Photovoltaik-Forschung zu multikristallinen Silizium-Wafern am Fraunhofer THM ausgezeichnet

Auf der E-MRS-Tagung 2014 in Lille wurde Toni Lehmann vom Fraunhofer THM Freiberg mit dem „E-MRS Symposium W Graduate Student Award“ ausgezeichnet. Der Forscher konnte zeigen, dass bei bestimmten Gefüge-Eigenschaften multikristalliner Siliziumwafer nur 1 % der Waferoberfläche so genannte Versetzungscluster beinhaltet. Bei multikristallinen Standardwafern beträgt der Flächenanteil mit diesen schädlichen Kristallfehlern mehr als 10 %.

Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse, in welche Richtung sich der industrielle Herstellungsprozess für multikristalline Photovoltaik-Wafer entwickeln sollte. Mit dem optimierten Siliziummaterial lassen sich Solarzellen mit noch höheren Wirkungsgraden herstellen.

Kristallfehler begrenzen den Wirkungsgrad von Solarzellen
Solarstromstrom wird heutzutage überwiegend mit Siliziumsolarzellen erzeugt. Basis der Solarzellen sind Siliziumscheiben – so genannte Wafer – die aus großen Siliziumkristallen gefertigt werden. Die Siliziumkristalle werden industriell nach dem Prinzip der gerichteten Erstarrung aus einer Siliziumschmelze hergestellt. Verfahrensbedingt kommt es dabei in den Kristallen zur Ausbildung einer multikristallinen Gefügestruktur mit unterschiedlich großen und verschieden orientierten Körnern.
Außerdem entstehen im Silizium strukturelle Kristallfehler in Form so genannter Versetzungscluster. Die Versetzungscluster senken die Ladungsträgerlebensdauer innerhalb der einzelnen Kristallkörner herab und limitieren damit den Wirkungsgrad der aus den Wafern hergestellten Solarzellen. Bislang gab es aber keinen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Versetzungscluster und den Gefüge-Eigenschaften der multikristallinen Wafer.

Orientierungshilfe für Solarzellen
Am Fraunhofer THM in Freiberg untersuchte Lehmann mit einem so genannten Korndetektor die Korngrößen in industriell hergestellten multikristallinen Siliziumwafern. Ein von dem Forscher mitentwickeltes röntgenbasiertes Messgerät, ein so genannter Laue–Scanner, erlaubte die Bestimmung der Kornorientierung im Kristallmaterial. Anschließend konnte Lehmann mit einem optischen Photolumineszenz-Scanner die Versetzungscluster auf den Waferoberflächen detektieren und deren Auftreten eins zu eins mit der Kornorientierung korrelieren.
Im Ergebnis der systematischen Untersuchungen ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Auftreten spezifischer Kornorientierungen und dem Flächenanteil der Versetzungscluster auf einem Wafer. So treten die schädlichen Versetzungscluster bevorzugt in <111>- und <112>-orientierten Kristallkörnern auf, da hier besonders viele Gleitebenen aktiviert werden können. Jedoch spielt die Größe der Körner dabei keine Rolle. Wenn die genannten Orientierungen nicht vorkommen, weisen sowohl Solar-Wafer mit kleinen Korngrößen als auch Wafer mit größeren Körnern verhältnismäßig wenige Versetzungscluster auf.
„Für diese herausragende wissenschaftliche Arbeit haben wir Herrn Lehmann vom Fraunhofer THM auf der E-MRS Frühjahrstagung, die 2.800 Teilnehmer hatte, im Symposium W ‘Kristalle für Energieerzeugung, -wandlung und -speicherung‘ mit dem E-MRS Symposium W Graduate Student Award ausgezeichnet“, erläutert Prof. Jeff Derby von der Universität Minnesota, USA, der dieses Symposium gemeinsam mit Kollegen aus Japan und Deutschland organisierte.

08.07.2014 | Quelle: Fraunhofer IISB | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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