Studie: Europakonforme Reform der Industrie-Ausnahmen kann EEG-Umlage um 20 % senken

Würden die Industrie-Sonderregelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf energieintensive und exportorientierte Unternehmen begrenzt und die Eigenstromerzeugung teilweise in die EEG-Finanzierung einbezogen, könnte die EEG-Umlage um 20 % von derzeit 6,24 Cent auf etwa 5 Cent pro Kilowattstunde sinken. Das ist das Ergebnis eines Reformvorschlags, den das Öko-Institut im Auftrag von Agora Energiewende erarbeitet hat.

Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden würde so (inklusive der Mehrwertsteuer-Effekte) um mehr als 50 Euro jährlich entlastet.

Große gewerbliche Stromverbraucher sollen sich stärker an der Finanzierung der Energiewende beteiligen
Der Studie liegt der Vorschlag zugrunde, große gewerbliche Stromverbraucher künftig stärker als bisher an der Finanzierung der Energiewende zu beteiligen. Dass diese Großverbraucher in den vergangenen Jahren immer stärker von der Zahlung der Ökostromumlage befreit wurden, hatte im Dezember 2013 auch die EU-Kommission moniert und deshalb ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Zudem begünstigten die derzeitigen Regelungen Großunternehmen  gegenüber dem Mittelstand und führten dazu, dass Unternehmen umstrukturiert werden, um die Zahlung der Ökostromumlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) zu vermeiden, so die Autoren der Studie. Gleiches gelte für den Trend, immer mehr Kraftwerke zur Eigenproduktion von Strom aus diesem Grund zu installieren. Dadurch entstehe ein sich selbst verstärkender Effekt, der die EEG-Umlage immer weiter steigen lässt.

Privilegierte Strommenge hat sich seit 2004 mehr als verdoppelt.
Infolge der vermehrten Eigenstromproduktion sowie der Ausweitungen der Befreiungen in den vergangenen Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, habe sich daher die privilegierte Strommenge von 14 Prozent im Jahr 2004 auf aktuell rund 30 Prozent mehr als verdoppelt. Alle nicht-befreiten Stromverbraucher müssen daher eine umso höhere Ökostromumlage zahlen.
„Wir benötigen eine Reform dieser Ausnahmen. Sie muss die Wertschöpfung und Arbeitsplätze in energieintensiven und exportorientierten Industrien sichern und gleichzeitig die Fehlentwicklungen der Vergangenheit korrigieren. Zudem muss die Reform die Bedenken der EU-Kommission ausräumen, sonst stehen die Industrie-Ausnahmen insgesamt auf dem Spiel“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor des von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation getragenen Denk- und Politiklabors Agora Energiewende.

Privilegien sollen an Strompreiskompensationsregel des EU-Emissionshandels und nicht mehr am Stromverbrauch festgemacht werden
Ob Unternehmen künftig noch privilegiert werden, soll dem Vorschlag zufolge daran gekoppelt werden, ob sie aufgrund von europarechtlichen Kriterien auch unter die Strompreiskompensationsregel des EU-Emissionshandels fallen. Davon profitieren 15 zentrale Sektoren, darunter die Eisen-, Stahl-, Aluminium-, Kupfer-, Chemie- und Papierindustrie. Die bisherige Kopplung der Privilegierung an die Höhe des jährlichen Stromverbrauchs soll hingegen ersatzlos entfallen.

Reduzierte EEG-Umlage auch für begünstigte Unternehmen und Eigenverbrauch
Auch begünstigte Unternehmen sollen sich künftig zu einem kleinen Teil an der Finanzierung der Energiewende beteiligen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für sie eine EEG-Umlage von 0,5 bis 0,6 Cent pro Kilowattstunde – etwa zehn Prozent des normalen Satzes – zumutbar ist. Denn diese Großverbraucher profitieren bereits durch die aufgrund der Energiewende stark gesunkenen Großhandelspreise deutlich stärker.
Zudem soll auf den Verbrauch von selbst produziertem Strom – er ist bislang komplett von der Ökostromumlage ausgenommen – künftig eine geringe EEG-Umlage fällig werden. Stromverbrauch von diesen dezentralen Erzeugungsanlagen soll laut Konzept einen Nachlass von 3,5 Cent auf die EEG-Umlage erhalten.

Senkung der EEG-Umlage von derzeit 6,24 Cent auf etwa 5 Cent pro Kilowattstunde möglich
Im Ergebnis würden diese Regelungen die Menge des privilegierten Stromverbrauchs von derzeit 160 Terawattstunden (TWh) um rund 30 Prozent auf etwa 113 TWh jährlich senken. Umgerechnet auf die EEG-Umlage des Jahres 2014 entspräche dies einer Senkung von derzeit 6,24 Cent auf etwa 5 Cent pro Kilowattstunde.
„Der Vorschlag zielt auf einen Ausgleich der Interessen von Energie-, Industrie- und Verbraucher-Seite. Agora Energiewende stellt diesen Reformvorschlag für die anstehende EEG-Novelle im Rahmen eines offenen Wettstreits um die besten Ideen für die Energiewende zur Diskussion“, sagt Agora-Direktor Graichen.
Die Studie sowie weitergehende Informationen und Grafiken stehen zum Download bereit unter: www.agora-energiewende.de

27.01.2014 | Quelle: Agora Energiewende | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen