VDE-Studie zur dezentralen Energieversorgung setzt auf stärkere Nutzung erneuerbarer Energien

Die Kombination von dezentraler und zentraler Energieversorgung wird in Deutschland nach einer Studie des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik (VDE) bis zum Jahr 2020 etwa 10-20 Prozent des Strombedarfs decken. Sie wird Primärenergie wie Kohle und Öl einsparen, CO2-Emissionen reduzieren und die Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Diese innovative Kombination setze auf die stärkere Nutzung erneuerbarer Energien […]

Die Kombination von dezentraler und zentraler Energieversorgung wird in Deutschland nach einer Studie des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik (VDE) bis zum Jahr 2020 etwa 10-20 Prozent des Strombedarfs decken. Sie wird Primärenergie wie Kohle und Öl einsparen, CO2-Emissionen reduzieren und die Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Diese innovative Kombination setze auf die stärkere Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Kraft-Wärme-Kopplung und verringere außerdem die Netzverluste beim Transport von Strom. Der VDE geht außerdem davon aus, dass sich der Wirkungsgrad der Kraftwerke um 10 Prozent verbessern wird.
Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der VDE-Studie „Dezentrale Energieversorgung 2020“, die am 10. Mai 2007 in Berlin vorgestellt wurde. Allerdings macht die Studie den Erfolg des Konzepts von einem hoch effizienten Energiemanagement sowie Investitionen in die Stromnetze abhängig. Die Studie sieht einen hohen Investitionsbedarf in die Netze, in „virtuelle Kraftwerke“ sowie in die Aufrüstung der gesamten Stromversorgung mit Informationstechnik. Intelligentes Energiemanagement kann, zu einem Exportschlager „Made in Germany“ werden, so der VDE.

Dezentrale Produktion von Solar- und Windenergie oder Biogas gewinnt an Bedeutung
Um die Energieversorgung der Industrienation Deutschland zuverlässig, nachhaltig, umweltverträglich und preisgünstig zu sichern, gehen die VDE-Experten von einer Mischung aus zentraler und dezentraler Erzeugung aus. Zwar würden auch 2020 wie bisher traditionelle Kraftwerke in Übertragungs- und Verteilnetze einspeisen. Zunehmende Bedeutung sollen aber dezentrale Erzeugungssysteme für die optimale Einbindung von Solar- und Windenergie oder Biogas erhalten. Hierzu zählt der VDE Ein- und Mehrfamilienhäuser mit Solarstromanlagen (Photovoltaik), Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Wärmepumpe, Gewerbebetriebe mit Blockheizkraftwerken (BHKW) sowie Siedlungen oder ganze Städte mit weitgehender Eigenerzeugung von Energie, so genannte Microgrids. Durch die Zusammenschaltung und Bündelung solcher selbständigen Einheiten sollen virtuelle Kraftwerke entstehen, die traditionellen Kraftwerken in Sachen Energieerzeugung nicht nachstehen. Als einen der größten Vorteile der verbrauchernah erzeugten Energie benennen
die VDE-Experten die geringeren Netzverluste.

Szenario geht von einer Nutzung der Kernenergie auf heutigem Niveau aus
Berechnungen des VDE zeigen, dass sich der CO2-Ausstoß bis 2020 um 40% senken lässt. Kern dieses Szenarios sind ein deutlich geringerer Einsatz fossiler Brennstoffe, der signifikante Ausbau regenerativer Energien und der dezentralen Energieversorgung auf einen Anteil von 25% sowie die Nutzung der Kernenergie auf heutigem Niveau.

Sinkender Wärmebedarf und höherer Stromverbrauch vorhergesagt
Die von Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE ausgearbeitete Studie prognostiziert für das Jahr 2020 einen gegenüber 2006 deutlich veränderten Energiebedarf. Sie unterstellt, dass der Wärmebedarf aufgrund von Energiesparmaßnahmen, aber auch einer abnehmenden Bevölkerung um bis zu 50 % sinken wird, die Nachfrage nach Strom hingegen um 10 % steigen wird – bei um 30 % höheren Strompreisen. Zwar würden die einzelnen Verbrauchsgeräte aufgrund immer besserer Technik immer weniger Strom benötigen, aber deren absolute Menge werde bis zum Jahr 2020 zunehmen. So sinke zwar der Stromverbrauch in der Industrie (- 0,85 %) und bei Beleuchtungskörpern (- 0,8 %) leicht. Aber durch die Informations- und Telekommunikationstechnik (+ 3,0 %), Gewerbe/Handel/Dienstleistung (+ 1,8 %), den Verkehr (+ 0,8 %), den Haushalt (+ 1,4 %), aber auch durch die zunehmende Klimatisierung von Räumen (+ 2 %) werde dieser Effekt wieder aufgezehrt.

Intelligentes Energiemanagement als „Exportschlager made in Germany“
Das künftige Nebeneinander von zentralen und dezentralen Versorgungssystemen verlangt nach Ansicht der VDE-Experten dreierlei: Erstens ein auf modernster IT-Technik beruhendes Energiemanagement. Durch den Einsatz heute bereits vorhandener Informations- und Kommunikationstechnik in der Energietechnik lasse sich die Effizienz der eingesetzten Ressourcen, also auch Kohle und Öl steigern. Deutschland ist nach Einschätzung der VDE-Experten schon heute das Land mit der größten Erfahrung in Sachen intelligenter Energieversorgung und werde diese Dienstleistung bis zum Jahr 2020 zu einem Exportschlager ausbauen. Dies bedeute eine Riesenchance für den Standort in einem Feld, in dem andere Länder noch im Hintertreffen lägen.
Zweitens erforderlich ist laut VDE besonders die verstärkte Nutzung regenerativer Energien, der über alle Spannungsebenen gut ausgebaute Stromnetze nötig mache, um den dezentral erzeugten Energiezufluss bewältigen können. Da zum Beispiel Strom aus Windkraft bisher nicht gespeichert werden könne, müssten Kraftwerke und Netze so flexibel ausgelegt sein, dass sie zu jeder Zeit einen Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch sicherstellen können. Außerdem würden sich die künftig aufgrund der Windenergieeinspeisung von Nord nach Süd sowie der wegen des internationalen Stromhandels von Ost nach West gehenden Lastflüsse überlagern und ganz neue Anforderungen an die Netze stellen. Die Forschung müsse besonders in Sachen Energiespeicherung intensiviert werden

Investitionsbedarf in Milliardenhöhe; VDE regt staatliche Anschubfinanzierung an
Insgesamt sieht die VDE-Studie einen Investitionsbedarf in dezentrale Versorgungssysteme in Milliardenhöhe, der ohne eine öffentliche Förderung nicht zu leisten sei. Dezentrale Systeme seien derzeit teilweise noch nicht wirtschaftlich beziehungsweise konkurrenzfähig. Auf der Habenseite würden aber die Einsparung von Primärenergie, die Reduzierung von CO2 sowie die deutlich verringerte Abhängigkeit von Primärenergieimporten stehen. Nach Ansicht des VDE lassen sich die Ziele der EU, den Anteil erneuerbarer Energien auf 22 Prozent und die Energie aus Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage auf 18 Prozent zu steigern, nur mit dem Mix aus zentraler und dezentraler Energieversorgung erreichen. Dies müsse angesichts der aktuellen Diskussion um den Klimawandel ein originäres Interesse der Politik sein.
Als Konsequenz aus den Erkenntnissen der Studie fordert der VDE als ersten Schritt die Entwicklung eines Gesamtkonzepts für die Energieversorgung mit der Einbettung dezentraler Erzeuger, um die Leistung dezentraler Systeme für die Gesamtversorgung optimal einzubringen. Darüber hinaus müssten Kraft-Wärme-Kopplungssysteme mit höheren Stromkennziffern, also einem höheren Strom/Wärmeverhältnis entwickelt werden. In der Leittechnik seien Standards für die Schnittstellen, einheitliche Übertragungsprotokolle und neue Regelungskonzepte zu entwickeln, um das einwandfreie Zusammenspiel aller leittechnischen Komponenten zur Steuerung des Lastflusses zu gewährleisten. Und schließlich regt der VDE eine staatliche Anschubfinanzierung zur Einbindung dezentraler Versorgungsstrukturen in das Gesamtsystem an.
VDE-Grafik zur Energieversorgung im Großformat

14.05.2007 | Quelle: VDE | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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