Solare Geschäftsmodelle: Von Solar-Communities, Clouds und Flatrates

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Solarthemen 478. Einige Unternehmen sind dabei, im Photovoltaiksektor nicht mehr allein Geräte herzustellen und anzubieten. Sie versuchen, Kunden mit einem Stromprodukt stärker an sich zu binden und gleichzeitig das Bild einer Art Solargemeinschaft zu vermitteln. Sie vermarkten diese Produkte unter unterschiedlichen Bezeichnungen wie Solar-Community und Solar-Cloud oder mit dem Versprechen, eine Flatrate für Strom zu bieten.

Bei der Deutschen Energieversorgung sind es gleich mehrere Produkte, mit denen der Hersteller von Stromspeichern zum Stromlieferanten wird: SENEC.Classic, SENEC.Vario, SENEC.Zero und SENEC.Cloud. Vor allem mit der Cloud verbindet die Deutsche Energieversorgung ein großes Versprechen: „SENEC.Cloud ermöglicht Ihnen, Ihren überschüssigen Strom nicht nur kurzfristig zu speichern, sondern im Winter, bei schlechtem Wetter oder nachts zu nutzen.“ Den Tarif gibt es in Kombination mit einem SENEC-Speicher, der allerdings allein nicht in der Lage ist, den selbst erzeugten Strom mittel- und langfristig zu speichern. Hier soll nun die Cloud ins Spiel kommen. Den Begriff kennen die Kunden aus dem Internet, wenn sie auf fernen Datenspeichern ihre Bilder ablegen und mit anderen gemeinsam an Dokumenten arbeiten. Vision von Gemeinschaft Die sonnen GmbH wirbt mit einem ähnlichen Bild: der sonnenCommunity. Dazu erklärt das Unternehmen: „Die sonnenCommunity verbindet Menschen, die ihren Strom selbst produzieren, zu einer großen Gemeinschaft. Aus einzelnen Erzeugern wird ein Netzwerk. Wer seinen Strom gerade selbst nicht braucht oder speichert, schiebt ihn in einen virtuellen Strompool. Dort können ihn diejenigen Mitglieder beziehen, die gerade Strom benötigen.“ Übersteige der Energiebedarfs eines Mitglieds „im regnerischen Flensburg seine eigene Reserve“, so ein Werbefilm, „hilft die Community automatisch mit Energie aus dem sonnigen München aus.“ Beide Unternehmen vermitteln die positiv wirkende Vision einer vernetzen dezentralen Energieversorgung. In der heutigen Realität können sie bei den vorhandenen Rahmenbedingungen im Strommarkt aber den tatsächlichen Tausch von Strom nicht praktizieren. Regnet es tatsächlich mal in Flensburg und ist auch der Batteriespeicher des Kunden leer, so kauft die sonnen GmbH wie jeder andere Händler den fehlenden Strom auf dem Strommarkt ein. Das sei kein Ökostrom, erklärt Matthias Bloch, Pressesprecher der sonnen GmbH: „Das würde für unser Konzept keinen Sinn machen.“ Das Unternehmen erreiche aber einen bilanziellen und möglichst zeitgleichen Ausgleich des von den Kunden benötigten Stroms und der Einspeisung von andernorts nicht benötigtem Solarstrom. Hinzu kämen andere Erzeuger, wie zum Beispiel kleine Biogasanlagen, die die sonnen GmbH unter Vertrag habe. Das Unternehmen vermarkte diesen Strom allerdings außerhalb der Community, weil eine direkte Durchleitung zu aufwändig und zu teuer wäre. Der günstige Preis sei sonst auch nicht zu halten, sagt Bloch. Er liege bei 23 Cent/kWh. Und im ersten Jahr erhalte ein Kunde sogar bis zu 1000 Kilowattstunden geschenkt. Die sonnen GmbH wirbt mit „0 Euro Stromkosten“: 80 Prozent des Stroms produziere eine Musterfamilie selbst, den Rest bzw. bis zu 1000 kWh erhalte sie im ersten Jahr geschenkt. Jedoch muss sie dafür Mitglied in der sonnenCommunity werden. Das kostet sie 19,99 Euro im Monat. Grund- und Messgebühren für den Stromlieferanten sonnen GmbH sind darin enthalten. Preise sind nicht niedrig Bei der vom Unternehmen angeführten Musterfamilie mit 5000 kWh Jahresverbrauch und einer Eigenerzeugung bzw. einem Eigenverbrauch von 4000 kWh ergibt sich im ersten Jahr folgende Rechnung (ohne Investitionskosten für die PV-Anlage und den Speicher): Sie zahlt 239,88 Euro für 1000 kWh. Ab dem zweiten Jahr kassiert die sonnen GmbH für jede gelieferte Kilowattstunde 23 Cent. Die Stromrechnung der Familie inklusive Mitgliedsgebühr steigt auf 469,88 Cent. Das sind umgerechnet rund 47 Cent je Kilowattstunde. Verknüpft ist der Community-Beitrag mit Serviceleistungen, insbesondere einer Fernwartung des Speichers. Bloch erklärt, die sonnen GmbH wolle mit dem Stromhandel keinen Gewinn machen. Es gehe ihr um den Verkauf von Batteriesystemen. Rund 2500 Kunden hat die sonnen GmbH nach Aussage von Bloch für die Community bislang seit Ende November 2015 gewinnen können. Der Anteil der so an das Unternehmen besser gebundenen Kunden ist gemessen an den verkauften Speichern sehr hoch. Bei der Deutschen Energieversorgung hätten sich seit der Intersolar im Juni schon 500 Kunden für die SENEC.Cloud entschieden, sagt deren Pressesprecherin Claudia Mähler. Auf diese Zahl sei das Angebot auch zunächst begrenzt gewesen. Ab September solle die Cloud dann allen offen stehen. Dabei können sich die Kunden zwischen vier Paketen je nach eigenem Stromverbrauch entscheiden. So umfasst das Paket M einen Verbrauch von 3201 bis 4500 kWh. Die Mindestgröße der PV-Anlage muss hier bei 5,5 kW und die des Speichers bei 5 kWh liegen. Die Einspeisevergütung wird bei diesem Modell an die Deutsche Energieversorgung abgetreten; übersteigt die Produktion den Verbrauch, so erhält der Kunde die Vergütung gutgeschrieben. Die Deutsche Energieversorgung deckt sich wie die sonnen GmbH auf dem Strommarkt ein, um fehlenden Strom zu liefern. Dafür erhält sie beim Modell M einen monatlichen Beitrag von 19,95 Euro plus die Einspeisevergütung für den Solarstrom – das Modell lohnt sich für das Unternehmen also vor allem bei älteren Anlagen mit einer hohen Einspeisevergütung. Kunden, die von der Deutschen Energieversorgung im Jahr 1000 Kilowattstunden beziehen, zahlen dafür über die Monatsgebühr einen Betrag von 239,40 Euro. Hinzu kommt die Abtretung der Einspeisevergütung für 1000 kWh. Die liegt bei neuen Anlagen derzeit bei 12,31 Cent. Umgerechnet würde die Kilowattstunde so diesen Kunden also rund 36,3 Cent kosten – eingeschlossen wären allerdings Serviceleistungen, wie die Fernwartung und eine verlängerte Garantiezeit. Attraktivität für Kunden Die neuen Stromangebote der Speicherhersteller scheinen für einige Kunden attrakiv zu sein, obwohl sie mit Blick auf die Kilowattstunde gegenüber herkömmlichen Angeboten einen etwas höheren Preis zahlen. Bei einem Verbrauch von 1000 kWh gibt es eine Reihe von klassischen Stromangeboten unter 33 Cent/kWh (einschließlich der Grundgebühr). Die alternativen Communities und Clouds bieten als Mehrwert neben einem erweiterten Service für den Speicher aber womöglich auch das gute Gefühl, an einer veränderten Energieversorgungsstruktur mitzuwirken. Neben den beiden Konkurrenten auf dem Speichermarkt bewegen sich weitere Anbieter an der Schnittstelle von Solarprodukt und Stromangebot. Bei der Beegy GmbH, einem Joint Venture u.a. von der MVV Energie AG und der BayWa AG, gibt es ebenfalls eine Community. Angeboten wird eine ­„Flatrate“ für Strom. Die Community ist kostenlos, wenn die Flatrate gebucht und Solarstromanlage sowie Speicher bei Beegy gekauft werden. Die Flatrate inklusive Garantieerweiterung auf 20 Jahre samt Austausch defekter Komponenten kostet hier bei 5-kW-PV-Anlage plus 6,4-kWh-Speicher im Jahr 600 Euro plus die Abtretung der Einspeisevergütung. Umgerechnet auf 2000 kWh wären das für den Strombezug 42,6 Cent/kWh. Sollte der Strombezug aber steigen, zum Beispiel bei Anschaffung eines Elektrofahrzeugs, so werde der Preis für die Flatrate angehoben, sagt Henrik Schapp, Pressesprecher von Beegy. Die bisherige Resonanz für das Produkt sei sehr gut. Neue Strommärkte erproben Auch bei Beegy gibt es keinen direkten Austausch zwischen den Erzeugern. Der aktuell bei einem Kunden benötigte Strom wird zugekauft. Allerdings sammeln einige der Unternehmen bereits Erfahrungen, wie sie die vereinigten Speicherkapazitäten im Sektor Regelenergie vermarkten können. Lichtblick hat dafür den schon von anderen übernommenen Begriff Schwarm­strom gewählt. Auch die Caterva GmbH hat dies beim SWARM-Projekt gemeinsam mit der N-ERGIE AG bereits erprobt: Über verteilte 20-kW-Speicher mit je 21 kWh Kapazität wird bereits Regelleistung angeboten. Die Kunden, die den Speicher mieten, erhalten nach Aussage von Caterva „Freistrom“ über 20 Jahre – begrenzt auf den Ertrag ihrer Solarstromanlage. Dieses Modell bietet Caterva nach Aussage von Geschäftsführer Markus Brehler Energieversorgungsunternehmen als neues Geschäftsfeld an. Und auch die Fenecon GmbH, die Speicher des chinesischen Unternehmens BYD vertreibt, hat für ihre Kunden ein eigenes Stromprodukt im Portfolio. Sie realisiert ihren „Energy Pool“ gemeinsam mit der schweizerischen Ampard AG, die für die Vernetzung verantwortlich ist, und der Jura Strom GmbH, die sich um den Stromhandel kümmert. Fenecon konzentriert sich auf Produkte und Vermarktung Text: Andreas Witt Foto: fototrips/fotolia.de

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