Solar-Interview mit Michael Maximilian Mueller, Vorstand von sologico, über Trends und Probleme der internationalen Photovoltaik-Märkte

Im Solar-Interview spricht Michael Maximilian Mueller, Chief Executive Officer der sologico AG (Zug), über den Wandel des  globalen Solar-Markts und die regionalen Photovoltaik-Märkte. Im Mittelpunkt stehen aktuelle Entwicklungen in südamerikanischen Ländern wie Brasilien, oder in Südostasien und Afrika sowie neue Vertriebskonzepte. Außerdem nimmt Mueller Stellung zur gegenwärtigen Diskussion über Schutzzölle gegen chinesische PV-Importe und deren […]

Im Solar-Interview spricht Michael Maximilian Mueller, Chief Executive Officer der sologico AG (Zug), über den Wandel des  globalen Solar-Markts und die regionalen Photovoltaik-Märkte.
Im Mittelpunkt stehen aktuelle Entwicklungen in südamerikanischen Ländern wie Brasilien, oder in Südostasien und Afrika sowie neue Vertriebskonzepte.
Außerdem nimmt Mueller Stellung zur gegenwärtigen Diskussion über Schutzzölle gegen chinesische PV-Importe und deren Folgen für den Markt und für Endkunden.
Mueller warnt vor höheren Kosten durch Schutzmaßnahmen, möglichen Kapazitätsengpässen und höheren Preisen, die wiederum die Entwicklung neuer Absatzmärkte behindern könnten.
Last not least berichtet Mueller über den Photovoltaik-Preisindex von sologico, der Akteuren aus der Branche die Orientierung in einem höchst komplexen Markt erleichtert

Zudem  arbeitete er bei Lehman Brothers (später Nomura) in London als Associate für den Bereich Equities Emerging Markets Sales EMEA.

Als Sales Management Consultant bei SONY Deutschland hat er zuvor erfolgreich das größte Business Development-Projekt geleitet und die unternehmensweite Restrukturierung des Vertriebs unterstützt. Seinen MBA erwarb Michael Maximilian Mueller an der IESE Business School in Barcelona.

Solarserver: Herr Mueller, pvXchange firmiert seit Ende Juni unter dem Namen sologico. Was bewog pvXchange, die führende markenunabhängige Photovoltaik-Handelsplattform, zu diesem Schritt?
Michael Maximilian Mueller: Der Markt hat sich stark verändert und stellt neue Anforderungen an unsere Branche. Darauf haben wir uns eingestellt, unser Unternehmen weiterentwickelt und strategisch neu ausgerichtet. Dafür steht auch unser neuer Name sologico, der sich aus den Worten „solar“, „logic“ und „commerce“ zusammensetzt.

Solarserver: Die Umfirmierung unterstreicht die strategische Neupositionierung und Entwicklung Ihres Unternehmens in den letzten Monaten. Was genau hat sich 2012 verändert bzw. getan?
Michael Maximilian Mueller: Wir haben unser Geschäftsmodell von einer reinen Exchange-Plattform zu einem moderierten Marktplatz ausgebaut. Bisher konnte jeder Business-Anbieter an jeden Business-Käufer im PV-Markt verkaufen, was insbesondere die Qualitätskontrolle erschwerte. Die Kunden erwarten heute qualitativ hochwertige Produkte und erstklassigen Service. Dies können wir ihnen durch geprüfte Vertragslieferanten und über unsere erstklassig geschulten Vertriebsmitarbeiter bieten. Sie begleiten die Kunden vor, während und nach der Vermittlung und stehen ihnen persönlich zur Beratung und Unterstützung zur Verfügung.

Solarserver: Mit dem Namenswechsel wird sologico sein Dienstleistungs- und Serviceangebot ausweiten und mit einem optimierten Vertriebskonzept sowie einer überarbeiteten Internetpräsenz starten. Was bedeutet das für die rund 8.300 registrierten Geschäftskunden?

Michael Maximilian Mueller: Durch neu ausgehandelte Verträge mit sorgfältig ausgewählten Lieferanten erhalten sie Preisvorteile. Jeder Kunde kann sich bei uns darauf verlassen, dass seine georderten Produkte verfügbar sind und die vereinbarten Lieferzeiten eingehalten werden. Darüber hinaus bieten wir auf unserem neuen Marktplatz ein Produktportfolio mit Datensätzen von über 1.500 verschiedenen Modultypen für individuelle Anfragen an.

Neue Märkte und Vertriebsmodelle; Speicherlösungen und Eigenverbrauch
Solarserver: Der globale Solar-Markt und auch die regionalen Photovoltaik-Märkte befinden sich in einem radikalen Wandel. Überkapazitäten, extremer Preisverfall bei Modulen, Verdrängungswettbewerb und veränderte politische Rahmenbedingungen sind nur einige Stichworte. Welche Trends sehen Sie?

Michael Maximilian Mueller: Insbesondere in aufstrebenden südamerikanischen Ländern wie Brasilien, oder in Südostasien und Afrika gibt es ein erhebliches Potenzial. Bisher sind trotz niedriger und konkurrenzfähiger Kosten pro kWh des generierten Stroms die hohen Anfangsinvestitionen eine große Hürde gewesen. Preiswertere Produkte tragen zur Entwicklung neuer Märkte ebenso bei wie Pay-as-you-go-Modelle. Damit können auch Gebiete ohne Netzanbindung versorgt werden.
Derzeit wird in die Entwicklung von Speicherlösungen investiert. Durch ihren vermehrten Einsatz bei Privathaushalten lassen sich Photovoltaik-Anlagen wirtschaftlich betreiben. Der Anteil des Eigenverbrauchs wird darüber erhöht und die Verbraucher sichern sich vor steigenden Strompreisen ab.
Zudem werden neue Konzepte in Anlehnung an die Leasing-Modelle in den USA auf den Markt kommen. Sie sind vor allem für kleine bis mittelgroße Installationen interessant und können dazu beitragen, neue Kundensegmente zu erschließen.

Preisdruck, Schutzzölle und Kosten
Solarserver: Derzeit wird die Einführung von Schutzzöllen oder Domestic-Content-Regelungen kontrovers diskutiert. Welche Auswirkungen hätten solche Maßnahmen auf die Märkte und die Vertriebsstrukturen?

Michael Maximilian Mueller: In Deutschland – aber auch vielen anderen Ländern – würden die durchschnittlichen Kosten für Photovoltaik-Anlagen steigen, da die chinesischen Produkte derzeit die preiswertesten auf dem Markt sind. Solange es den Herstellern nicht gelingt, diese Kosten in anderen Bereichen wie bespielsweise dem Vertrieb einzusparen, erhöhen sich zwangsläufig die Preise der Produkte. Höhere Kosten bedeuten, dass weniger Anlagen verkauft werden, was wiederum zu niedrigeren Renditen führen würde.
In den USA gibt es bereits Zölle auf in China hergestellte Zellen. Dies hat aber nicht zum erhofften Branchenwachstum auf dem amerikanischen Markt beigetragen. Im Gegenteil, würden überall Zölle auf chinesische Zellen erhoben, weichen chinesische Hersteller zum Beispiel auf taiwanesische Zellen aus. Die Folge wären Kapazitätsengpässe, wodurch die Preise anstiegen. Dies verhindert die Entwicklung neuer Märkte, die derzeit von der günstigen Preisentwicklung profitieren.
Immenser Preisdruck und große Konkurrenz sorgen für wenig Spielraum. Höhere Preise für chinesische Produkte werden die ohnehin existierenden finanziellen Probleme bei den Anlagenanbietern nur verstärken und die notwendige Konsolidierung des Marktes noch beschleunigen. Darüber hinaus können wir davon ausgehen, dass die chinesische Regierung über zusätzliche Kredite Einfluss darauf nehmen würde, welche Unternehmen am Markt bestehen bleiben.

Abwärtstrend bei den Modulpreisen wird bis 2014 anhalten
Solarserver: Mit dem Photovoltaik-Preisindex bietet sologico Akteuren aus der Branche ein wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung in einem höchst komplexen Markt. Seit Mai 2012 gibt es nun auch Diagramme mit Langzeitanalysen für kristalline und Dünnschicht-Module. Sowohl der monatliche Index als auch die Langzeit-Entwicklung werfen eine zentrale Frage auf: Wie lange wird der Abwärtstrend anhalten?

Michael Maximilian Mueller: Die Preise werden aufgrund von Kostenoptimierung, Skaleneffekten und Effizienzsteigerungen durch den Wettbewerb weiter sinken. Allerdings nicht mehr so deutlich wie bisher. Ich gehe davon aus, dass der Abwärtstrend noch bis 2014 anhält.
Ähnlich wie im IT-Bereich werden die Kosten pro Leistungseinheit langfristig weiter zurückgehen. Anstelle sinkender Preise pro Modul wird dann hauptsächlich die höhere Leistung pro Modul zu einer Reduktion der Kosten führen. Ich erwarte nicht, dass es eine Verknappung einzelner Komponenten oder Rohstoffe geben wird.

Solarserver: Gegenwärtig werden Module zu Preisen gehandelt, die den Eindruck erwecken, die Produzenten verkauften unter den Herstellungskosten. Stimmt das? Und wenn, was bedeutet das für die verschiedenen Akteure am Markt?
Michael Maximilian Mueller: Mit Blick auf die negative operative Marge vieler Unternehmen ist davon auszugehen, dass sie Produkte unterhalb der Herstellungskosten anbieten. Aufgrund des harten Wettbewerbs können derzeit die meisten Produzenten ihre Produkte noch nicht einmal kostendeckend, geschweige denn mit Gewinn verkaufen. Dies führte bereits zu starken Verlusten und einer Reihe von Insolvenzen. Finanzschwache Unternehmen haben auf dem Markt kaum Chancen, zu überleben. Langfristig werden dadurch weniger Hersteller als bisher das Geschäft unter sich aufteilen.
Der Endverbraucher profitiert durch diese Entwicklung von niedrigeren Kosten, was stärkere Zubauzahlen erlaubt und mehr Beschäftigung im Handwerk der jeweiligen Zubauregionen bedeutet.

Solarserver: Der Markt wird offenbar immer unübersichtlicher, die Beratung immer wichtiger. Welche Pläne hat sologico? Und welche Rolle spielt die Sicherheit?
Michael Maximilian Mueller: Der Markt wird weiter wachsen und damit auch die Relevanz von Handelsplattformen. Für Installateure, Solarteure oder Projektmanager ist es schon heute nicht einfach, die richtigen Produkte und Anbieter zu finden. Deshalb wird sologico die Kunden künftig noch stärker durch persönlichen Service unterstützen.
Das gilt auch für den Bereich der Zahlungsabwicklung. In unserer Branche entstehen für die Kunden schnell hohe Kapitalkosten mit einem entsprechenden Risiko. Mit der Einrichtung eines Treuhandservices Anfang kommenden Jahres können wir unseren Kunden eine noch größere Sicherheit bieten.

Das Interview mit Michael Maximilian Mueller führte Solarserver-Chefredakteur Rolf Hug

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