Forscher der TUM entdecken flexibles Halbleitermaterial für Elektronik, Photovoltaik und Photokatalyse

Die Doppelhelix hat als stabile und flexible Struktur des Erbguts das Leben auf der Erde erst möglich gemacht. Nun hat ein Team der Technischen Universität München (TUM) eine Doppelhelix-Struktur auch in einem anorganischen Material entdeckt.

Das Material aus den Elementen Zinn (Sn), Iod (I) und Phosphor (P) mit der einfachen Zusammensetzung SnIP ist ein Halbleiter, der außergewöhnliche optische und elektronische Eigenschaften besitzt und mechanisch hoch flexibel ist. Die Halbleiter-Eigenschaften von SnIP versprechen viele Einsatzmöglichkeiten von der Energiewandlung in Solarzellen (Photovoltaik) oder thermoelektrischen Elementen über Photokatalysatoren und Sensoren bis hin zu optoelektronischen Bauelementen.
Flexibel und stabil gleichzeitig – das ist einer der Gründe, warum die Natur die Erbsubstanz in Form einer Doppelhelix anlegt. Wissenschaftler der TU München haben nun auch eine anorganische Substanz entdeckt, deren Elemente die Form einer Doppelhelix bilden.

Anders als alle bisherigen anorganischen Halbleiter-Materialien ist SnIP jedoch hoch flexibel. Die teilweise zentimeterlangen Fasern lassen sich beliebig biegen, ohne zu brechen.
„Diese Eigenschaft von SnIP ist eindeutig der Doppelhelix zuzuschreiben“, sagt Daniela Pfister, Entdeckerin des Materials und Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Tom Nilges, Professor für Synthese und Charakterisierung innovativer Materialien an der TU München.
„SnIP lässt sich einfach im Gramm-Maßstab herstellen und ist anders als Galliumarsenid, das ähnliche elektronische Eigenschaften hat, weitaus weniger giftig.“

Unzählige Anwendungsmöglichkeiten
Die Halbleiter-Eigenschaften von SnIP versprechen viele Einsatzmöglichkeiten von der Photovoltaik über thermoelektrische Elemente und Photokatalysatoren und Sensoren bis hin zu optoelektronischen Bauelementen. Durch Dotierung mit anderen Elementen sollten sich die elektronischen Eigenschaften des neuen Materials in weiten Bereichen einstellen lassen.

Aufgrund der Anordnung der Atome in der Form einer Doppelhelix, können die bis zu einem Zentimeter langen Fasern leicht in dünnere Stränge aufgeteilt werden. Die bisher dünnsten Fasern bestehen aus nur noch fünf Doppelhelix-Strängen und sind nur wenige Nanometer dick. Das macht auch Anwendungen in der Nanoelektronik denkbar.

Deutlich bessere Stabilität im Vergleich mit organischen Solarzellen erwartet
„Vor allem die Kombination aus interessanten Halbleiter-Eigenschaften und mechanischer Flexibilität macht uns Hoffnung auf viele Einsatzmöglichkeiten“, sagt Tom Nilges.
„Im Vergleich mit organischen Solarzellen erhoffen wir uns von anorganischen Materialien auch eine deutlich bessere Stabilität. So ist SnIP beispielsweise bis etwa 500°C stabil.“

Am Anfang der Entwicklung
„Ähnlich wie beim Kohlenstoff, wo es das dreidimensional (3D) aufgebaute Material Diamant, das 2D-Material Graphen und die Nanotubes als 1D-Material gibt“, erläutert Professor Nilges, „haben wir hier neben dem 3D-Halbleitermaterial Silizium und dem Phosphoren als 2D-Material nun erstmals ein eindimensionales Material – mit mindestens ebenso spannenden Perspektiven wie sie Kohlenstoff-Nanoröhrchen besitzen.“
Wie Kohlenstoff-Nanoröhrchen und polymerbasierte Druckfarben können die SnIP-Doppelhelices in Lösungsmitteln wie Toluol suspendiert werden. Damit ließen sich einfach und kostengünstig dünne Schichten produzieren. „Wir stehen hier aber erst ganz am Anfang der Materialentwicklung“, sagt Daniela Pfister. „Jeder einzelne Verarbeitungsschritt muss erst noch entwickelt werden.“

13.09.2016 | Quelle: Technische Universität München; Professur für Synthese und Charakterisierung innovativer Materialien | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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