GroKo-Analyse: Ausbau der Erneuerbaren Energien trotz Aufgabe der Klimaziele 2020

Merkel zum vierten Mal Kanzlerin – bleibt alles anders? Der neue Koalitionsvertrag der GroKo ist im Themenfeld Erneuerbare genauso wie Speck: durchwachsen. Foto: Bundesregierung
40 Prozent der Deutschen sind davon überzeugt, dass eine flächendeckende Stromversorgung durch regenerative Energieformen bereits heute in Deutschland möglich wäre. Das ergab eine repräsentative GfK-Umfrage der Green City Energy AG in Zusammenarbeit mit dem Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) aus München unter knapp 1.700 Privatpersonen.

Die Förderung von Erneuerbaren Energien sehen beinahe zwei von drei Deutschen als zentralen Baustein des Klimaschutzes. Welche Rolle die Erneuerbaren Energien, ihr Ausbau und ihre Förderung in der neuen Regierungskonstellation der Großen Koalition spielen, haben die Projektierer für Wind-, Solar- und Wasserkraftwerke von der Green City Energy AG aus München analysiert.
Auf das Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent zu senken, konnten sich CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag nicht festlegen. Für mehr als die Hälfte der Deutschen das falsche Signal für den Klimaschutz – so das Ergebnis der Befragung. Dafür sprechen sich die Regierungsparteien deutlich für den Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen aus: „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss deutlich erhöht werden, auch um den zusätzlichen Strombedarf zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehr, in Gebäuden und in der Industrie zu decken“, lautet der entsprechende Passus im Koalitionsvertrag. Wie genau die Umsetzung aussehen könnte, hängt von einigen energiepolitischen Kernaussagen des Koalitionsvertrages ab:
Sonderausschreibungen sollen Zubau fördern
Je vier Gigawatt Onshore-Windenenergie und Photovoltaik – das sind die geplanten Sonderausschreibungsvolumina, die parallel zu den im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankerten Ausschreibungen für 2019 und 2020 greifen sollen. Green City Energy-Vorstand Jens Mühlhaus begrüßt den im Koalitionsvertrag verankerten Beschluss: „Die Privilegien für Bürgerenergiegesellschaften in den Onshore-Windausschreibungen im vergangenen Jahr und die daraus entstehende Lücke im Ausbau müssen mit einem deutlich gesteigerten Zubau für Windenergie in den nächsten Jahren kompensiert werden.“ In allen EEG-Ausschreibungsrunden für Onshore-Windenergie in 2017 wurden Bürgerenergiegesellschaften bevorzugt. Diese mussten nicht zwingend eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorweisen und haben viereinhalb, (regulär sind zweieinhalb) Jahre zur Realisierung der Windkraftanlagen Zeit. Die Konsequenz: Nach dem Rekord-Baujahr 2017 für Windkraftanlagen rechnet jetzt die Branche mit einem Einbruch für dieses und das kommende Jahr. Denn lediglich 4,5 Prozent der bezuschlagten Gebote aus 2017 hatten eine entsprechende Genehmigung. 2018 werden daher voraussichtlich nur 131 MW Onshore-Windenergie ans Netz gehen, obwohl 2820 MW von der Bundesnetzagentur einen Zuschlag erhalten haben. „Die Sonderausschreibungen sollen gegen den Missstand des vergangenen Jahres ansteuern. Jetzt gilt es, die zusätzlichen Ausschreibungsvolumina auch schnellstmöglich im Erneuerbare-Energien-Gesetz fest zu verankern“, fordert Mühlhaus. Für das Vorhaben, 2019 und 2020 deutlich mehr Windkraft- und Multimegawatt-Photovoltaik-Anlagen in Deutschland zu errichten, sieht die Green City Energy AG nur einen realistischen Weg: Spätestens im Herbst dieses Jahres müssten dafür die Zuschläge von der Bundesnetzagentur vergeben werden.
Synchronisation von Erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten
Eine der größten Herausforderung der Energiewende besteht aus Sicht von Green City Energy in der im Koalitionsvertrag beschriebenen „Synchronisierung von Erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten“. Neben einer Sanierung der Netze ist der konsequente Zubau von erneuerbaren Erzeugungskapazitäten südlich des Netzengpasses unerlässlich. „Die regionale Verteilung der Stromerzeugung darf nicht nur an den günstigen Stromgestehungskosten ausgerichtet werden,“ so Mühlhaus. Die Verteilung der Zuschläge in den vergangenen vier Ausschreibungsrunden weist ein sehr starkes Nord-Süd-Gefälle in Bezug auf den Ausbau von Windenergie auf. Allein bei der letzten EEG-Ausschreibungsrunde Anfang des Jahres lagen von 83 bezuschlagten Windprojekten nur drei in Süddeutschland. Die Große Koalition plant, hier gegen zu steuern und kündigt einen „Mindestanteil südlich des Netzengpasses über alle Erzeugungsarten“ an. Für Green City Energy ein richtiger Ansatz, der einer konkreten Umsetzung bedarf: „Bei der Steuerung der regionalen Verteilung der Zuschläge im Ausschreibungsdesign müssen die Kosten für die Verteilung des Stroms mitgedacht werden: Volkswirtschaftlich betrachtet ist ein süddeutsches Windrad mit weniger Ertrag und kürzeren Leitungen günstiger als ein norddeutsches Windrad mit viel Ertrag und einer Kabeltrasse quer durch die Republik“, so Mühlhaus.
Stadt-Land-Verbindung: ganzheitliche Verknüpfung
Die Große Koalition hat sich darauf geeinigt, „dass zwischen Städten und ländlichen Regionen keine Kluft entsteht. […] Dazu gehören Investitionen in eine moderne Infrastruktur z.B. in den Bereichen Mobilität, Energie und Digitalisierung.“ „Städte brauchen ländliche Räume und ländliche Räume brauchen Städte – nur durch eine ganzheitliche Verknüpfung und Kooperationen können beide Seiten profitieren“, so Mühlhaus. Deswegen unterstützt Green City Energy auch den Ansatz der Großen Koalition, „beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien die Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von Erneuerbare-Energien-Anlagen zu beteiligen“. Ein konkreter Handlungsansatz für Green City Energy wäre hier, die Gewerbesteuereinnahmen zu 100 Prozent an die Standortgemeinde der Kraftwerke zu geben.
Kohlestrom: Konkrete Maßnahmen fehlen
Das größte klimapolitische Manko des neuen Koalitionsvertrags: keine klare Linie beim Kohleausstieg und kein Enddatum für die Kohlestromversorgung in Deutschland. „So lange Kohlestrom die Netze verstopft, sind ein Großteil der Anstrengungen der neuen Großen Koalition für die Energiewende vergebene Liebesmühe“, moniert Mühlhaus. Die Bildung einer Kommission „Wachstum, Struktur und Beschäftigung“, wie es im Koalitionsvertrag heißt, die sich u.a. mit dem Ende der Kohleverstromung beschäftigt, sei laut Green City Energy eine Verschleppung und führe in der direkten Folge zu einem überflüssigen, energie- und versorgungstechnisch nicht notwendigen Co2-Ausstoß.

16.03.2018 | Quelle: Green City Energy | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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