ETH Zürich untersucht Schwarmverhalten von KWK-Anlagen für die Energiewende

Eine zentrale Herausforderung der Energiewende ist es, die schwankende Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen auszugleichen.

 
Eine Machbarkeitsstudie der ETH Zürich zeigt für drei Schweizer Kantone auf, wie ein Verbund von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) kurzfristige Engpässe überbrücken und Gebäude mit Strom und Wärme versorgen könnte.

Nachhaltiger Systemansatz für die Schweiz
Die Schweiz will ihren Elektrizitätsbedarf künftig vermehrt mit Solarenergie decken. Da Solarstrom aber fluktuiert, benötigen Netzbetreiber auf Abruf verfügbare Produktionsleistung, um kurzfristig auftretende Versorgungslücken zu schließen. Dafür wurden bislang vor allem neue Gaskombikraftwerke und verschiedene Formen der Energiespeicherung diskutiert.
Ein interdisziplinäres Team der ETH Zürich und des Paul Scherrer Instituts PSI hat einen nachhaltigen Systemansatz für die Schweiz ausgearbeitet: Künftig könnte eine akute Unterversorgung im Stromnetz mit einem Verbund biogen befeuerter KWK kompensiert werden, berichtet Dr. Gil Georges, Gruppenleiter Energiesysteme am Laboratorium für Aero-Thermochemie und Verbrennungssysteme an der ETH Zürich. Im Projekt „CHPswarm“ untersuchten die Wissenschaftler die technische Machbarkeit sowie die Wirtschaftlichkeit eines solchen KWK-Schwarms für drei Schweizer Kantone.

Strom erzeugen und gleichzeitig heizen
KWK-Anlagen bestehen aus einem Konverter und einem Generator und produzieren – mit Gas befeuert – gleichzeitig Wärme und Strom. Mit der Wärme lassen sich Gebäude oder industrielle Prozesse beheizen. Im Gegensatz zur klassischen Stromproduktion mittels thermischer Kraftwerke, welche die Abwärme an die Umwelt abgeben, wird bei KWK der Brennstoff praktisch zu 100 Prozent genutzt. KWK-Anlagen können rasch zu- und abgeschaltet werden und decken ein breites Leistungsspektrum ab, was sie geeignet macht, das Stromnetz zu stabilisieren.

CHPswarm setzt auf den Verbund von dezentralen KWK-Anlagen
Das Besondere an „CHPswarm“ ist der systemische Ansatz mit Fokus auf den Verbund: An Stelle einer Großanlage könnte die erforderliche Produktionsleistung auf einen Schwarm kleinerer Maschinen verteilt werden. „Das schafft Skalierbarkeit, indem sich der Verbund flexibel erweitern oder verkleinern lässt. Zudem speisen die dezentralen KWK-Anlagen den produzierten Strom wie die fluktuierende Photovoltaik auf der unteren Netzebene ein, dem Gebäudeanschluss“, erklären die Forscher.

Potenzial für drei Schweizer Regionen analysiert
Sie prüften das Potenzial und die Praxistauglichkeit von KWK-Schwärmen anhand der Kantone Luzern, Thurgau und Basel-Stadt. Die Fallstudien zeigen, dass sich mit den Biogaspotenzialen der Kantone Luzern und Thurgau jeweils 15 bis 20 Prozent der Heizenergie durch KWK ersetzen ließen. Der damit zusätzlich produzierte Strom entspricht 10 bis 16 Prozent des kantonalen Elektrizitätsbedarfs. Im Umfeld von Basel-Stadt fiel das Potenzial von KWK-Schwärmen aufgrund der wenigen land- und forstwirtschaftlichen Biomasselieferanten gering aus. Es könnte aber in der Praxis durch Biogas-Importe erhöht werden, so die Wissenschaftler.
Insgesamt zeigt die Potenzialanalyse, dass biogene KWK-Anlagen ähnlich viel Strom produzieren könnten wie die Photovoltaik im Jahr 2050 gemäß Erwartungen des Bundesamts für Energie BFE. Hochgerechnet auf die gesamte Schweiz entspräche das 10 Prozent des gesamten Elektrizitätsbedarfs. „Mengenmäßig könnten KWK-Schwärme die Photovoltaik also durchaus kompensieren; Sie reichen aber alleine bei weitem nicht aus, um die gesamte Strom-Nachfrage zu decken“, resümiert Georges.

20.04.2016 | Quelle: Dr. Gil Georges, ETH Zürich; Bild: Fotolia/Eisenhans | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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