Standpunkte zum Strom aus der Wüste

24.06.2009 Kaum ein energiepolitisches Thema hat die Medien in den vergangenen Tagen mehr beschäftigt als das DESERTEC-Konzept, mit dem Solarstrom aus den Wüsten Nordafrikas die Lösung für die nachhaltige Energieerzeugung der Zukunft bringen soll. In unserer Rubrik "Solarserver-Standpunkt" veröffentlichen wir in der Reihenfolge des Eingangs Kommentare und Lösungsvorschläge unserer Leser zur Frage, ob Wüstenstrom und […]

24.06.2009
Kaum ein energiepolitisches Thema hat die Medien in den vergangenen Tagen mehr beschäftigt als das DESERTEC-Konzept, mit dem Solarstrom aus den Wüsten Nordafrikas die Lösung für die nachhaltige Energieerzeugung der Zukunft bringen soll. In unserer Rubrik "Solarserver-Standpunkt" veröffentlichen wir in der Reihenfolge des Eingangs Kommentare und Lösungsvorschläge unserer Leser zur Frage, ob Wüstenstrom und dezentrale Solarstromproduktion vor Ort sich gegenseitig ausschließen. Pointierte Stellungnahmen, die einen Umfang von 1.000 Zeichen nicht überschreiten, können Sie mit der Betreffzeile "Wüstenstrom" senden an info@solarserver.de

Arthur Feierabend:

Verknüpfen wir doch dieses Vorhaben mit der Auflage, dass die Investoren z.B. gleich viel Quadratmeter Wüste begrünen müssen, wie sie in z.B. Euro investieren oder Stromerzeugungskapazität in kW installieren oder …, dann gewinnt gleichzeitig auch unser Planet Erde.

Gemeinschaftssolaranlagen Neckargemünd GbR:

PV in der Wüste ist hervorragend, nämlich zur Versorgung von Städten (Dubai, Kairo…) in Afrika; auch diese haben ein Recht auf Solarstrom und Verringerung von CO2-Emissionen. Für den Bedarf in Deutschland müssen wir aber im eigenen Land gerade stehen und sorgen, es ist gar nicht so schwer, wenn man will!
Je mehr PV-Strom in Deutschland dezentral und verbrauchernah erzeugt wird, desto mehr entspannen sich die Probleme, die durch den schleppenden und Nichtausbau unserer Stromnetze entstanden sind und von den 4 großen EVU’s immer wieder beschworen werden. Diese sollten besser vor der eigenen Haustüre kehren, als gigantomanische Fernübertragungsnetze in die Luft zu malen. Ich befürchte, dass das DESERTEC-Konzept a) ein Ablenkungsmanöver, b) die Vorbereitung zum Ruf nach staatlichen Fördermitteln (EEG ist ja gerade kein staatliches Fördermittel!) und c) ein weiterer Baustein zum Machterhalt ist.
Es gibt in Deutschland noch so viele Dach- und Fassadenflächen, dass man auf ihnen fast die Hälfte des deutschen Strombedarfs aus Photovoltaik-Anlagen erzeugen kann. Und dann gibt es hier auch noch genügend Flächen, auf denen mit Windstrom zusätzlich ein Mehrfaches des deutschen Stromverbrauchs erzeugt werden kann. Auch in Süddeutschland gäbe es sehr gute Standorte für Windenergielanagen, wenn diese nicht durch politische Maßnahmen verbrämt würden.
Für Handys und Laptops wurde die Entwicklung guter Stromspeicher schon in wenigen Jahren um Größenordnungen vorangetrieben; nun gilt es, die Weiterentwicklung für Stromspeicher für Wind- und Solarstrom zu forcieren, warum nicht auch mit Hilfe der öffentlichen Hand? Ein Bruchteil der Gelder, die für die Automobil- und Bankenindustrie problemlos locker gemacht wurde und wird, würde hier reichen…
Tuisko Kampffmeyer

Tony DEBEST:

Die Idee ist verlockend: Viel (zu viel) Sonne, wenige Menschen, und eine Möglichkeit (theoretisch) die ganze Energie in die Groß-Verbraucher Länder des Nordens zu transportieren. So ist die Welt in Ordnung ! Ja, genauso wie heute: 6 Milliarden leben in Armut, damit eine Halbe Milliarde den Wohlstand genießen können !
Hat man daran gedacht, dass es in Afrika (und woanders) viel mehr Menschen gibt (und geben wird) als in Europa ?
Hat man daran gedacht, dass diese Menschen sich schon heute nach einem Europäischen Lebensstandard sehnen ?
Hat man daran gedacht, dass diese Menschen, wenn sie sparsam damit umgehen, fast so viel Energie pro Einwohner brauchen werden wie wir?
Sonnenenergie aus der Wüste: Ja, aber zunächst für die dortigen Bewohner !
Frage ist dann, ob sich die Rechnung für die so daran interessierten Groß-Konzerne noch lohnen wird.

Herbert Huemer, Eigentümer der Xolar-Gruppe (Eberstalzell/Österreich):

Wüstenstrom oder dezentrale Energieversorgung? Als Anbieter von Solaranlagen bewerbe ich das „eigene Kraftwerk auf dem Hausdach“, betone die damit entstehende Unabhängigkeit und freue mich, wenn mir Kunden gerade in der Wirtschaftskrise erzählen: „Besser eine Solaranlage am Dach als die Aktien im Keller.“ Und trotzdem sollte man so ehrlich sein: Das Potenzial der Sonne kann südlich des Mittelmeers in einem Ausmaß genutzt werden, das hierzulande – mit Ausnahme von ein paar Mittelmeerregionen – nicht annähernd erreichbar ist. Wer die Energiewende will, kommt mit dezentralen Anlagen in unseren Breiten nicht aus. Vor allem nicht im Winter.Das Projekt DESERTEC ist ein Schritt in die richtige Richtung. DESERTEC ist keine Konkurrenz zu Solaranlagen und Kleinkraftwerken. DESERTEC wird die gesamte Solarbranche in Europa beflügeln. Allein die Vorstellung, dass der in Afrika erzeugte Solarstrom die Energie für einen europaweiten Umstieg auf Elektroautos bereitstellen könnte, zeigt von der Bedeutung des Projekts. Zu fordern ist, dass die Länder in Afrika und im Nahen Osten auf gleicher Augenhöhe in das Megaprojekt eingebunden werden und auch davon profitieren.

Lotfi Briki:

Ich finde das als eine Superentwicklung.
* Europa wird von vielen Tonnen CO2 befreit
* Die Sonne ist eine kostenlose Energiequelle
* Es werden viele Arbeitsstellen in Afrika sowie in Europa geschaffen
* Die illegale Immigration wird sich drastisch reduzieren
* Es werden viele afrikanische politische Probleme gelöst
* Es ist einfach Toll.

Umweltzentrum Tübingen e.V.:

Statt einer eigenen ausführlichen Meinungsäußerung hier zusätzlich der Link zur Stellungnahme des IPPNW: http://www.ippnw.de/startseite/index.html?expand=2805&cHash=5ddce2674a.
Besonders beachtenswert finde ich hierbei die Aspekte einer neuen Abhängigkeit von Regionen, in denen zweifelhafte Regierungshäupter herrschen (ich denke hier an die transmediterrane Freundschaft zwischen Libyen und Italien), und die durch derartig weit gespannte Netze verstärkte Militarisierung einer Technik, die doch eigentlich dem friedlichen Zusammenleben dienen soll (vorletzter Absatz in der IPPNW-Stellungnahme).
Im Übrigen finde ich es sehr bedenklich, dass nach wie vor fast ausschließlich über technische Lösungen nachgedacht und diskutiert wird, und in die in allen Szenarien absolut notwendige Komponente "Einsparung durch Verhaltens- und Konsum-Änderung" keine gesellschaftlichen Investitionen in Form eines breiten Diskurses und der Akzeptanzförderung sichtbar sind.
Siehe auch http://www.efonet.org/index.php?option=com_docman&task=cat_view&gid=50&Itemid=41
Dr. Manuel Haus; Umweltzentrum Tübingen e.V.

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