Wien: Experten diskutierten Ölverknappung
Die Zeit sinkender Ausbeute im Bereich fossiler Ressourcen ist nicht mehr fern, Alternativen müssen bereits heute vorbereitet werden. Das ist das Fazit einer Diskussion zu welcher der österreichische EU-Abgeordnete Dr. Hans Kronberger (FPÖ) Experten aus Wissenschaft und Industrie am 24.04.2003 eingeladen hatte. In diesem Punkt waren sich die Podiumsgäste der laut Kronberger „historischen“ Diskussion einig. Im Detail gingen die Auffassungen von Dr. Werner Zittel und Jörg Schindler (Ludwig-Bölkow-Institut), Dr. Hans Wenck (Shell Austria) und Dr. Christian Rakos (Energieverwertungsagentur Österreich, EVA) auseinander.
Um 2010 werde das weltweite Fördermaximum für Öl von 80 Millionen. Fass (Barrel) erreicht sein, danach folge eine Phase stetig sinkender Ausbeute, prophezeiten Werner Zittel und Jörg Schindler, Autoren des Buches „Ölwechsel – Das Ende des Erdölzeitalters“. Schon um die Ölförderung dauerhaft bei 80 Millionen Fass täglich zu halten, wären jedes Jahr Investitionen von 100 Milliarden Dollar erforderlich. Bereits seit Jahren befinde man sich in einem Zustand tendenziell sinkender Ausbeute, was die wichtigsten günstig auszubeutenden Lagerstätten betrifft. Jörg Schindler sieht akuten Handlungsbedarf: „Die Krise ist nicht erst da, wenn der letzte Tropfen Öl geflossen ist.“
Der Pressesprecher von Shell Austria erwartet das Maximum der Ölproduktion erst um das Jahr 2025. Dr. Hans Wenck verwies auf die zu erwartenden technischen Fortschritte, zum Beispiel in der Tiefseeförderung. Diese würden neue Ausbeutechancen zu vertretbaren Kosten eröffnen. Nichtkonventionelle Lager wie etwa Ölsande könnten bis 2030 schon acht Prozent der globalen Ölnachfrage befriedigen.
Laut Christian Rakos, Experte für erneuerbare Energien bei der Energieverwertungsagentur, muss die Umstellung des Energiesystems in Anbetracht der langen Investitionszyklen im Energiebereich dringend vorangetrieben werden. Die beträchtlichen Zuwächse im Bereich erneuerbarer Energien, besonders in Österreich, seien zwar ermutigende Ansätze, aber immer noch nicht ausreichend. Besorgnis äußerte der Wissenschaftler auch angesichts stagnierender Entwicklungen in der Energieeffizienz. Ohne „Quantensprünge“ in diesem Bereich sei auch die Hoffnung auf eine Lösung des Energieproblems mit Hilfe erneuerbarer Energien eine Illusion, so Rakos.
Als „historischen Abend“ wertete Hans Kronberger die Diskussion. Seine Stellungnahmen über die Versorgungssicherheit der Europäischen Union mit Erdöl und Erdgas werden derzeit im Europäischen Parlament behandelt. Die brisante Frage der Energiezukunft werde sich im kommenden Jahrzehnt zu einem zentralen Thema entwickeln, sowohl auf europäischer Ebene als auch weltweit, ist sich der EU-Abgeordnete sicher.
29.04.2003 Quelle: MEP Hans Kronberger