Debatte um Doppelbelastung von Stromspeichern in Europa

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de
Am 5. Dezember verhandelt das Europäische Parlament mit dem Rat der EU-Mitgliedsstaaten über die neue Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie. Dabei geht es unter anderem um die Belastung von Stromspeichern mit Steuern und Abgaben. Während das Parlament die Nutzer von einer Doppelbelastung freistellen möchte, lehnt dies noch ab. Regenerativ- und Energiewirtschafts-Verbände appellieren an den deutschen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die Position des Parlaments zu stützen.

In einem gemeinsamen Schreiben haben sich der Bundesverband Energiespeicher (BVES), der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) an Altmaier gewandt, um eine entscheidende Weichenstellung für Energiespeicher am Mittwoch in Brüssel nicht zu blockieren.
Der Beschluss des EU-Parlaments sieht vor, Energiespeicher dann von doppelten Abgaben und Steuern zu entlasten, wenn sie das Stromnetz stützen, also netzdienlich eingesetzt werden. „Das EU-Parlament ist mit seinem Vorschlag auf dem richtigen Weg“, so BVES-Bundesgeschäftsführer Urban Windelen: „Netzdienliches Verhalten und die Bereitstellung von Netzdienstleistungen aus Energiespeichern mit doppelten Abgaben für die gleiche kWh zu belasten, ist schon immer Unsinn, doch leider Realität. Der Vorschlag des EU-Parlaments ist ein wesentlicher Schritt hin zu einer digitalen und dezentralen Energiewende“, führt Windelen weiter aus, „da endlich der Weg frei gemacht wird, die Flexibilisierungsoption Energiespeicher systemisch richtig einzusetzen. Mit der bisherigen Doppelbelastung nur für Speicher, ist dies für den Betreiber mit hohen Kosten verbunden.“

Die Verbände fordern von Bundeswirtschaftsminister Altmaier, diesen Vorschlag des EU-Parlaments nicht im Rat zu blockieren und so den systemdienlichen Einsatz von Speichern endlich zu ermöglichen.

„Wir brauchen auf dem Energiemarkt endlich faire Regeln zwischen den fossilen und den neuen Technologien“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer bne: „Die Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des Stromes und insbesondere des erneuerbaren Stromes muss durch eine nach den CO2-Emissionen der Energieträger gerichtete Lastenteilung der Abgaben und Umlagen auf die Energieträger beseitigt werden. Dazu gehört insbesondere die Befreiung der Speicherung von der Doppelbelastung. Sowohl die Netzentgelte als auch die Umlagen müssen so gestaltet werden, dass Flexibilisierung und Speicherung nicht länger behindert, sondern angeregt werden.“

„Faire Regeln auf dem Energiemarkt und bei den Intelligenten Netzen ermöglichen es, dass neue, saubere Technologien noch mehr Systemverantwortung übernehmen. Diese Fairness ist nicht gegeben, wenn fossiler Strom faktisch abgabenfrei Netzdienstleistungen liefern kann, während die Kilowattstunde aus dem Speicher zum Teil doppelt kostet“, so Simone Peter, Präsidentin des BEE. „Jetzt ist die Chance da, eine Netzdienstleistung nicht wie einen Letztverbraucher zu besteuern. Solange der Strom nicht verbraucht, sondern später dem Netz wieder zur Verfügung gestellt wird, gehen dem Staat oder dem System auch keine Einnahmen verloren.“

„Heute bremst die Doppelbelastung den netzdienlichen Einsatz von Speichern und damit die Entwicklung der gesamten Speicherbranche deutlich“, ergänzt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW. „Wenn wir dagegen endlich zeigen können, wie Netze, Speicher und Elektromobile sich digital gesteuert flexibel abstimmen, dann wird auch in die Energiewende eine neue Dynamik kommen. Und Europa könnte hier die Technologieführerschaft gehören.“

Bisher lehnt der Rat der EU-Mitgliedstaaten die Forderung des Parlaments ab und formuliert, dass lediglich eigenerzeugter, gespeicherter und vor Ort direkt selbst verbrauchter Strom keine doppelten Entgelte und Abgaben zahlt. „Keine doppelten Netzentgelte auf eigenerzeugten Strom“, so lautet das Angebot des Rates.

„Dieser Vorschlag ist jedoch leider paradox und kein Entgegenkommen“, so Windelen, „Eigenerzeugten und eigenverbrauchten Sonnenstrom auch nur einmal mit Netzentgelten zu belasten, ist kontraproduktiv. Wir hoffen, dass Deutschland seine Position noch einmal überdenkt“.

Die Position des EU-Parlaments hingegen wäre auch auf der Linie des Koalitionsvertrages, der eine Änderung der Abgabenlast für Energiespeicher fordert. Zudem hat der Bundesrat bereits in mehreren Beschlüssen von der Bundesregierung gefordert, den Status als Letztverbraucher für Energiespeicher und damit die Doppelbelastung zu streichen. Auch die EU-Kommission hatte bereits Ende 2016 in einem Entwurf dargelegt, wie flexible Endkunden besser in das Energiesystem integriert werden sollen. Eine zentrale Rolle spielen dabei in Zukunft Kunden („Prosumer“), die über Systeme aus erneuerbarer Stromerzeugung, Speicher und Elektrofahrzeug verfügen und ihre Flexibilität dem Netz anbieten können.

Derzeit zahlt ein Haushaltkunde mit Energiespeicher bei der Speicherung von Strom aus dem Netz stets etwa 21 Cent pro kWh an Abgaben und Umlagen. Die 21 Cent pro kWh an Abgaben und Umlagen muss ein Haushaltskunde auch dann bezahlen, wenn er den Strom später wieder in das Netz zurückspeist und mit der Einspeisung Netzprobleme ausgleicht. Für diese zuvor gespeicherte kWh wird dann nochmals der gleiche Abgabenbetrag fällig.

Digital vernetzte Solaranlagen, Speicher und Elektromobile gelten als Schlüsseltechnologien für die Energiewende. Seit Ende 2016 verhandelt die EU das zukünftige Strommarktdesign im Zuge des sogenannten Clean Energy Package. Ein wichtiger Aspekt ist dort die zukünftige Rolle von „active customers“, die selbst Strom erzeugen, speichern, verbrauchen und liefern (siehe Artikel 15 der Electricity Market Design Directive). In Deutschland werden diese Kunden häufig auch „Prosumer“ genannt. Ihre Ausgestaltung wird zurzeit im sogenannten Trialog-Verfahren zwischen EU Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten verhandelt.

3.12.2018 | Quelle: BVES, BEE, bne, BSW | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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