Solar-Verband fordert weitere Korrekturen bei Photovoltaik-Förderung; Grüne kritisieren höhere Kürzungen und „Vermarktungszwang“

Der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) kritisiert, dass der vorliegende Gesetzesentwurf der Regierungskoalitionsfraktionen zur Kürzung der Solarstromförderung an zentralen Punkten nach wie vor nicht nachgebessert wurde. Der BSW-Solar fordert deshalb ein Einlenken der Bundeskanzlerin und der Regierungsfraktionen. Auch die Mehrzahl der Bundesländer forderte weitere Nachbesserungen, betont der BSW-Solar.

BSW-Solar: Union und FDP wollen untragbare „Marktbremsen“ in das EEG einbauen

Die Regierungskoalition plane gleich mehrere für die Solarwirtschaft in Deutschland untragbare „Marktbremsen“ in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einzubauen. In der Kombination laufen diese laut BSW-Solar darauf hinaus, dass die Förderung in zentralen Marktsegmenten innerhalb weniger Monate um über 40 Prozent zusammengestrichen werde. Dabei sank die Solarstrom-Förderung erst im Januar 2012 um 15 Prozent. Die Solarbranche geht davon aus, dass die Kosten von Solarstromanlagen nicht in einem vergleichbaren Tempo sinken können und viele Bürger von ihren geplanten Investitionen abrücken werden.

Eine weitere Senkung der Solarstromförderung in dieser Größenordnung widerspreche auch nach Einschätzung vieler Energie-Experten der technologischen Lernkurve und Kostenentwicklung weltweit. Hier gebe es derzeit keine derartigen Spielräume, wie auch an den Geschäftszahlen deutscher und asiatischer Unternehmen ablesbar sei.

Nach einer durch die Kürzungsdebatte befeuerten „Endrallye“ rechnet der BSW-Solar spätestens ab 2013 bei unverändertem Inkrafttreten dieser Kürzungspläne mit einem deutlichen Einbruch der Nachfrage nach neuen Solarstrom-Systemen. Dies hätte gravierende Auswirkungen auf die Solarstrom-Branche mit inzwischen weit über 100.000 direkten und indirekten Beschäftigten in Deutschland.

Der Koalitionsentwurf im Überblick

Die aktuell geplante Streichliste bei der Solarstromförderung setzt sich aus drei wesentlichen Elementen zusammen:

Zum 1.4. soll die Solarstrom-Einspeisevergütung für einzelne Marktsegmente um bis zu 32 Prozent reduziert werden. Von den Kürzungen besonders betroffen sind laut BSW-Solar Bauvorhaben von Photovoltaik-Anlagen in der Landwirtschaft, der Wohnungswirtschaft und von Bürger-Energiegenossenschaften. Eine deutliche Milderung der Förderschnitte fordert der BSW-Solar insbesondere im Anlagensegment 10 bis 100 kWp. Auch die geplanten Einschnitte bei neu errichteten Photovoltaik-Freiflächen-Solarstromanlagen seien nach wie vor nicht akzeptabel.

Großteil der Betreiber soll 10 – 20 %  des Solarstroms selbst verbrauchen oder vermarkten
Hinzu komme, dass künftig für den überwiegenden Teil neuer Solarstromanlagen-Betreiber 10 bis 20 Prozent der erzeugten solaren Kilowattstunden generell nicht mehr gefördert werden sollen. Sie müssen selbst verbraucht oder vermarktet werden. Dies Kompensation dürfte beim überwiegenden Teil der betroffenen Photovoltaik-Betreiber nach Einschätzung der Branche nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionieren. Diese Regelung wirkt damit wie eine zusätzliche Förderkürzung, so der Solar-Verband.

Solarförderung soll sich nun doch an der Größe des Marktwachstums orientieren

Ein positives Signal sei, dass eine Beschneidung der Mitspracherechte des Bundestages bei der künftigen Gestaltung der Solarförderung nun doch nicht erfolgen soll. Stattdessen soll der bereits bestehende, an der Größe des Marktwachstums orientierte Mechanismus zur Steuerung des Degressionstempos entgegen der ursprünglichen Gesetzesvorlage nun voraussichtlich doch erhalten bleiben.

Die Branche kritisiert allerdings die an diesem Steuerungsmechanismus geplanten Änderungen: Auch in den Folgejahren soll die Solarstromförderung noch schneller reduziert werden als bislang vorgesehen. Statt bisher 24 Prozent soll die Kürzung bis zu 29 Prozent pro Jahr betragen. Auf Kritik stößt auch, dass in die ersten Bemessungszeiträume zur Herleitung zukünftiger Reduktionsschritte bereits das 3. Quartal 2012 einfließt. Dies sei ein Zeitraum, in dem mit einer Endrallye bei Photovoltaik-Anlagen auf Konversionsflächen gerechnet wird. Diese Vorzieheffekte wären Resultat der starken Fördersenkung und damit von der Politik verursacht.

Die oben genannten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werden bis Mitte der Woche von Union und FDP beraten und am Ende der Woche im Bundestag in 2. und 3. Lesung beraten. Sollte es keine weiteren Nachbesserungen im Bundestag mehr geben, besteht die Möglichkeit, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anruft.

Grüne: Unions-Ministerpräsidenten nicken radikale Solar-Kürzungen ab

"Die Kürzungen bei der Solarenergie fallen noch höher aus als im Gesetzentwurf vorgesehen. Die Unions-Ministerpräsidenten sind umgefallen und haben die radikalen Kürzungen der Minister Rösler und Röttgen abgesegnet und teilweise sogar verschärft", kommentiert Hans-Josef Fell, Sprecher für Energiepolitik von Bündnis 90 / Die Grünen, den Änderungsvorschlag.

Fell: teilweiser Ausstieg aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
Die jährliche Degression soll jetzt bis zu 29 Prozent betragen, rechnet Fell vor (bisher waren 24 Prozent vorgesehen). Kleine Anlagen sollen künftig nur noch 80 Prozent ihres Stromes vergütet bekommen (bisher waren 85 Prozent vorgesehen). "Die restlichen 20 Prozent beziehungsweise 10 Prozent Solarstromerzeugung unterliegen einem Vermarktungszwang und führen zu weiteren Vergütungskürzungen. Der Vermarktungszwang führt zu einem teilweisen Ausstieg aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz", stellt Fell fest.
"Ausgenommen von der Vermarktungspflicht werden ausgerechnet die großen Anlagen oberhalb der Ein-Megawatt-Grenze. Von Hausbesitzern wird aber erwartet, dass sie sich um die Vermarktung des Solarstroms selbst kümmern. Die Bürgerinnen und Bürger, Eigenheimbesitzer, Mieter und Vermieter haben bei dieser Regierung offensichtlich keine Lobby", sagt Fell.
Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass sich die Unions-Ministerpräsidenten mit Erfolg für ihre eigenen Interessen sowie für die der großen Anlagenbesitzer eingesetzt hätten. "Die kleinen Anlagenbetreiber und Handwerker müssen hingegen schauen wo sie bleiben, ebenso wie die Solarindustrie, die weiterhin unter Herstellungspreisen verkaufen müsse, um noch Anlagen absetzen zu können. 

27.03.2012 | Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft e.V., Hans-Josef Fell (MdB); Bildquelle: Würth Solar| solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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