Fraunhofer ISE meldet neuen Photovoltaik-Rekord: 30,2 Prozent Wirkungsgrad für siliziumbasierte Mehrfachsolarzelle

Forschern am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (Freiburg) ist es gemeinsam mit der österreichischen Firma EV Group gelungen, eine Mehrfachsolarzelle auf Silizium-Basis mit nur zwei Kontakten herzustellen, welche die theoretische Wirkungsgradgrenze reiner Silizium-Solarzellen überschreitet.

Die III-V/Si-Mehrfachsolarzelle mit einer Fläche von 4 cm2 wurde im Kalibrierlabor des Fraunhofer ISE vermessen und weist einen Wirkungsgrad von 30,2 Prozent für die Umwandlung des einfallenden Lichts in Solarstrom auf.
Hierfür übertrugen die Forscher nur wenige Mikrometer dünne III-V-Halbleiterschichten auf Silizium.
Die Verbindung gelang ihnen mittels eines aus der Mikroelektronik bekannten Verfahrens, dem direkten Waferbonden. Dabei werden Oberflächen nach einer Plasmaaktivierung im Vakuum unter Druck miteinander verbunden. Es entsteht eine Einheit, indem die Atome der III-V-Oberfläche Bindungen mit dem Silizium eingehen.

Mehrfachsolarzelle kann wie herkömmliche Zellen in Photovoltaik-Module integriert werden
Für eine derartige vollständig integrierte Mehrfachsolarzelle auf Silizium-Basis stellt der erzielte Wirkungsgrad ein erstmaliges Ergebnis dar. Der Solarzelle sieht man die komplexe innere Struktur nicht an, sie besitzt wie herkömmliche Silizium-Solarzellen einen einfachen Vorder- und Rückseitenkontakt und kann wie diese in Photovoltaik-Module integriert werden.
„Wir arbeiten daran, die theoretischen Grenzen von Siliziumsolarzellen zu überwinden“, sagt Dr. Frank Dimroth, Abteilungsleiter am Fraunhofer ISE.
„Unsere langjährige Expertise im Bereich der Silicium- und III-V-Mehrfachsolarzellen hat uns geholfen, diesen Meilenstein nun tatsächlich zu erreichen.“
Die bislang höchste Effizienz einer reinen Siliziumsolarzelle liegt bei 26,3 Prozent und das für Silizium theoretisch berechnete Limit bei 29,4 Prozent.
Die III-V/Si Mehrfachsolarzelle weist eine Abfolge von übereinander gestapelten Teilzellen aus Gallium-Indium-Phosphid (GaInP), Gallium-Arsenid (GaAs) und Silicium (Si) auf, welche intern durch sogenannte Tunneldioden verschaltet sind.
Die oberste Zelle aus GaInP absorbiert Strahlung zwischen 300 und 670 nm, die GaAs-Zelle zwischen 500 und 890 nm und die Si-Zelle zwischen 650 und 1.180 nm.
Die III-V Schichten wurden zunächst auf einem GaAs Substrat epitaktisch abgeschieden und dann auf eine speziell angepasste Siliziumsolarzellenstruktur gebondet. Anschließend wurde das GaAs Substrat entfernt, die Zelle mit Vorder- und Rückkontakt sowie einer Antireflexbeschichtung versehen.
„Ein Schlüssel zum Erfolg war es, eine Prozesskette zu entwickeln, die sowohl eine ausreichend glatte und partikelfreie Silicium-Oberfläche bereitstellt als auch die unterschiedlichen Bedürfnisse von Silicium und III-V Halbleiter berücksichtigt“, sagt Dr. Jan Benick, Teamleiter am Fraunhofer ISE.
„Dieser Prozess basiert auf unseren jahrzehntelangen Erfahrungen in der Entwicklung höchsteffizienter Siliziumsolarzellen.“

Weitere Effizienzerhöhungen im Blick
Institutsleiter Prof. Eicke R. Weber äußert sich begeistert über das Rekordergebnis: „Ich freue mich sehr darüber, dass es uns am Fraunhofer ISE gelungen ist, die Glasdecke von 30 Prozent Effizienz für eine integrierte Solarzelle auf Silicium-Basis mit nur zwei Kontakten so überzeugend zu durchstoßen. Wir öffnen damit die Tür zu weiteren Effizienzerhöhungen auf Basis des bewährten Siliciums in der Zukunft.“
„Die III-V/Si Mehrfachsolarzelle zeigt eindrucksvoll die Möglichkeiten unseres ‚ComBond‘ Clusters, verschiedene Halbleiter widerstandsfrei und ohne Klebstoffe zu verbinden“, freut sich Markus Wimplinger, Corporate Technology Development and IP Director der EV Group.
„Seit 2012 arbeiten wir eng mit dem Fraunhofer ISE an der Entwicklung, und wir sind stolz auf die herausragende Leistung unserer Teams.“

Kosten Epitaxie und Verbindungstechnologie müssen weiter gesenkt werden
Das Verfahren des direkten Waferbondens wird in der Mikroelektronik bereits zur Herstellung von Computerchips eingesetzt.
Auf dem Weg zu einer industriellen Fertigung der III-V/Si Mehrfachsolarzelle müssen die Kosten der III-V Epitaxie und der Verbindungstechnologie mit Silizium weiter gesenkt werden.
Hier liegen große Herausforderungen, die die Freiburger Fraunhofer-Forscher in zukünftigen Entwicklungsvorhaben in ihrem neu entstehenden Zentrum für Höchsteffiziente Solarzellen lösen wollen. Dort sollen sowohl III-V- als auch Si-Technologien der nächsten Generation entwickelt werden. Zielsetzung ist es, in Zukunft höchsteffiziente Solarmodule mit mehr als 30 Prozent Wirkungsgrad zu ermöglichen.

10.11.2016 | Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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