Mit der Einführung der gemeinsamen Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien – kurz Energy Sharing –kommen Regierung und Parlament der Verpflichtung nach, die Vorschrift aus der Strombinnenmarktrichtlinie der Europäischen Union in deutsches Recht zu überführen. Dafür haben Sie den von der Regierung vorgeschlagenen Entwurf mit kleinen Änderungen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie beschlossen. Zugestimmt haben nur die beiden Regierungsfraktionen von Union und SPD.
Energy Sharing: Photovoltaik- und Windenergieanlagen gemeinsam nutzen
Das Energy Sharing richtet sich nur an Letztverbraucher und juristische Personen des öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden und Stiftungen), die in dieser Eigenschaft Energie aus erneuerbaren Energien erzeugen und/oder verbrauchen. Das heißt, ein Unternehmen, dessen Zweck fast ausschließlich darin besteht, Strom zu erzeugen und zu verkaufen, kann sich nicht am Energy Sharing beteiligen. Ausgeschlossen sind außerdem große Unternehmen im Sinne der EU-Empfehlung 2003/361/EG (mehr als 250 Mitarbeiter:innen, Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro und Bilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro).
Für viele Akteure wird Energy Sharing möglich, auch für kommunale Unternehmen
Alle anderen sind zum Energy Sharing prinzipiell zugelassen. Dies gilt nun explizit auch für kommunale – nicht große – Unternehmen. Letztere wären aufgrund des Regierungsentwurf fast aus der Regelung herausgefallen. Doch ein Änderungsbeschluss des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Bundestages gegenüber dem Regierungsentwurf hat sie ausdrücklich mit erfasst. Erlaubt ist Energy Sharing auch, wenn sich Letztverbraucher zusammenschließen und gemeinsam Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Dafür dürfen sie laut dem neuen Paragrafen 42c des EnWG auch gemeinsam eine Genossenschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen. Daran darf sich aber kein vom Energy Sharing ausdrücklich ausgeschlossenes Unternehmen beteiligen. Aufgrund des Änderungsantrags durch den Ausschuss sind Bürgerenergiegesellschaften jetzt als Lieferanten im Rahmen des Energy Sharings zugelassen.
Das Energy Sharing ähnelt der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung. Die Stromlieferung aus erneuerbaren Energien kann hier parallel zum eigentlichen Stromliefervertrag eines Kunden laufen. Die Lieferanten im Rahmen des Energy Sharing müssen keine Vollversorger sein. Und gelten rechtlich auch nicht als Stromversorger, was mehr Pflichten mit sich brächte.
Zu erfüllen haben die Lieferanten im Rahmen des Energy Sharing allerdings die Paragrafen 5 sowie 40 bis 42 des EnWG, in denen einige Basics etwa zur Rechnungsstellung und Stromkennzeichnung geregelt sind. Das gilt lediglich dann nicht, wenn die von einem Haushaltskunden betriebene Anlage 30 Kilowatt bzw. 100 kW in einem Mehrparteienhaus nicht überschreitet.
Viertelstündliche Messung und Vertragspflicht
Verpflichtend ist in jedem Fall eine viertelstündliche Messung von Stromerzeugung und -verbrauch. Und vorgeschrieben ist ebenso der Abschluss von zwei Verträgen. Das sind erstens ein Stromliefervertrag und zweitens ein Vertrag zur gemeinsamen Nutzung. Letzterer muss mindestens den Umfang der durch eine Anlage erzeugten oder gespeicherten Stromnutzung, einen Aufteilungsschlüssel und eine eventuelle entgeltliche Gegenleistung beinhalten. Es ist aber auch erlaubt, den Strom unentgeltlich abzugeben.
Stromspeicher sind zugelassen, aber nur, wenn in ihnen ausschließlich Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen zwischengespeichert wird.
Stromnetzbetreiber sind zur Kooperation beim Energy Sharing verpflichtet
Der Paragraf 42c EnWG enthält zudem Verpflichtungen für die Betreiber von Stromverteilnetzen. Sie haben sicherzustellen, dass die gemeinsame Nutzung von Elektrizität aus erneuerbaren Energien ab 1. Juni 2026 möglich ist. Dies gilt dann zunächst nur innerhalb eines Billanzkreises. Ab 1. Juni 2028 ist eine gemeinsame Nutzung außerdem über einen Bilanzkreis hinaus in einem direkt angrenzenden Bilanzreis in derselben Regelzone zu ermöglichen. Das gesamte Gesetzespaket – einschließlich der Regelungen zum Energy Sharing – tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Die Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, wie Photovoltaik- und Windenergieanlagen, können Dritte im Rahmen des Energy Sharing mit Dienstleistungen beauftragen.
„Die Regelung versucht, die gemeinsame Nutzung einerseits so einfach wie möglich zu gestalten, andererseits aber auch Interessen der anderen Akteure, insbesondere der Elektrizitätsverteilernetzbetreiber und der Lieferanten zu berücksichtigen“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Und dort ist auch zu lesen: „Es ist nicht davon auszugehen, dass die gemeinsame Nutzung von Strom aus EE-Anlagen kurz- oder mittelfristig zu einem Massengeschäft wird.“
Autor: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH