Welchen Anschub braucht die Solarthermie?

Solarthemen 432. Der Markt für die Solarwärme läuft in diesem Sommer schlechter als seit Jahren schon. Branchen­vertre­ter möchten den Hebel bei der Förderung ansetzen. Doch das Wie ist umstritten: möglichst breit oder ertragsorientiert.

In den vergangenen Monaten bewegte sich die Zahl der Förderanträge beim Bundesamt für Wirtschaft auf alarmierend niedrigem Niveau – rund 30 Prozent unter den Vorjahreswerten. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft, aus dessen Etat die Förderung bestritten wird, ist damit nicht glücklich, ist doch das Marktanreizprogramm (MAP) das zentrale Förderinstrument, um die Ziele bei der Regenerativ-Wärme zu erreichen. Bislang möchte sich das Ministerium allerdings nicht dazu äußern, ob, wann und wie eine Reform der Förderrichtlinie anstehen könnte. Es ist das altbekannte Problem: Sind die Gerüchte über eine anstehende Verbesserung der Förderbedingungen erst einmal in der Welt, halten sich die potenziellen Käufer erst recht zurück. Verbandsforderungen Für die maßgeblichen Branchenverbände BSW und BDH ist aber klar, in welche Richtung die Reise gehen sollte. Sie würden gern die in den letzten Jahren verfügten Einschränkungen der solaren Fördertatbestände wieder zurücknehmen. Der BDH möchte Trinkwassersolaranlagen im Altbau wieder bezuschusst sehen, bestätigte dessen Solarsprecher Carsten Kuhlmann gegenüber den Solarthemen. Und auch für den Neubau sähen die Verbände gern wieder eine Förderung, die mit dem EEWärme-Gesetz seinerzeit entfallen war, weil der Staat nicht fördert, was er fordert. BDH und BSW schlagen hier vor, dass in allen Fällen, in denen das Gesetz mit einer Ersatzmaßnahme, beispielsweise üppiger Dämmung, bereits erfüllt sei, eine zusätzliche Investition in Regenerativ-Energie-Anlagen wieder förderfähig sein sollte. Nicht diskutiert wird derzeit nach Solarthemen-Informationen der vor zwei Jahren auf Eis gelegte Plan, die Kollektorförderung nach den unterschiedlichen Jahreserträgen der Kollektoren zu differenzieren. Aber vom Tisch sei dieser Plan auch nicht, heißt es im Ministerium. Einige Hersteller besonders leistungsfähiger Kollektoren machen sich für diese Änderung stark. Die aktuelle Situation, dass seit Einführung der Mindestförderung im August 2012 rund 88 Prozent aller Solar-Förderanträge in den Bereich der Pauschale von 1500 Euro fallen, weil sie nicht mehr als bis 16 Quadratmeter haben, empfindet Rolf Meissner vom Röhrenkollektorhersteller Ritter als fatal: „Wir haben derzeit eine Förderung, die das Leistungsprinzip ausschließt.“ Der Kollektor als Motor Meissner verweist darauf, dass höhere solare Deckungsraten, um die es klimapolitisch gehen müsse, in unseren Breiten nur möglich seien, wenn die Kollektoren die entsprechende Leistung bringen könnten. „Der Kollektor ist nun mal für die Solaranlage was der Motor für das Auto ist. Wenn der keine Leistung bringt, kann der Wagen nicht schnell fahren“, sagt Meissner. Wie sehr der Ertrag einer Solarwärmeanlage von der Kollektorleistung abhängt, zeigte jüngst Prüfingenieur Stephan Fischer vom Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen (TZS) in Stuttgart (siehe Grafik Seite 9). Bezogen auf die Bruttofläche bringen ein CPC-Röhrenkollektor mit Plasmabeschichtung von Ritter, ebenso ein Vakuum-Flachkollektor der Firma TVP, bei einer mittleren Fluidtemperatur von 50 Grad Celsius rund 50 Prozent Mehrertrag gegenüber einem hochselektiv be­schichteten Standard-Flachkollektor. Der Effekt nimmt zu, je höher die Arbeitstemperatur der Anlage, je ungünstiger die klimatischen Bedingungen am Standort und je weiter die Abweichung von der optimalen Südausrichtung ist. Bei einer mittleren Arbeitstemperatur von 75 Grad, wie sie beispielsweise in Wärmenetzen und für Prozesswärmeanwendungen gefordert sein kann, bringen die Top-Kollektoren bezogen auf die Bruttofläche bereits den doppelten Jahresertrag wie gute Standard-Flachkollektoren. Auch Fischers Kollege, der Leiter des TZS, Harald Drück betont daher: „Nur mit guten Kollektoren erreicht man hohe solare Deckungsraten“. Er hat sich deshalb seinerzeit als wissenschaftlicher Berater für das Umweltministerium zusammen mit anderen klar für eine Umstellung des MAP auf ertragsabhängige Förderung ausgesprochen. „Das schafft Transparenz, die zu Wettbewerb führt“, argumentiert er. Die Orientierung am Kollektorertrag könne ein praktikabler erster Schritt sein. Perspektivisch würde er in einem späteren Schritt bei Anlagen-Paketen sogar den Anlagenertrag fördern. Dies solle man dann allerdings mit dem neuen europäischen Energy-Label synchronisieren, das ab dem kommenden Jahr für jede Heizungsanlage vergeben wird. Eine allzu differenzierte Förderung, bei der es beispielsweise pro Kilowattstunde Kollektorjahresertrag einen bestimmten Betrag gäbe, würde Gerhard Schallenberg, der für erneuerbare Energien verantwortliche Unterabteilungsleiter des BAFA, eher vermeiden, deutet er im Gespräch mit den Solarthemen an. Allerdings bestätigt er, dass das BAFA-Team sich nach anfänglicher Skepsis inzwischen durchaus einen praktikablen Weg vorstellen könne, wie man ein ertragsabhängiges Element in die Förderpraxis übertragen könne. Wenig Begeisterung zeigt dafür BDH-Experte Carsten Kuhlmann: „Die technischen Unterschiede zwischen den Kollektoren, die im Moment am Markt relevant sind, sind nicht sehr groß.“ Die Verbandsposition zur Idee der ertragsabhängigen Förderung sei deshalb: „Wir sehen den Sinn nicht ein und deshalb sind wir ablehnend. Für unsere Marktpartner, die Handwerker, gibt es ein gut kommunizierbares Fördersystem, das man deshalb nicht ändern sollte.“ Transparenz über die Erträge Der Sprecher der Arbeitsgruppe Solarthermie im BSW, Matthias Reitzenstein, ist da weniger besorgt. Das Thema stehe zwar im Moment nicht ganz oben auf der Agenda, aber es sei Konsens in der Gruppe, dass mehr Transparenz über die Erträge ein wichtiges Thema für die Solarthermie sei: „Uns muss klar sein, dass es in neuen Geschäftsfeldern wie der solaren Prozesswärme ohne nicht gehen wird.“ Auch die vom BDH angeregte Ausweitung der Solarförderung auf einfache Trinkwasseranlagen findet nicht bei allen Solarthermikern Zuspruch. Besonders engagiert äußert sich Harald Drück: „Gerade im Gebäudebestand bekomme ich mit einer eizungsunterstützenden Solaranlage sehr gute Erträge. Jede geförderte Trinkwasseranlage ist in meinen Augen eine verhinderte Kombi-Anlage.“ Autor: Guido Bröer

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