auch gestatten würde, Pflichten zur Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudebestand per Satzung zu regeln. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gießen erkenne daher an, dass der wichtigste Regelungsbereich der Solarsatzung – der Gebäudebestand – weiterhin durch Satzung geregelt werden darf, sofern bestimmte Rahmenbedingungen beachtet werden, betonen Oberbürgermeister Egon Vaupel und Bürgermeister Dr. Franz Kahle. Der Magistrat beachte das Urteil des Verwaltungsgerichts und beschränke den Satzungsentwurf auf Nutzungspflichten im Gebäudebestand.
Übergangsregelung für Solarpflichten im Gebäudebestand
Der Magistrat unterstreicht, das Verwaltungsgericht Gießen habe alle Tatbestände für Solar-Pflichten in Bestandsgebäuden für zulässig erklärt (§ 5 Solarsatzung alte Fassung). Diese Tatbestände (Dachaustausch, Dachsanierung, Heizungsaustausch, Brennstoffwechsel) dürfen allerdings nicht sofort nach Inkrafttreten der Solar-Satzung wirksam werden, sondern erst nach angemessenen Übergangsfristen. Dabei unterscheidet das Gericht zwischen der Änderung der Gebäudesubstanz (vollständiger Dachaustausch) und der bloßen Reparatur. Das Anknüpfen der Solarpflicht an den Tatbestand der 20%igen Dachsanierung setzt nach Ansicht des Gerichts besonders schonende Übergangsregelungen voraus. Um dieser Differenzierung des Gerichts zu entsprechen, sollen die Solar-Pflichten nach dem vorliegenden Satzungsentwurf in einem gestuften Ablauf wirksam werden: Bei vollständigem Dach- und Heizungsaustausch zum 1.7.2011, ansonsten zum 1.7.2012.
Ausnahmebestimmung für besonders kleine Gebäude; keine Befreiung für Eigentümer "großer" Gebäude
Gebäude mit einer Nutzfläche von bis zu 50 m2 sollen in der neuen Satzung von den Solar-Pflichten vollständig ausgenommen werden. Eine Befreiungsregelung für große Gebäudekomplexe ist jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Gießen wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unwirksam. Gerade bei besonders großen Gebäuden oberhalb 30.000 m2 Bruttogeschossfläche könnten Solaranlagen besonders effektiv eingesetzt werden, so dass laut Gericht es keinen tragfähigen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Satzungsunterworfenen gebe. Um dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts zu entsprechen, wird die Befreiungsregelung gestrichen.
Weitere Informationen zum Thema:
· Fachbuch "Neue örtliche Energieversorgung": Das Rüstzeug für kommunale Akteure der Energiewende
· Artikel aus der Kommunalzeitschrift "der gemeinderat" von RA Dr. Fabio Longo: Im kommunalen Interesse
19.10.2010 | Quelle: Magistrat der Universitätsstadt Marburg | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH