Photovoltaik-Unternehmensgruppe relatio: „So teuer kann billiger Atomstrom tatsächlich werden“

Der dramatische Atomunfall von Fukushima hält die Welt in Atem. Das Mitgefühl für die von der verheerenden Katastrophe heimgesuchten Japaner ist hierzulande groß – allerdings auch die Unsicherheit. Viele fühlen sich machtlos, doch Experten erklären: "Jeder kann dazu beitragen, dass Atomkraft überflüssig wird." Als Solar-Standpunkt veröffentlicht der Solarserver einen Beitrag des Photovoltaik-Systemintegrators relatio (Balingen), in […]

Der dramatische Atomunfall von Fukushima hält die Welt in Atem. Das Mitgefühl für die von der verheerenden Katastrophe heimgesuchten Japaner ist hierzulande groß – allerdings auch die Unsicherheit. Viele fühlen sich machtlos, doch Experten erklären: "Jeder kann dazu beitragen, dass Atomkraft überflüssig wird."
Als Solar-Standpunkt veröffentlicht der Solarserver einen Beitrag des Photovoltaik-Systemintegrators relatio (Balingen), in dem der Solar-Unternehmer Bernd Bodmer, Andreas Schneider (Investor Relations) und Jörn Menke von relatio RT Nord Stellung beziehen.

Neue Debatte über Atomkraft
Die dramatischen Ereignisse in Japan haben in Deutschland nicht nur einen riesigen Schock ausgelöst, sondern auch eine neue Debatte über Atomkraft und die Frage, wie und woher Deutschland künftig seinen Strom beziehen soll. "Die Frage ist, inwieweit der Mensch die Technik beherrscht – oder ob er von ihr beherrscht wird", sagt Andreas Schneider, Director Investor Relations bei der Balinger relatio-Unternehmensgruppe. relatio projektiert und realisiert Photovoltaik-Anlagen in Deutschland und Europa. Bei relatio hatte man in den vergangenen Wochen vor allem mit einem zu kämpfen: Mit der völlig unsicheren Rechtslage aufgrund der außerordentlichen Kürzungen der Einspeisevergütung für Solarstrom, beschlossen vom Bundeskabinett Anfang Februar 2011.

Größter energiepolitischer Irrweg der Menschheitsgeschichte
"Der letzte Regierungsbeschluss, die Laufzeiten zu verlängern, ist noch nicht allzu lange her. Leider muss uns erst ein furchtbares Unglück zeigen, wie gefährlich diese vermeintliche Brückentechnologie ist", sagt Andreas Schneider. Das plötzliche Aussetzen der Laufzeitverlängerung, die erst vor Kurzem von der Regierung gegen massive Widerstände aus der Bevölkerung beschlossen worden war, sieht er skeptisch: Es sei zwar ein Indiz dafür, dass die aktuelle schwarz-gelbe Koalition langsam erkennt, dass die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke die Rückkehr auf den wohl größten energiepolitischen Irrweg der Menschheitsgeschichte war. "Für mich stellt sich jedoch die Frage, ob das aufrichtig sein kann. Ich vermute eher, dass man sich über die Wahlen retten will."

Extremes Risiko bewusst in Kauf genommen
Vor so einem Desaster wie in Japan sei auch Deutschland nicht gefeit, ist Schneider überzeugt. Der Photovoltaik-Spezialist verweist nachdrücklich auf die unsichere Lage in vielen deutschen AKWs: „Philippsburg und Biblis liegen im Rheingraben, wo es regelmäßig zu Erdbewegungen kommt. Unter den beiden Blöcken von Neckarwestheim gibt es Hohlräume im Erdreich. Beides ist schon lange bekannt.“ Als die Regierung die Laufzeitverlängerung beschlossen hat, sei ihr durchaus bekannt gewesen, dass die meisten deutschen Kernkraftwerke weder gegen Flugzeugabstürze noch gegen Terroranschläge geschützt sind. „Etwa zur selben Zeit hat der Innenminister sogar vor bevorstehenden Terroranschlägen gewarnt. Man hat also das extreme Risiko ganz bewusst in Kauf genommen.“ Dass ausgerechnet die Bundeskanzlerin als studierte Physikerin die Gefährlichkeit dieser Technologie erst zu verstehen beginnt, wenn reale Unglücksbilder über die Fernsehbildschirme flimmern, werfe kein gutes Licht auf die Werthaltigkeit ihres Doktortitels. Auch die rund 20.000 Meteoriteneinschläge, die jedes Jahr auf die Erde treffen, könnten zur Gefahr werden – das habe man bei den schwarz-gelben Beschlüssen einfach ignoriert.

Versorgungslücke oder Versorgungslüge?
„Viele Verbraucher sind geistig schon weiter“, sagt Jörn Menke von relatio RT Nord, deshalb könne er nur jeden ermuntern, alles in seiner Macht stehende zu tun, damit die Energieversorgung in die richtige Richtung läuft. Solar-Unternehmer Bernd Bodmer bringt es auf den Punkt:
„Das Einzige, was bei uns strahlt, ist die Sonne“. Mit den neuen Regelungen zum Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom könne der Normalbürger sogar ganz konkret bestimmen, welche Energie er für sich nutzen will.
Während die eine politische Seite eine drohende „Versorgungslücke“ beim Verzicht auf Atomkraft heraufbeschwört, kontert die andere Seite mit dem Argument, die „Versorgungslücke“ sei in Wirklichkeit eine „Versorgungslüge“. Jörn Menke gibt zu bedenken: „Durch jede einzelne installierte Solaranlage sinkt die Abhängigkeit von anderen Energieträgern.“ Sein Team hat in den vergangenen Monaten die derzeit größten Photovoltaik-Dachprojekte Norddeutschlands realisiert – „genau aus dieser Überzeugung.“

Die Energiewende ist machbar
„Grundsätzlich war unsere Branche auf einem erfreulich guten Weg“, betont Andreas Schneider nachdrücklich. „Die tragischen Ereignisse von Japan haben das öffentliche Bewusstsein noch mehr sensibilisiert. Das Volk wird den radikalen Atomkurs der Regierung künftig nicht mehr tolerieren – das hat sogar die Kanzlerin erkannt“. Das verkündete Moratorium sei ein erstes Anzeichen dafür. Immerhin habe sich der Anteil der erneuerbaren Energien in einem Tempo entwickelt, mit dem selbst die Grünen nicht gerechnet hätten. Für ihn der Beweis, dass die Energiewende machbar ist. „Wir können nur jeden zur Mitwirkung ermuntern. Dann wird Atomstrom bald überflüssig.“

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