Ende der Einspeisevergütung in Spanien: Kanzlei Rödl & Partner informiert über Details der Strommarkt-Neuordnung

Spanien steht vor einem Paradigmenwechsel bei der Förderung erneuerbarer Energien. Die bisherige Einspeisevergütung nach den königlichen Dekreten 661/2007 und 1578/2008 wird außer Kraft gesetzt, berichtet die Kanzlei Rödl & Partner mit Sitz in Stuttgart, Barcelona und Madrid.

Stattdessen sollen die Betreiber von Photovoltaik-, Windkraft- und Biomasseanlagen eine Zuzahlung zu den Strommarktpreisen und eine Investitionszulage erhalten, die eine „vernünftige Rentabilität“ garantieren soll.
Dies sieht das Real Decreto Ley 9/2013 vor, dass die spanische Regierung am 13.07.2013 beschlossen hat. Die Details der Regelungen und deren Auswirkungen auf die Energiebranche seien größtenteils noch unklar. Grund für die Reformen seien das Defizit von 28 Milliarden Euro im spanischen Strommarkt und der Druck der Europäischen Kommission, die Konsolidierung des Haushalts voranzutreiben erklärt Rödl & Partner.

Heftiger juristischer Widerstand erwartet
„Die neuen Regelungen bedeuten das ‚Aus‘ für die Einspeisevergütung in Spanien, wie wir sie bisher kennen. Die spanische Regierung setzt bei den Betreibern an, um das Defizit im Strombereich zu senken. Dabei wird sie sich auf heftigen juristischen Widerstand einrichten müssen“, erklärt der für die Beratung in Spanien verantwortliche Partner und Rechtsanwalt Georg Abegg von Rödl & Partner in Madrid.
„Ich habe große Zweifel, ob es rechtlich haltbar ist, die Förderung der erneuerbaren Energien zukünftig an eine fiktive und willkürlich festgelegte Rentabilität von durchschnittlich 7,5 Prozent zu koppeln.“
Von den Neuregelungen sind grundsätzlich alle Unternehmen betroffen, die im spanischen Strommarkt Energie erzeugen, verkaufen und transportieren, unabhängig davon, ob es sich um konventionell oder regenerativ erzeugten Strom handelt. Die Umsetzung des Gesetzes bedarf weiterer Richtlinien und Verordnungen.
Nach der bisherigen Rechtslage bekamen spanische EE-Anlagen einen festen Tarif für den eingespeisten Strom, der sich im Falle von älteren Photovoltaik-Anlagen auf bis zu 460 Euro pro Megawattstunde belaufen konnte und für die Laufzeit von 25 Jahren festgeschrieben war.
Schon seit dem Jahr 2010 wurden die Tarife durch verschiedene Maßnahmen beschnitten, zuletzt wurde eine Steuer auf den Umsatz in Höhe von 7 Prozent und die faktische Streichung der Inflationsanpassung verabschiedet. Die nun vorgesehene Regelung soll zusammen mit den seit 2012 erfolgten Kürzungen eine Reduzierung der Tarife für Erneuerbare Energien von 1,35 Milliarden Euro bewirken. Dies wäre eine Kürzung von ca. 15 – 20 Prozent.
Das nun geplante Förderregime für die 55.000 bestehenden Anlagen in Spanien sieht eine Mischung aus Einspeisetarif und Investitionszulage vor. Bis zur Verabschiedung der Durchführungsgesetze erhalten die Anlagen die bisherigen Tarife weiter, müssen aber gegebenenfalls zu viel bezahlte Gelder rückerstatten. Die Zuzahlung zu den Strommarktpreisen und die Investitionszulage sollen während der gesetzlich zugelassenen Gesamtlaufzeit und unter Berücksichtigung der anfänglichen Investitionen, Betriebskosten und der Marktpreise zu einer „vernünftigen Rentabilität“ der Anlage führen. Dabei wird angenommen, dass die Anlage von einer ordentlich und effizient geleiteten Gesellschaft geführt wird, und die Investitionen, Kosten und Strompreise den Marktkonditionen entsprechen.

Anlagenbetreiber und Fondsgesellschaften müssen mit tiefen Einschnitten rechnen
Die Entscheidung darüber, ob die „vernünftige Rentabilität“ ab Beginn der Einspeisung oder erst ab Verabschiedung des vorliegenden Gesetzes zu berechnen sein wird, steht noch aus. Ihre Höhe soll 3 Prozent über spanischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren liegen, also derzeit bei ca. 7,5 Prozent.
„Erst wenn die Durchführungsgesetze vorliegen, lässt sich sagen, wie gravierend die Reformen sein werden und ob sie rückwirkend gelten“, betont Partner und Rechtsanwalt Christoph Himmelskamp von Rödl & Partner Barcelona.
„Schon jetzt ist klar, dass sich Anlagenbetreiber und Fondsgesellschaften, die mit Renditen von 10 bis teilweise 25 Prozent kalkuliert haben, auf tiefe Einschnitte gefasst machen müssen.“
Die Kalkulation der Zuschüsse soll auf dem Modell einer standardisierten Anlage erfolgen, unabhängig von den individuellen Kosten, die der Betreiber bei Errichtung und Betrieb hat. Da viele davon als Kleinanlagen mit 100 Kilowatt konzipiert wurden, werden viele Umstrukturierungen erfolgen müssen. Auch Kürzungen bei Qualität und Wartung sowie der Versuch, Pachtzahlungen für das Gelände zu reduzieren, auf dem die Anlagen errichtet wurden, sind zu erwarten.

Kreditausfälle drohen; Schiedsgerichtsklagen angekündigt

„Wenn man bedenkt, dass Photovoltaik-Anlagen aus den Jahren 2007 und 2008 etwa 460 Euro pro Megawattstunde als gesicherten Tarif erhalten haben, die Marktpreise sich in Spanien im April aber bei 18,7  Euro pro Megawattstunde eingependelt haben, kann man sich vorstellen, dass die Kürzungen für die Anlagenbetreiber drastisch ausfallen dürften“, erklärt Abegg.
„Auf spanische und internationale Banken, die geschätzte 22 Milliarden Euro Fremdkapital in den Erneuerbare-Energien-Sektor in Spanien investiert haben, dürften Kreditausfälle zukommen.“
Bereits jetzt haben internationale Fonds Schiedsgerichtsklagen gegen den spanischen Staat wegen Verletzung internationaler Investitionsschutzvereinbarungen angekündigt. „Die neuen Regelungen dürften eine Klagewelle auslösen. Im Dialog mit dem Energiesektor hätte man hier sicher zu für alle Seiten besseren, einvernehmlichen Lösungen kommen können.“

17.07.2013 | Quelle: Rödl & Partner Madrid | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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