Solare Prozesswärme: Der Fundus an Erfahrung wächst

  Solarthemen 446. Die 50-prozentige Förderung für solare Prozesswärmeanlagen, die es seit August 2012 gibt, hat in diesem neuen Marktsegment zwar noch keinen Boom ausgelöst. Aber neben der Vielfalt der Anwendungen wächst inzwischen auch die Größe der einzelnen Projekte..

Rund 200 Anträge sind beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis einschließlich vergangener Woche eingegangen, seit die Förderung der solaren Prozesswärme im August 2012 auf 50 Prozent der Investitionskosten angehoben wurde. Rund 100 dieser Anlagen hat das Amt seitdem gefördert. Ein Dutzend Anträge wurde abgelehnt, und 15 wurden von den Antragstellern storniert. Alle anderen befinden sich im Antragsverfahren oder stehen mehr oder weniger kurz vor der Realisierung. Hinzu kamen einzelne Anlagen, die sich für die Förderung der bundeseigenen KfW-Bank entschieden haben, wo es den Zuschuss in gleicher Höhe gibt, aber stets gekoppelt an einen KfW-Kredit. Drei wesentliche Änderungen hat die neue Richtlinie zum Marktanreizprogramm am 1. April 2015 für die Prozesswärme gebracht. Neu ist zum Ersten, dass nun auch Großunternehmen antragsberechtigt sind, wovon sich das fördernde Bundeswirtschaftsministerium gerade beim Thema solare Prozesswärme einen Schub verspricht. Im Gegenzug werden zweitens die Förderungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit bis zu 200 Mitarbeitern und 50 Millionen Euro Umsatz um 10 Prozent angehoben. Anlagenbetreiber, die davon profitieren möchten, müssen sich allerdings für einen KfW-Kredit mit Tilgungszuschuss entscheiden, da es den KMU-Bonus beim BAFA nicht gibt. Drittens ist die Grenze von 1000 Quadratmetern, bis zu der das BAFA bislang nur fördern durfte, aus der Richtlinie gestrichen worden. Laut Bastian Schmitt von der Universität Kassel, der BAFA und KfW in Sachen Prozesswärme berät, gibt es daraufhin auch bereits erste Voranfragen für Anlagen mit mehr als 1000 Quadratmetern. Darunter soll laut BAFA eine Aqua-Kultur mit 2000 Quadratmetern Kollektorfläche sein. 960-m2-Kollektor für Gemüse Die vorerst größte Prozesswärme-Solaranlage in Deutschland entsteht derzeit auf dem Gelände des Demeter-Gemüsebaubetriebs von Thomas Kessler in Singen-Bohlingen am Bodensee. Mit 960 Quadratmetern an Kollektoren des Vorarlberger Produzenten Winkler Solar möchte Kessler Brennstoff bei der Beheizung seiner Gewächshäuser einsparen und die Laufzeit des 400-kW-Holzkessels im Sommer begrenzen. Denn auch in der warmen Jahreszeit, wenn hohe Solarerträge zu erwarten sind, würden moderne Gewächshäuser noch beheizt, berichtet Kollektorlieferant Martin Winkler. Auch die neueste Anlage des Luftkollektorspezialisten Grammer Solar ist ein Beispiel dafür, dass die in Deutschland geförderten Prozesswärme-Anlagen langsam größer werden. Hatte das Unternehmen schon in den vergangenen Jahren einige kleinere Trocknungsanlagen für Holzhackschnitzel mit seinen Kollektoren ausgestattet, so werden auf Dach und Fassaden des gerade gebauten Trock­- nungswerks der HEFD GbR in Gras-Ellenbach im Odenwald gleich 507 Quadratmeter installiert. Der Luftvolumenstrom, der über eine perforierte Betonbodenplatte von unten in Lagerboxen eingeblasen wird, schwankt zwischen 9000 und 20000 Kubikmeter pro Stunde. Als Novum kann die Warmluft auch in spezielle Abrollcontainer eingeblasen werden, was die Logistik erleichtern soll. Bislang sind solche Großanlagen aber eher Ausnahmen. Bei der BAFA zur Förderung beantragte Prozesswärmekollektoren haben überwiegend eine Bruttofläche zwischen 20 und 40 Quadratmetern pro Anlage; der Schnitt liegt bei knapp 60 Quadratmetern. Ein Drittel dieser Anlagen beheizt Ferkelzuchtbetriebe. Ein weiteres Viertel ersetzt fossile Energien in Autowaschstraßen. Aber die Anlagen würden tatsächlich im Durchschnitt größer, berichtet Schmitt. Es seien im übrigen nicht etwa Kollektorhersteller, die sich durch eifrige Akquise im Projektgeschäft hervortäten. „Eher sind es einzelne Planungs- und Handwerksbetriebe, die ein Konzept entwickelt haben und die damit gezielt Projekte akquirieren.“ Text: Guido Bröer Foto: Winkler Solar GmbH

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