NICHT FREIGEGEBEN!!! Solarthemen+plus: +++ eingeschränkte Speicher-Privilegierung +++ Beschleunigungsgesetz für Wärmesektor beschlossen +++

Solarthemen+plus
Infodienst Solarthemen vom 15.12.2025
Bundesregierung bremst bei Großspeicher-Privilegierung
Foto: iStock.com/Young777
In der vergangenen Woche hat der Bundestag die gerade erst beschlossene Privilegierung großer Batteriespeicher im Außenbereich teilweise wieder zurückgenommen. Außerdem will das Wirtschaftsministerium Batteriespeicher kurzfristig per Verordnung vom Genehmigungsverfahren für Netzanschlüsse ausnehmen, ohne dass ein geeigneteres Verfahren für sie in Sicht ist.

Im November hatte das Parlament im Zuge der Novelle des Energiewirtschaftsrechts beschlossen, dass verschiedene Speichertypen nach § 35 des Baugesetzbuchs (BauGB) künftig im Außenbereich privilegiert sind. Konkret sollte dies gelten für Batteriespeicher mit einer Kapazität von mindestens einer Megawattstunde sowie für unterirdische Wärme- und Wasserstoffspeicher. Unmittelbar nach der entscheidenden Ausschusssitzung am Tag vor der abschließenden Abstimmung im Bundestag wurde jedoch innerhalb der Koalitionsfraktionen Unmut über diese kurzfristig in den Gesetzentwurf aufgenommene Privilegierung laut. Offenbar waren sich einige der beteiligten Politiker:innen nicht über die Tragweite dieser BauGB-Änderung im Klaren gewesen und auch aus den kommunalen Spitzenverbänden war Kritik aufgekommen.

Um die für den 13. November angesetzte Abstimmung über das Energierechtspaket nicht aufschieben zu müssen, verständigten sich Fachpolitiker:innen der Koalition auf eine kurzfristige nachträgliche Einschränkung der Privilegierungsvorgaben. Die energiepolitische Sprecherin der SPD, Nina Scheer, hatte, als sie in ihrer Bundestagsrede zur EnWG-Novelle auf die BauGB-Privilegierung zu sprechen kam, Zwischenapplaus von einigen Abgeordneten bekommen. Und zwar ausgerechnet für ihre für Außenstehende kryptisch anmutende Ankündigung: “Hierbei wird uns auch in weiteren Gesetzgebungsverfahren daran gelegen sein, dass da ein räumlich funktionaler Zusammenhang hergestellt werden kann, damit auch die Netzdienlichkeit und die Ortsgebundenheit verfolgt werden kann mit dieser Regelung.”

Einschränkungen für die Speicher-Privilegierung

Was dahinter steckte, erschließt sich seit der vergangenen Woche: Mit dem am Donnerstag beschlossenen Artikelgesetz zur Geothermie-Beschleunigung formuliert der Gesetzgeber das baurechtliche Privileg für Speicher komplett neu und schränkt es deutlich stärker ein, als es der Bundestag noch im November beschlossen hatte. Da die Energierechtsnovelle bislang noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und beide Gesetze voraussichtlich am selben Tag publik gemacht werden, dürfte sich kein Speicherprojektierer auf einen zwischenzeitig weiter gefassten Privilegierungstatbestand berufen können.

Nach dem am vergangenen Donnerstag gefassten Bundestagsbeschluss gilt nun die uneingeschränkte Privilegierung nur noch für Batterie-Speicher, die in “räumlich-funktionalem Zusammenhang” zu einer Erneuerbare-Energien-Anlage entstehen sollen. Gerrit Lühring, Experte für Großspeicher beim Speicherverband BVES, sagt: “Co-Location-Speicher sind nun explizit privilegiert. Das schafft die Möglichkeit, tausende EE-Anlagen endlich in die Nutzungseffizienz zu bringen.”

Speicher-Privilegierung 200 Meter rund um Umspannwerke

Für andere Speicherbatterien wurde die Privilegierung allerdings weiter eingeschränkt. Unter § 35 BauGB fallen sie nur noch in einem 200-Meter breiten Streifen um die Grundstücksgrenze eines Umspannwerks ab der Mittelspannungsebene beziehungsweise eines aktiven oder stillgelegten Kraftwerks mit mehr als 50 MW. Dafür müssen die Batterien des Weiteren eine Nennleistung von mindestens 4 Megawatt haben. Und innerhalb einer Gemeinde dürfen baurechtlich privilegierte Speicher ledig 0,5 Prozent der Gemeindefläche einnehmen und sich maximal über 5 Hektar erstrecken. Entfallen ist dafür die noch im November festgelegte Mindestkapazität von einer Megawattstunde.

Gerrit Lühring vom BVES ist mit diesem Teil des Koalitionskompromisses nicht glücklich: “Die Grenze von 200 Metern im Umkreis von Umspannwerken geht völlig an den energiewirtschaftlichen Realitäten vorbei. Damit wird es für alle notwendigen Anlagen zukünftig sehr eng. Und wie praktikabel und sinnvoll so eine starre Vorgabe ist, die man mit dem Zollstock nachmessen muss, sei dahin gestellt.”

Keine Privilegierung für Wasserstoffspeicher

Gestrichen hat der Bundestag nun auch die Privilegierung für Wasserstoffspeicher. Auf der anderen Seite müssen privilegierte Wärmespeicher in räumlich-funktionalem Zusammenhang mit Wärmequellen und Wärmesenken stehen.

Nina Scheer betonte gegenüber den Solarthemen, dass Speicher natürlich auch weiterhin ohne eine Außenbereichsprivilegierung über Bauleitverfahren realisierbar blieben. Mit den nachträglich eingefügten Privilegierungsbedingungen sieht sie den einen Teil der koalitionsinternen Verabredung zum räumlich-funktionalen Zusammenhang als erfüllt an.

Für den zweiten Teil gibt es vorerst nur eine Entschließung des Bundestages, deren Text die Abgeordneten dem aktuellen Gesetzesbeschluss vorangestellt haben. Darin fordert der Bundestag die Bundesregierung auf, “für die privilegierten Speicher funktionale Kriterien zu definieren, die das Ziel des Koalitionsvertrages ‘wir wollen einen systemdienlichen Netz- und Speicherausbau, mehr Flexibilitäten und einen effizienten Netzbetrieb’ erfüllen”.

BMWE will Speicher aus der KraftNAV ausschließen

Wie schnell Großspeicher – ob privilegiert oder nicht – dann im Einzelfall tatsächlich entstehen können, das liegt allerdings auch an den Netzanschlussverfahren für die Hoch- und Höchstspannungsnetze. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) will nun die Großbatterien kurzerhand von der Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) ausnehmen. Begründung: Für Speicherparks liegt inzwischen ein Vielfaches an Netzanschlussbegehren bei den Netzbetreibern vor als einschlägige Energieszenarien an künftiger Speicherleistung für nötig erachten. Würden sie nicht unter die KraftNAV fallen, müssten die überlasteten Netzbetreiber die Anträge nicht mehr innerhalb so enger Fristen und nach dem Windhundverfahren bearbeiten.

Den Entwurf der zu ändernden KraftNAV hatte das BMWE in der vergangenen Woche betroffenen Verbänden zur Stellungnahme innerhalb von nur 24 Stunden vorgelegt. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) lehnt das Vorhaben entschieden ab. Zwar halten auch die im BEE zusammengeschlossenen Verbände die KraftNAV nicht für geeignet für die vielen Netzanschlussbegehren für Speicher. Dafür sei vielmehr ein neues Verfahren zu entwickeln, das auch den unterschiedlichen Reifegrad der Projekte und ihre Netzdienlichkeit berücksichtigen solle. Das unter dem Druck der Netzbetreiber geplante radikale Vorgehen des BMWE werde dem Problem jedenfalls nicht gerecht, so der Dachverband. BEE-Präsidentin Ursula Heinen-Esser sagt: „Wer die Speicher aus dem Geltungsbereich der KraftNAV herausnimmt, bevor ein neues Verfahren etabliert wurde, macht den zweiten Schritt vor dem ersten.”

Planungsunsicherheit droht

BVES-Experte Lühring erklärt, in der Konsequenz dürften die Speicher dann wieder in der Warteschlange mit Rechenzentren und anderen Großverbrauchern landen. Er sagt: „Wenn man Energiespeicher aus der KraftNAV pauschal ausschließt, ohne ein anderes Verfahren einzuführen, bedeutet das große Rechts- und Planungsunsicherheit für die notwendige Flexibilität und führt nicht zu Vorteilen bei der Warteschlage beim Netzanschluss auch für weitere Anschlussnehmer.”

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH | www.solarserver.de


Geothermie-Beschleunigungsgesetz vom Bundestag beschlossen: die Folgen
Foto: Geologischer Dienst NRW
Das Geothermie-Beschleunigungsgesetz kann bald in Kraft treten. Der Bundestag hat es mit den Stimmen der Koalition am 4. Dezember beschlossen. Vor allem für die Tiefengeothermie sollen sich die Verfahren deutlich vereinfachen. Aber auch Speicher, Wärmepumpen und Wärmeleitungen profitieren. Über Duldungspflichten und Enteignungsrechte kann das Gesetz Grundstückseigentümer:innen betreffen. 

Das „Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmeleitungen und Wärmespeichern (Geothermie-Beschleunigungsgesetz – GeoBG)“ hatte schon die Ampelkoalition durch den Bundestag bringen wollen. Damals lief es noch unter dem Namen „Geothermie- und Wärmepumpengesetz – GeoWG“. Doch in den letzten Ampeltagen kam es nicht mehr zum Beschluss, obwohl das Gesetz weit gediehen und wohl auch mehrheitsfähig war

Neue Privilegierung von Geothermie

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) hat für den neuen Anlauf in dieser Legislaturperiode weite Passagen aus dem alten Gesetzentwurf übernommen, ihn aber auch ergänzt. Hinzu gekommen ist die Ausdehnung des Gesetzes auf Wärmeleitungen. Und auch die Parlamentarierer:innen haben in den Beratungen der Bundestagsausschüsse noch eigene Ideen hinzugefügt. So hat eine unscheinbar wirkende Änderung in § 35 Absatz 1, Nummer 5 Baugesetzbuch eine große Wirkung. Hier wird nun die geothermische Energie eingefügt. Bisher umfasste die Nummer 5 nur die Wind- und die Wasserenergie. Die Änderung hat zur Folge, dass bauliche Anlagen zur Nutzung von geothermischer Energie im Außenbereich nun grundsätzlich zulässig sind, sofern die Erschließung gesichert ist und öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

Auch Wärmepumpen im überragenden öffentlichen Interesse

Wie bereits berichtet, kommen mit dem eigentlichen Geothermie-Beschleunigungsgesetz allerdings  nun Geothermieanlagen ebenso wie Wärmespeicher und Wärmepumpen in den Rang des überragenden öffentlichen Interesses. Damit bekommen sie bei der behördlichen Abwägung der öffentlichen Belange ein großes Gewicht.

Zudem räumt das Gesetz jetzt besonders für die Tiefengeothermie einige Hürden aus dem Weg. Ein Beispiel dafür ist die seismische Untersuchung des Untergrunds, um die geologischen Stukturen zu erkunden. Für eine 3-D-Seismik ist es erforderlich, Tausende von Messungen vorzunehmen. Die dafür erforderlichen Geophone sind an sehr vielen Flächen im vorgesehenen Gebiet auszulegen. Diese sind teils privat und bislang muss jede:r Grundstückseigentümer:in seine Zustimmung geben. Künftig haben die Vorhabenträger das Recht, die Grundstücke zu betreten und zu befahren.

Duldungspflicht im Geothermie-Beschleunigungsgesetz vereinfacht seismische Untersuchungen

In § 7 des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes heißt es: „Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben für eine seismische Exploration durch Vibrotrucks zur Ermittlung des Geothermiepotentials die messungsbedingten Immissionen, die vorübergehende Anbringung von Messeinrichtungen und Markierungszeichen auf dem Grundstück sowie den Einsatz von Messfahrzeugen auf privaten Wegen und Straßen zu dulden. Der Träger des Vorhabens und von ihm Beauftragte sind berechtigt, das Grundstück zu diesen Zwecken zu betreten und zu befahren. Die Duldungspflicht besteht nicht, wenn Belange der Landes- und Bündnisverteidigung entgegenstehen.“ Eventuelle Schäden sind zu minimieren und durch Geld auszugleichen.

Außerdem gibt es durch § 8 GeoBG das Recht, für das Verlegen von Wärmeleitungen Enteignungen vorzunehmen. Dafür sind freilich eine Reihe von rechtlichen Vorgaben zu beachten.

Bei Streitigkeiten zu Geothermieanlagen und Wärmepumpen mit einer Leistung von mindestens 500 Kilowatt sind nach Inkrafttreten des GeoBG direkt die Oberverwaltungsgerichte zuständig. Das soll die Verfahren verkürzen.

Weitere Änderungen in anderen Gesetzen

Weitere Erleichterungen für Geothermieanlagen gibt es durch Änderungen des Bundesberggesetzes und das Wasserhaushaltsgesetz. Letzteres bringt eine direkte Vereinfachung für Erdwärmekollektoren bis in eine Tiefe von vier Metern. Außerdem führt der Gesetzgeber im Wasserhaushaltsgesetz einen Projektmanager ein. Im Zusammenhang mit Wärmeprojekten ist dies eine neue Funktion. Der Projektmanager soll auf Kosten des Vorhabenträgers die Behörden entlasten und von ihnen Aufgaben übernehmen. Dazu zählen etwa auch Kontrollaufgaben und die Vorbereitung der Entscheidung. Über die Zulässigkeit von Verfahren entscheiden allerdings weiterhin die zuständigen Behörden.

Außerdem haben die Parlamentarier:innen im Rahmen des Gesetzgebungsvorhabens an weiteren Gesetzen Änderungen vorgenommen. Bislang begrenzt das Wärmeplanungsgesetz das überragende öffentliche Interesse an regenerativen Wärmeerzeugungsanlagen zeitlich bis maximal 2040. Dies gilt nun bis Ende 2045.

Und auch bei der Privilegierung von Speichern im Baugesetzbuch gibt es Änderungen gegenüber dem vom Bundestag erst im November beschlossenen Stand. Wie sich das auf Stromspeicher auswirkt, lesen Sie in einem weiteren Solarthemen-Artikel. Zudem sind künftig auch untertägige Wärmespeicher im Außenbereich laut § 35 BauGB zugelassen, wenn sie in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit Wärmequellen und Wärmesenken stehen. Gestrichen hat das Parlament jedoch die kurz zuvor noch vorgesehene Privilegierung von Wasserstoffspeichern. 

Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH


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