Interview: Irgendwann kriegen wir die Sonnensteuer

Solarthemen 424. Udo Möhrstedt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der IBC Solar AG, Solarpionier und Träger des Bundesverdienstkreuzes, hat Photovoltaik und Batterien schon vor 30 Jahren zusammen verkauft. Die netzgekoppelten PV-Speicheranlagen sieht er als Baustein der Energiewende. Um so mehr ärgert ihn, so zeigt das Solarthemen-Interview, die Art und Wiese ihrer Förderung und die politische Diskreditierung des Eigenverbrauchs.

Solarthemen: Wie viele Speicher werden Sie 2014 verkaufen?

Udo Möhrstedt: Eines kann ich ihnen sagen: Das Marktsegment wird wachsen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir dieses Jahr 1500 Systeme verkaufen.

Solarthemen: PV-Anlagen mit Speicher haben 2013 hierzulande wohl nur 1 Prozent der installierten PV-Leistung ausgemacht. Sieht das bei IBC Solar ähnlich aus?

Udo Möhrstedt: Wir haben im letzten Jahr ungefähr 1000 Speicher verkauft. Dabei sind aber auch einige größere Anlagen mit 20 bis 40 Kilowattstunden.

Solarthemen: Sind Sie zufrieden oder enttäuscht?

Udo Möhrstedt: Wir sind eher enttäuscht, denn wir hatten im letzten Jahr geplant, 2000 Speichersysteme zu verkaufen. Das haben wir trotz wachsenden Interesses auf Kundenseite nicht erreicht. Aber dazu muss man sagen, dass der damalige Umweltminister Altmaier das Förderprogramm schon im Dezember 2012 angekündigt hatte. Tatsächlich gestartet ist es erst im Mai 2013. In dieser Zeit war der Markt quasi gelähmt.

Solarthemen: Einige Anbieter sagen, wir würden unsere Batteriesysteme lieber ohne dieses Programm verkaufen.

Udo Möhrstedt: Grundsätzlich ist die Förderung eine super Geschichte. Aber: Die KfW mit ihren Kreditprogrammen ist die falsche Förderstelle für dieses Programm. Die Förderung müsste als Investitionszuschuss über das BAFA laufen. Die sind in der Lage ruckzuck innerhalb einer Woche eine Bewilligung zu schicken. Bei der KfW muss ein unheimlich komplizierter Kreditvertrag abgeschlossen werden. Dazu kommt: Die Hausbanken leiten die KfW-Kredite nicht so gerne durch. Die verdienen zu wenig daran. Die Banken geben natürlich nicht zu, dass sie keine Lust haben für 0,75 Prozent so viel Papierkram zu erledigen, sondern die raten den Leuten gleich ganz ab. Das Programm wäre bei der BAFA in Eschborn mit niedrigeren Hürden für die Kunden besser aufgehoben. Dann wäre die Nachfrage auch höher.

Solarthemen: Gelingt es Ihnen, netzgekoppelte Batteriesysteme anderswo als in Deutschland abzusetzen?

Udo Möhrstedt: Für solche netzgekoppelten Batteriesysteme haben wir noch fast keinen ausländischen Markt. Hier ist Deutschland ein Vorreiter. Anderswo verkaufen wir Batterien vor allem als Off-grid-Lösungen. Auf diesem Gebiet haben wir eine enorme Erfahrung. In den ersten 10 Jahren unserer 30-jährigen Firmengeschichte haben wir fast nur bat­teriegestützte PV-Systeme verkauft.

Solarthemen: Hätten Sie vor zwei Jahren geglaubt, dass wir mal eine Debatte um die Belastung des Eigenverbrauchs mit Abgaben bekommen würden?

Udo Möhrstedt: Nein, an eine solche Dummheit hätte ich im Leben nicht gedacht. 2009 und 2010 hat die Politik den Eigenverbrauch ja sogar noch gefördert. Die Regelung damals war ja der Treiber für uns, als wir die ersten Eigenverbrauchssysteme verkauft haben. Damit hätte man weiter machen müssen, das hätte auch die EEG-Umlage entlastet. Gegen den aktuellen Gesetzentwurf wird von Seiten des Bundesrates noch Widerstand geleistet. Womöglich können wir es nicht verhindern, dass vielleicht noch 15 bis 20 Prozent der EEG-Umlage für den Eigenverbrauch erhoben werden, damit die Politik ihr Gesicht nicht verliert.

Solarthemen: Wird die Branche dieses Thema der Eigenverbrauchsbelastungen jemals wieder los, oder kommt nach der EEG-Umlage als nächstes die Netzgebühr?

Udo Möhrstedt: Tja, die Sonnensteuer, die Steuer auf das Sonnenlicht, die kriegen wir dann irgendwann auch noch.

Solarthemen: Wird es jemals wieder finanziell unbelasteten Eigenverbrauch geben?

Udo Möhrstedt: Was man einmal in Deutschland eingeführt hat, das kriegen Sie nicht mehr weg. Aber auch mit 15 bis 20 Prozent der EEG-Umlage werden wir zu leben lernen.

Solarthemen: Wohin wird sich der Speichermarkt in Deutschland entwickeln?

Udo Möhrstedt: Ich sehe die Entwicklung etwa so kommen: Wir werden viel mehr Speicher in Privathaushalten bekommen. Die Stück­zahlen, über die wir bisher reden, sind viel zu klein. Und auch die derzeitigen Kapazitäten der Speicher – bei uns 8 Kilowattstunden im Bleispeicher oder 5 im Lithiumspeicher – sind noch zu klein. Ich gehe davon aus, dass der Trend zu größeren Speichern mit vielleicht 10 bis 15 Kilowattstunden geht – auch im Privathaus. Dann können die Hausspeicher auch für Netzdienstleistungen zur Verfügung stehen. Wenn in einer Region einmal 1000 solche stationären Speicher installiert sind, dann wird der Verteilnetzbetreiber eines Tages sagen, ich will jetzt schnell mal 1 Megawatt aus den Speichern abknapsen, um damit das Netz zu stabilisieren. Da sehe ich die Zukunft.

Solarthemen: Eigenverbrauch plus Netzdienstleistung als Geschäftsmodell. Kommt damit die Zeit, in der Sie als Solarunternehmer endlich mal ohne politische Abhängigkeiten Geschäfte machen?

Udo Möhrstedt: Dass wir bei Energie immer wieder mit der Politik zu tun haben, davon gehen Sie mal aus! Mit denen müssen Sie als Unternehmer immer in irgendeiner Form rechnen. Schauen Sie sich nur an, dass die Stromsteuer ein Teil der EEG-Umlage ist; das ist natürlich völliger Blödsinn, aber die kriegen sie da nicht mehr raus. Da wird der Finanzminister nicht mehr drauf verzichten. Ich glaube nicht, dass wir den Bereich mal politikfrei kriegen.

Solarthemen: Ihre Konsequenz daraus?

Udo Möhrstedt: Wir versuchen natürlich, die Leute stärker in Richtung größtmöglicher Unabhängigkeit zu beeinflussen. Das sind zwar erst wenige Leute, die das schon richtig begriffen haben, aber es ist ein Bazillus da. Dieser Bazillus ist virulent. Eigenverbrauch und Autonomie, Unabhängigkeit – da denken die Leute schon drüber nach, und das wird sich weiter verstärken.

Solarthemen: Aber eher, wenn die Systeme billiger wären. Warum sind sie das nicht längst? Bleibatterien werden doch in Autos zu Millionen verbaut und Lithium-Akkus sind in chinesischen Motorrollern auch ein Massenprodukt.

Udo Möhrstedt: Dazu muss ich jetzt aber ein paar Takte sagen: Die Lithiumbatterien, die in China in Motorrollern verbaut sind, die würden wir niemals einsetzen. Und auch die Bleibatterie, die im Kfz ist, hat absolut gar nichts mit der Bleibatterie zu tun, die wir in den Keller stellen. Die Bleibatterien, die wir heute in unseren SolStores einsetzen, die haben aber noch einen hohen Lohnkostenanteil. Wir wollen jetzt mit dem Batteriehersteller Moll eine hochwertige Bleibatterie entwickeln, die so hochautomatisiert produziert wird wie Starterbatterien für Autos, die aber trotzdem 10 Jahre hält und für Speicher geeignet ist. Das ist eine Herausforderung. Die haben wir noch nicht gelöst. Wir wollen so schnell wie möglich auf 11 Cent pro Kilowattstunde Speicherstrom kommen. Wenn man dann noch 12 Cent Gestehungskosten für den Solarstrom hinzunimmt, dann sind wir konkurrenzfähig mit dem Strompreis. Ich bin sicher, dass dann die Nachfrage hoch geht.

Solarthemen: Aber es gibt schon billigere Angebote auf dem Markt.

Udo Möhrstedt: Ja, die Branche arbeitet daran, die Preise zu senken. Unter den Anbietern sind leider auch einige schwarze Schafe, die Billigbatterien verkaufen. Gefährlich wäre es allerdings, wenn jetzt jemand Lithium-Elektrofahrradbatterien zusammenschustern würde und dann fackelt so ein Solarspeicher ab – das wäre für die gesamte Branche schädlich und für alle Anbieter, die schon jetzt hochwertige Speicher im Programm haben. Manche rufen deshalb jetzt nach Normung. Aber im Moment ist die Technik noch zu sehr im Fluss. Genormt wird immer zum Schluss, wenn sich irgendein System durchgesetzt hat. Bis dahin herrscht noch das Gesetz der freien Wildbahn.

Interview: Guido Bröer

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