McKinsey: Deutschland ist beim Klimaschutz Vorreiter; Kosten der Energiewende steigen bis 2020 um 60 %; Ausstoß von Treibhausgasen wird um 31 % sinken

Bis 2020 wird der Ausstoß von Treibhausgasen um 31% gegenüber dem Niveau von 1990 sinken. Das geht hervor aus einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company. In der Untersuchung gehen die Berater von einem Fortbestehen der aktuell gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 1,6 % aus.

Gleichzeitig werden die Kosten der Energiewende für Unternehmen und Privathaushalte von heute 13,5 Milliarden Euro jährlich um rund 60 % auf 21,5 Milliarden Euro steigen. Die Versorgungssicherheit mit Strom werde sinken, berichtet McKinsey in einer Pressemitteilung.

Stromnachfrage wird steigen
"Deutschland ist und bleibt weltweit führend beim Thema Treibhausgas-Reduzierung", sagte Anja Hartmann, McKinsey-Partnerin und Co-Autorin der Studie "Die Energiewende in Deutschland – Anspruch, Wirklichkeit und Perspektiven".
Die Stromnachfrage werde aber nicht wie von der Bundesregierung erwartet deutlich sinken, sondern sogar steigen. Ohne erhebliche Anstrengungen besonders im Bereich von Energieeffizienzsteigerungen im Industrie- und Gebäudesektor und dem Ausbau von Windkraftanlagen sowohl On- als auch Offshore drohe sogar eine Stagnation auf dem heutigen Niveau von -24 %, warnte die Energieexpertin.

Energieeffizienz muss gesteigert werden
Ohne konsequente Umsetzung beziehungsweise Beschleunigung von Maßnahmen seien die 31 % jedoch nicht zu schaffen. Dazu zählten eine Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Gebäuden sowie der Ausbau von Windkraftanlagen an Land und im Meer.
Weiter reichende Ziele zur Treibhausgas-Vermeidung sind nach Einschätzung der Energieexpertin derzeit nicht realistisch: "Wir müssen heute zuallererst sicherstellen, dass wir auf dem bisher eingeschlagenen Weg die wirtschaftlich und ökologisch sinnvollsten Maßnahmen ergreifen, um die Energiewende zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen."

Kosten für Stromverbraucher steigen
Der Großteil der Kosten für die Energiewende wird der Studie zufolge über den Strompreis von Haushalten, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie der weniger energieintensiven Industrie getragen. Bis 2020 werde sich der Strompreis inflationsbereinigt um durchschnittlich gut 10 % erhöhen. Privathaushalte werden 2020 rund 29 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen, also 3,1 Cent mehr als heute, schätzt McKinsey.
Die im Strompreis enthaltenen Kosten für die Energiewende steigen dabei von 4,2 auf 6,3 Cent. Energieintensive Unternehmen wie Chemie- oder Stahlfirmen sind aktuell noch weitgehend von den Kosten in Form von EEG-/Netzentgelten ausgenommen. Dennoch stehe ihre Wettbewerbsfähigkeit bereits heute unter Druck: "Würden EEG-Umlage und Netzentgelte auf alle Nutzer gleich verteilt, könnte dies zu Gewinneinbrüchen von bis zu 50 % in der stromintensiven Industrie führen", warnte McKinsey-Partnerin Hartmann.

Umstieg auf erneuerbare Energien senkt Abhängigkeit von Kohle- und Erdgasimporten
Positiv wirkt sich der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Steigerung von Energieeffizienz der Studie zufolge insofern aus, als die Abhängigkeit von Kohle- und Erdgasimporten sinke: Für einen Euro Wertschöpfung sollen 2020 rund 21 % weniger Brennstoffimporte benötigt werden als 2010 (0,77 statt 0,98 kWh).
Gleichzeitig steige bis 2050 jedoch die globale Energienachfrage um 60 %. Dadurch sinke die absolute Versorgungssicherheit Deutschlands, das heißt, der Zugang zu fossilen Brennstoffen zu akzeptablen Kosten werde wegen des zunehmenden Wettbewerbs auf den Weltmärkten schwieriger.

Das Risiko eines Stromausfalls nimmt zu
Mit der aktuellen Ausgestaltung der Energiewende erreicht Deutschland laut der Studie die Grenzen dessen, was das Energiesystem insgesamt verkraften kann.
Die Autoren warnen, dass die Stabilität des Stromnetzes gefährdet sei und das Risiko von Stromausfällen steige. Die Studie nennt dafür vor allem drei Gründe: den Rückgang der regelbaren Kraftwerksleistung und das damit verbundene Sinken der Reservemarge von heute 15 auf 5 % im Jahr 2020, die zunehmende Belastung des Netzes durch die Entkopplung von Verbrauchs- und Erzeugungszentren sowie den viel zu langsamen Netzausbau. Aktuell sind erst etwa 200 von 4.300 der bis 2020 benötigten Kilometer Netze gebaut, wie jüngst die Bundesnetzagentur bestätigte.

McKinsey empfiehlt den Ausbau intelligenter Stromnetze
Um die Netzstabilität kurzfristig zu sichern, empfiehlt die McKinsey-Studie eine Erhöhung der regelbaren Kraftwerksleistung durch den Erhalt bestehender Kraftwerke beziehungsweise die Förderung erforderlicher Neubauten, die zeitliche und regionale Koordination des Ausbaus der erneuerbaren Energien und des Transport- und Verteilnetzes, den Ausbau intelligenter Stromnetze zur Schaffung von Datentransparenz im Verteilnetz sowie die Förderung und den Ausbau von Speichertechnologien.
Um die Energiewende in Deutschland auch langfristig zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen, rät die Studie, vor allem auf  Maßnahmen zu setzen, mit denen sich Treibhausgas zu möglichst niedrigen Kosten vermeiden lässt und gleichzeitig eine hohe lokale Wertschöpfung entsteht. Dazu zähle insbesondere eine Steigerung der Energieeffizienz.

10.05.2012 | Quelle: McKinsey | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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