Hans-Josef Fell: Bundesregierung macht Ernst mit dem Ende der Bürgerenergiewende

Die Bundesregierung will den jährlichen Ausbau der erneuerbaren Energien im Vergleich zum aktuellen Zubau nach Berechnungen von Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG 2000, um etwa 85 % reduzieren.

Mit Ausschreibungen nun auch bei der Windenergie, wie bisher schon bei Photovoltaik-Anlagen über 1 MW, seien Bürgerenergieprojekte zumindest in dieser wichtigen Größenklasse nicht mehr machbar, kritisiert Fell.
„Entgegen allen Beteuerungen will die schwarz-rote Bundesregierung nun endgültig den vollständigen Schlussstrich unter das Ende der von vielen Energiegemeinschaften getragenen Bürgerenergiewende herbeiführen“, so Fell.
Die Erfahrungen mit den Ausschreibungen im Solar-Sektor hätten genauso wie die Erfahrungen im Ausland gezeigt, dass Ausschreibungen bürgerliche Investitionen nicht ermöglichten. Die Bundesregierung täusche bewusst die Öffentlichkeit mit der Behauptung, sie würde die bürgerlichen Investitionen unterstützen.

Fell sieht massive Hürden für Bürgerenergie-Projekte
Auch unterhalb der Ein-Megawatt-Grenze gebe es keine Verbesserungsvorschläge, um die bisher aufgebauten massiven Hürden für Bürgerenergie-Projekte auszuräumen: „Kein Wort steht im Eckpunktepapier zum Abbau der EEG-Umlagebelastung für Eigenstromerzeugung und Eigenstromverbrauch; kein Wort zum Abbau der immer schlimmer gewordenen bürokratischen Auflagen; kein Wort zur Korrektur des 2009 veränderten EEG-Umlagemechanismus, der die EEG-Umlage unnötig nach oben treibt; kein Wort zu den Investitionszurückhaltungen bei Wasserkraft und Geothermie; kein Wort zum Wiederankurbeln der brachliegenden Investitionen im Bioenergiebereich.“ Lediglich der notwendige Bestandschutz der Post-EEG-Biogasanlagen solle mit Ausschreibungen gelingen.

Fell: Ausschreibungen sind pure Planwirtschaft
Begründet wird die Umstellung auf Ausschreibungen mit mehr Wettbewerb und sinkenden Kosten. „Diese Behauptungen sind schlichte Irreführung der Öffentlichkeit. In Wirklichkeit bedeuten Ausschreibungen nichts anderes als staatlich festgelegte Mengenziele, organisiert von Beamten, die nicht im unternehmerischen Wettbewerb stehen. Dies ist nichts anderes als pure Planwirtschaft“, kritisiert Fell. Mit einem freien, sich selbst und offensiv entwickelnden Markt habe dies nichts zu tun.
Die von der Bundesregierung seit Jahren betriebene Deckelung des Marktgeschehens und das „Abwürgen der Bürgerenergiewende“ sei die schwarz-rote Antwort auf den großen Erfolg des Ökostromausbaus, so Fell. Alleine im laufenden Jahr wird der Anteil der erneuerbaren Energien von 27 % auf voraussichtlich 33 % steigen. Die Bundesregierung strebe bis 2025 jedoch nur einen Ökostromanteil von 40 bis 45 % an.
Dies bedeutet nach Fells Berechnungen, dass in den nächsten zehn Jahren nur ein klein wenig mehr zugebaut werden darf als im laufenden Jahr. „Der Ökostromausbau soll also mit klarer staatlicher Lenkungswirtschaft um 85 % des Zuwachses im Jahre 2015 gestutzt werden. Eine skandalös niedrige Ausbaugeschwindigkeit.“
„Es ist erneut unerträglich zu sehen, wie die Kanzlerin und der Vizekanzler zur Zeit den Klimaschutz zwar betonen, aber wie immer zu Hause entscheidende Klimaschutzmaßnahmen, wie die Verdrängung der fossilen Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien, faktisch verhindern“, sagt Fell. Auch die Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien in den Strommarkt wollten sie offensichtlich nicht wirklich befördern.

Keine Unterstützung der Agro-Photovoltaik durch die Bundesregierung
Fell vermisst herzu neue Vorschläge im Eckpunktepapier. Selbst die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses nach Regionalstrom-Vermarktungs-Verordnung finde sich nicht wieder, geschweige denn eine Kombikraftwerks-Einspeisevergütung. Letztere könnte dezentrale Kombikraftwerke aus einem Mix aller erneuerbaren Energien und Speicher hervorbringen und so von unten Netzstabilität und den Schwankungsausgleich selbst schaffen. Auch die Agro-Photovoltaik, wie sie in anderen Ländern zunimmt, sei für Bundesregierung kein im EEG unterstützenswertes Ziel.
„Es wird Zeit, dass die Branche der erneuerbaren Energien endlich Sturm läuft, statt sich wie bisher immer wieder von den Regierungen unter Kanzlerin Merkel lammfromm zur Schlachtbank führen zu lassen, so wie schon bei Biokraftstoffen 2007, bei der Solarwirtschaft 2012 und bei der Biogaswirtschaft 2014“, fordert Fell.
Notwendig seien ein starkes politisches Aufbäumen und die Erarbeitung neuer Geschäftsideen, um endlich aus der „Strangulation der Förderung der erneuerbaren Energien“ herauszukommen. Wenn dies der Branche der Erneuerbaren Energien und den Umweltverbänden endlich gelänge, dann käme der Klimaschutz, den sie zu Recht einforderten.

02.12.2015 | Quelle: Hans-Josef Fell | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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