Windenergieanlagen: Saubere weiße Riesen

Windkraftanlagen ernten zwar erneuerbare Energie, aber ihr Bau, ihre Wartung und das Recycling verschlingen auch eine Menge Energie, zumal wenn sie – wie künftig zunehmend – im Meer stehen. Ob sich das rechnet, untersuchen Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum (RUB).  Die Forscher um Prof. Dr.-Ing. Hermann-Josef Wagner vom Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft berücksichtigen in ihren „ganzheitlichen“ […]

Windkraftanlagen ernten zwar erneuerbare Energie, aber ihr Bau, ihre Wartung und das Recycling verschlingen auch eine Menge Energie, zumal wenn sie – wie künftig zunehmend – im Meer stehen. Ob sich das rechnet, untersuchen Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum (RUB).  Die Forscher um Prof. Dr.-Ing. Hermann-Josef Wagner vom Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft berücksichtigen in ihren „ganzheitlichen“ Analysen jeden noch so kleinen Energieaufwand über die gesamte Lebensdauer einer Windenergieanlage und stellen diesen Wert der gewonnenen Strommenge gegenüber. Über ihre Ergebnisse berichten sie in MaschinenbauRUBIN, dem aktuellen Sonderheft des Wissenschaftsmagazins der Ruhr-Universität.

Positive Energiebilanz für Windkraftanlagen an Land

Die Ergebnisse der Bochumer Forscher belegen, dass die Bilanz für alle Windenergieanlagen aus energetischer Sicht vernünftig ist. Die energetische Amortisationszeit, das ist die Zeit, welche die Anlage in Betrieb sein muss, um ihren kumulativen Energieaufwand wieder „hereingespielt“ zu haben, liegt zwischen gut drei und sechs Monaten. Bei einer kalkulatorisch angesetzten Lebensdauer von 20 Jahren ergeben sich daraus Erntefaktoren von etwa 70 für eine große Anlage (1.500 kW) beziehungsweise 40 für eine kleine Windkraftanlage (500 kW). Der Erntefaktor gibt das Verhältnis der „eingespielten“ zu der aufgewendeten Energiemenge über die Lebensdauer an. Zum Vergleich: Photovoltaische Solarenergieanlagen zur Stromerzeugung amortisieren sich energetisch erst nach drei bis vier Jahren. Die Nachteile der Windenergie liegen laut RUB aber anderswo: Der Strom aus Wind sei zurzeit mehr als doppelt so teuer wie Strom aus fossilen Brennstoffen und deshalb noch nicht konkurrenzfähig. Außerdem seien Windenergieanlagen unzuverlässige Stromlieferanten, weil sie von der Windstärke abhängig sind. Bei zu wenig Wind erzeugen sie keinen Strom, bei Sturm muss man sie abschalten, damit sie keinen Schaden nehmen. Deshalb trügen sie zwar in steigendem Maße zur Stromerzeugung bei und sparen Kohle und Gas, könnten aber den teuren Bau von Ersatzkraftwerken, die mit Kohle oder Gas betrieben werden, wenn der Wind nicht weht, nicht verhindern.

Energetische Amortisationszeit von Off-shore-Anlagen unter einem halben Jahr

Erste Ergebnisse ganzheitlicher Energieanalysen in der Entwicklung befindlicher Off-shore-Anlagen mit 5.000 kW Leistung zeigen erwartungsgemäß erheblich größere Aufwendungen für den Bau der Anlagen. Ein über 30 Meter hohes, im Wasser stehendes Drei-Bein Stahlgerüst (Tripod), auf dem der Windenergiekonverter über Wasser befestigt ist, kommt hinzu. Die Rotoren der WEA im Meer sollen im Durchmesser 100 Meter messen – an Land sind es bis zu 66 Meter. Jedes einzelne Rotorblatt wiegt bis zu drei Tonnen. Diesem zusätzlichen Aufwand steht laut RUB jedoch ein größeres Windenergieangebot als an Land gegenüber – es sei eine mindestens doppelt so große Stromausbeute zu erwarten. Deshalb hätten erste Berechnungen auch für die Forscher überraschend eine energetische Amortisationszeit von unter einem halben Jahr ergeben. Aber auch hier würden die Werte wohl noch etwas ungünstiger werden, wenn die durch die Windparks ausgelösten Zusatzinvestitionen an Land berücksichtigt sind, so die RUB

Windenergie an Land und im Meer

Mit 16.000 Windenergieanlagen (WEA), ist Deutschland Weltmeister in der Nutzung der Windenergie. Gut ein Drittel aller WEA der Welt stehen hier, im Jahr 2003 lieferten sie fünf Prozent des gesamten Strombedarfs. In Zukunft sollen die Windanlagen auch die Meere erobern. Dort weht der Wind stärker und gleichmäßiger als an Land. Allein für die deutsche Nord- und Ostsee liegen 31 Anträge zur Errichtung von Windparks vor, sieben weitere wurden bereits genehmigt. Für die ersten zwei davon – Borkum-West und Butendiek – wurden bereits Bauaufträge vergeben.

Weitere Informationen im Wissenschaftsmagazin RUBIN: http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/

Der komplette Beitrag von Prof. Wagner kann als PDF-Dokument heruntergeladen werden unter http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/maschinenbau/pdf/beitrag1.pdf

15.11.2004   Quelle: Ruhr-Universität Bochum   Solarserver.de   © EEM Energy & Environment Media GmbH

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