„Wir schaffen Anreize für mehr private Investitionen, vor allem in Infrastruktur und erneuerbare Energien, sagt Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. „In Fonds angelegtes Geld soll noch stärker dort ankommen, wo wir es brauchen: bei Investitionen in den Wirtschaftsstandort Deutschland. Das ist ein Ziel des Standortfördergesetzes” (StoFöG). Schon in der Ampelkoalition war ein ähnliches Gesetz mit dem Titel Zukunftsfinanzierungsgesetz II (ZuFinG II) in den Startlöchern. Der Bundestag konnte es jedoch nicht mehr beschließen. Jetzt greift das Bundesfinanzministerium wesentliche Teile des damaligen Entwurfs auf.
Das Standortfördergesetz ist ein Artikelgesetz (zum Download hier der Gesetzentwurf). Es ist damit kein neues Gesetz, sondern dient der Änderung einer Vielzahl bestehender Gesetze. Mit 62 Artikeln auf mehr als 260 Seiten wirkt das StoFöG auf insgesamt rund 40 Gesetze und Verordnung ein. Für erneuerbare Energien, speziell auch die Solarenergie, sind die Artikel 24, 27 und 48 besonders relevant. Sie novellieren das REIT-Gesetz, das Investmentsteuergesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch.
Standortfördergesetz soll kleine Genossenschaften von Prospektflicht befreien
Artikel 21 des Standortfördergesetzes fügt in § 2a Abs. 1 des Vermögensanlagegesetzes nur eine kleine Ergänzung ein. Sie kann für kleine Genossenschaften, die in einem Jahr Vermögensanteile von nicht mehr als sechs Millionen Euro anbieten, eine deutliche Erleichterung bewirken. Denn die Genossenschaften („im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes“) sind damit Schwarmfinanzierungen gleichgestellt. Bislang müssen auch kleine Genossenschaften ebenso wie große Investmentgesellschaften einen Verkaufsprospekt erstellen, der zudem bestimmten Anforderungen und Prüfpflichten unterliegt. Das soll für die kleinen Genossenschaften künftig entfallen.
Standortfördergesetz baut Hürden für Photovoltaik-Investments ab
Die Artikel 24, 27 und 48 erweitern die Optionen von Investmentgesellschaften, um in Solaranlagen und andere erneuerbare Energien investieren zu können.
Artikel 24 richtet sich auf das REIT-Gesetz („Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen“). Auch hier sind es nur kleine Änderungen mit großen Wirkungen. Sie öffnen das erlaubte Tätigkeitsspektrum der Immobilien-AGs auf die Bewirtschaftung erneuerbarer Energien und von Ladestationen für die E-Mobilität. Das Bundesfinanzministerium (BMF) will damit mehr Rechtssicherheit schaffen. Ebenso wie offene Immobilienfonds wären REIT-Gesellschaften (REIT steht für Real Estate Investment Trust) ohne die Gesetzesnovelle zunehmend vom Erwerb moderner Gebäude ausgeschlossen, erklärt das BMF in der Gesetzesbegründung. Daher sei es ihnen zu erlauben, auch Solaranlagen oder andere erneuerbare Energien zu betreiben, die nicht nur der Bewirtschaftung der jeweiligen Immobilien dienen. „Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wieso gerade Immobilien, die von REIT-Aktiengesellschaften gehalten werden, ihre Dachflächen nicht zur Solarenergiegewinnung zur Verfügung stellen sollen“, so das BMF: „Gegenwärtig vermeiden deutsche REITs die Erzeugung und Abgabe von Energie aus erneuerbaren Energien, um nicht ihren Status als REIT zu gefährden.“
Allerdings sollen nicht die REIT-AGs selbst den Betrieb der Solaranlagen und Ladestationen übernehmen, sondern die mit ihnen verbundenen Dienstleistungsgesellschaften. So soll der unmittelbare Immobilienbezug weiterhin das Wesen einer REIT-AG ausmachen.
Sie können auch nicht unbeschränkt in erneuerbare Energien einsteigen. Das REIT-Gesetz setzt Grenzen, welche Anteile erneuerbare Energien an den Aktiva und den Umsatzerlösen einer REIT-AG einnehmen dürfen. Diese will das BMF mit dem Standortfördergesetz allerdings anheben.
Investmentfonds bleiben steuerbefreit auch mit Photovoltaik oder Solarthermie
Ein Vorteil von Investmentfonds ist die Befreiung von der Gewerbesteuer. Eine wichtige Voraussetzung ist dafür laut Investmentsteuergesetz (InvStG) bislang, dass der Fonds seine Vermögensgegenstände nicht in wesentlichem Umfang aktiv unternehmerisch bewirtschaftet. Die Einnahmen aus einer aktiven Bewirtschaftung müssen unter fünf Prozent liegen. Daher birgt der Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Gebäudes bislang ein Steuerrisiko. Jetzt will die Regierung das Investmentsteuergesetz dafür öffnen. Es bleibt bei den grundsätzlichen Regeln, doch das Standortfördergesetz führt zu weiteren Ausnahmen von der Regel. Eine Investmentgesellschaft darf sich dann in der Bewirtschaftung erneuerbarer Energien, in Infrastruktur-Projektgesellschaften und ÖPP-Projektgesellschaften engagieren. Letztere sind laut Kapitalanlagegesetzbuch als öffentlich-private Partnerschaften tätige Gesellschaften, die dem Zweck dienen, Anlagen oder Bauwerke zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. In diesen Fällen gilt die 5-Prozent-Grenze nicht.
„Um für die Zukunft Rechtsicherheit für Investitionen von Investmentfonds insbesondere in erneuerbare Energien und in sonstige Infrastruktureinrichtungen zu schaffen, wird in § 1 Absatz 2 Satz 2 InvStG geregelt, dass eine unternehmerische Tätigkeit nicht schädlich für den Status als Investmentfonds ist“, heißt es in der Begründung zum Standortfördergesetz: „Ein rechtssicherer Rahmen ist erforderlich, damit die Fondsbranche mehr Kapital für Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur zur Verfügung stellt. Damit soll die Energiewende schneller umgesetzt und die Potentiale zur Reduzierung des Klimawandels ausgeschöpft werden. Außerdem soll der hohe Investitionsbedarf im Bereich der Infrastruktur gedeckt werden.“ Es soll nach Beschluss des Gesetzes grundsätzlich zulässig sein, dass Investmentfonds unmittelbar selbst eine gewerbliche Tätigkeit ausüben dürfen, zum Beispiel durch das Betreiben einer Photovoltaikanlage auf einem vermieteten Gebäude.
Steuerlich ist allerdings zu beachten, dass auch künftig nur die vermögensverwaltenden Tätigkeiten steuerfrei gestellt sein sollen. Auf die Einnahmen aus den anderen Tätigkeiten würden also etwa Körperschaftssteuern entfallen.
Mehr Geld für die Energiewende durch das Standortfördergesetz
§ 26 des Investmentsteuergesetzes regelt die Vermögensgegenstände, in die ein Spezial-Investmentfonds investieren darf. Auch dies möchte die Regierung erweitern. Es soll die Investitionsmöglichkeiten eines Spezial-Investmentfonds verbessern und gleichzeitig die administrative Überwachung der Anlagebestimmungen erheblich erleichtern. „Zudem ermöglicht diese Rechtsänderung, dass das in großem Umfang bei Spezial-Investmentfonds vorhandene Kapital für den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Investitionsbedarf im Bereich der Infrastruktur genutzt werden kann“, so das BMF: „Daneben werden aber auch Investitionen in Private Equity- und Venture Capital Fonds in der Rechtsform von Personengesellschaften vereinfacht.“
Der selbe § 26 InvStG definiert auch die Voraussetzungen für die Einstufung als Spezial-Investmentfonds. Demnach dürfen die Einnahmen aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung weniger als 5 Prozent der gesamten Einnahmen eines Spezial-Investmentfonds betragen. Laut Begründung zum StoFöG droht bei einem Überschreiten dieser Grenze der Verlust des Status als Spezial-Investmentfonds. Die Folge wäre eine fiktive Veräußerung aller Vermögensgegenstände unter Aufdeckung aller stillen Reserven. Schon 2022 wurde die Grenze von 5 auf 10 Prozent und 2024 auf 20 Prozent angehoben, wenn die Einnahmen aus Erzeugung und Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien zurückzuführen sind. Diese Begrenzung soll nun komplett entfallen. Voraussetzung bleibt für die Spezial-Investmentfonds jedoch, dass die Bewirtschaftung erneuerbarer Energien stets im Zusammenhang mit der Vermietung oder Verpachtung von Immobilien erfolgt. „Dieser Zusammenhang ist beispielsweise bei Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach einer vermieteten oder verpachteten Immobilie, an der Fassade oder bei einem überdachten Parkplatz gegeben“, so das BMF: „In Betracht kommen aber auch Anlagen, die in räumlicher Nähe zu einer Immobilie errichtet werden.“ Und der Strom darf auch an Dritte, also nicht nur an Mieter oder Pächter, verkauft werden.
Kapitalanlagegesetzbuch ermöglicht auch mehr Einsatz für erneuerbare Energien
Mit dem Standortfördergesetz will die Regierung auch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) novellieren. Darin richtet sich § 231 auf zuässige Vermögensgegenstände eines alternativen Investmentfonds (AIF). Das sind alle, die keine Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) sind. Und die wiederum sind offene Investmentfonds, die nach EU-Recht besonders reguliert sind.
Laut § 231 KAGB dürfen für ein Immobilien-Sondervermögen derzeit nur Gegenstände erworben werden, die für die Bewirtschaftung dieses Sondervermögens erforderlich sind. Hinzu kommen sollen nun erneuerbare Energien sowohl im Strom- wie im Wärmesektor und Ladestationen für E-Mobilität.
Ziel des BMF ist es, mit Änderungen im KAGP den Immobilien-Sondervermögen Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften zu ermöglichen, „deren Unternehmensgegenstand darauf beschränkt ist, Anlagen zu errichten, zu erwerben oder zu halten, die zur Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien bestimmt und geeignet sind“. Damit sollen laut BMF Kapitalverwaltungsgesellschaften in solche Anlagen indirekt auch dann investieren können, wenn kein unmittelbarer baulicher Zusammenhang zu einem Gebäude beteht. „Die Ergänzung soll dafür sorgen, dass Immobilien-Sondervermögen einen größeren Beitrag zur Energiewende leisten können als bisher“, so das BMF. Und hier wird über eine neue Begriffsbestimmung der Anwendungsbereich erweitert. So gibt es hier nun einen Bezug auch zum Wärmeplanungsgesetz.
Jedoch soll die Beteiligung an Projektgesellschaften für erneuerbare Energien nicht zum Hauptzweck eines Immobilienfonds werden. „Ein Fonds, der eine entsprechende Bezeichnung führt, soll auch ganz überwiegend in Immobilien investiert sein“, sagt das BMF. Dennoch sei eine Beimischung von Projektgesellschaften, die sich ausschließlich auf erneuerbare Energien konzentrieren, auch in Immobilienfonds „angesichts der Notwendigkeit zur Energiewende wünschenswert und angemessen“. Und diese Beimischung soll künftig bei maximal 15 Prozent liegen.
Photovoltaik-Aufdachanlagen generell erlauben
Analog zur Änderung im Investmentsteuergesetz soll auch im Kapitalanlagegesetz der Betrieb von eigenen Photovoltaikanlagen durch Immobilienfonds generell ermöglicht werden. Der Betrieb von Aufdachanlagen und Ladeinfrastruktur ist künftig eine zulässige Tätigkeit einer Kapitalverwaltungsgesellschaft für einen Immobilienfonds. Das soll auch den Verkauf des Stroms einschließen. Bisher wurden laut BMF die Anlagen teilweise vermietet, da Rechtsunsicherheit bestand, ob für einen offenen Immobilienfonds Stromerzeugung zu den zulässigen Tätigkeiten zählt. Das BMF erklärt in der Begründung zum Standortfördergesetz: „Die sonstige Verwaltung des Gebäudes vom Betrieb einer solchen Anlage zu trennen, würde eine künstliche Aufspaltung der Verwaltung des Gebäudes bedeuten. Die Schaffung von Rechtsklarheit dient dazu, dass auch Anleger von Immobilienfonds an diesem Fortschritt teilhaben können und offene Immobilien-Sondervermögen in Zukunft nicht etwa vom Erwerb von Neubauten abgehalten werden.“
Inkrafttreten des Standortfördergesetzes
Die einzelnen Artikel des Standortfördergesetzes sollen zu unterschiedlichen Zeiten, teils erst 2028 in Kraft treten. Die Artikel 21, 24, 27 und 48 sollen allerdings möglichst früh wirken. Die Änderungen der betreffenden Gesetze gelten am Tag nach der Verkündung des Standortfördergesetzes im Bundesanzeiger.
Autor: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH