Posse um Stromverbrauch von PV-Anlagen geht weiter

Solarthemen 431. Eine jüngst veröffentlichte Empfeh­lung der Schlichtungsstelle Energie bringt einen neuen Akzent in die juristische Debatte um den oft nicht ein­mal nachweisbaren Stromverbrauch vom Photovoltaikanlagen.

In der auf den 30. April datierten Empfehlung der von den Energieversorgern eingerichteten Schlichtungsstelle, die offenbar erst jetzt veröffentlicht wurde, geht es wieder einmal um die Frage, ob für den minimalen und teils technisch nicht nachweisbaren Stromverbrauch einer PV-Anlage bei Nacht von Seiten der örtlichen Grundversorger eine Grundgebühr abgerechnet werden darf. Nach Auffassung der von den Energieversorgern gemäß Energiewirtschaftsgesetz eingerichteten Schlichtungsstelle ist im vorliegenden Fall ein Grundversorgungsvertrag zustande gekommen. Allerdings wird den beiden Beschwerdegegnern, einerseits dem örtlichen Netzbetreiber, andererseits dem Grundversorger, der eine jährliche Grundgebühr von rund 70 Euro in Rechnung gestellt hatte, empfohlen, die Grundgebühr rückwirkend auf eine bloße Aufwandspauschale von 5 Euro pro Jahr zu reduzieren. Auf den ersten Blick scheint die Schlichtungsstelle damit ihrer früheren eigenen Empfehlung vom 21. März 2013 zu widersprechen, die von betroffenen PV-Betreibern bislang als starke Referenz gegenüber etwaigen Ansprüchen von Versorgern ins Feld geführt werden konnte. Denn damals hatte der Ombudsmann der Schlichtungsstelle, Jürgen Kipp, der für beide Empfehlungen verantwortlich zeichnet, salomonisch entschieden: Es muss kein Grundversorgungsvertrag zustande kommen, solange ein eingebauter Zweirichtungszähler keinen Verbrauch anzeigt. Bei einem großen Teil der inzwischen bundesweit wahrscheinlich in zigtausendfacher Zahl an PV-Betreiber verschickten Rechnungen und Mahnungen dürfte genau dies zutreffen. In dem Fall, der dem jüngsten Schlichtungsspruch zugrunde liegt, wurde allerdings in einem ersten Abrechnungszeitraum in den Jahren Jahre 2010 und 2011 ein Verbrauch von 14 Kilowattstunden gemessen, während im Jahr 2012 kein messbarer Strom verbraucht wurde. Durch den nachweislichen Verbrauch ist nach Meinung der Schlichtungsstelle aber auch für die Folgejahre ein Grundversorgungsvertrag zustande gekommen. Insofern schafft dieser Schlichtungsspruch eher neue Verwirrung als Klarheit. Auch die Empfehlung der Clearingstelle EEG vom Dezember 2009, für PV-Anlagen anstelle des von vielen Netzbetreibern geforderten Zweirichtungszählers einfach einen Einrichtungzähler einzubauen, schafft für die Betroffenen bislang nicht wirklich Rechtssicherheit. Ein Grundsatzurteil eines ordentlichen Gerichtes ist zu der Problematik bislang nicht bekannt. Auch Ombudsmann Kipp von der Schlichtungsstelle Energie, selbst ehemaliger Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, mahnt daher an: „Die vermutlich beste Lösung wäre sicherlich, wenn hier die Bundesnetzagentur bzw. der Gesetzgeber tätig und eine Regelung für diese Fälle treffen würde, durch die die streitgegenständliche Konstellation möglicherweise gar nicht erst entstünde. Potenziell betroffen ist von dem Problem bundesweit schätzungsweise eine siebenstellige Zahl von PV-Anlagen, die als Volleinspeisungsanlagen angeschlossen sind – und die, sofern vor dem EEG 2009 errichtet, auch nicht anders angeschlossen werden dürften. Den kumulierten Streitwert dieser juristischen Posse darf man also über 20 Jahre EEG-Einspeisung hochgerechnet durchaus auf einem Milliardenbetrag beziffern.

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