Neue Studie: Anbieter führen Verbraucher hinsichtlich der Stromherkunft in die Irre

Wenn es um Angaben zur Stromherkunft geht, werden deutsche Verbraucher zunehmend in die Irre geführt. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung des Energie- und IT-Unternehmens LichtBlick bei 35 großen Stromanbietern hervor.

Demnach weisen die Anbieter deutlich weniger Kohle- und Atomstrom in ihrem Strommix aus, als sie tatsächlich einkaufen. Die Versorger beschafften bis zu 42 Prozent mehr Energie aus konventionellen Quellen, als sie offiziell angeben, betont LichtBlick.
Am 21.11.2016 findet im Bundeswirtschaftsministerium eine Anhörung zu den Angaben auf Stromprodukten statt.
„Das Wirtschaftsministerium nimmt diese Verbrauchertäuschung bisher billigend in Kauf. Wir brauchen eine rasche Reform der Kennzeichnung, damit der Etikettenschwindel ein Ende findet“, sagt Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft von LichtBlick.
„Auch für Stromprodukte muss gelten: Es darf nur das draufstehen, was auch drin ist. Nur so können Verbraucher Tarife und Anbieter klar unterscheiden.“

ENBW, E.ON, Innogy an der Spitze der Negativ-Liste
Aus der Übersicht geht hervor, dass der ENBW-Konzern über 42 Prozent mehr Strom aus Atom, Kohle und andere fossilen Quellen für seine Kunden einkauft, als im Strommix angegeben.
Auch bei E.ON (plus 38 Prozent), Innogy (plus 38 Prozent), Vattenfall (plus 37 Prozent) und EWE (plus 31 Prozent) fällt der Anteil konventioneller Energie höher aus, als für die Verbraucher ersichtlich.
Ebenso bei den Stadtwerken – zum Beispiel Düsseldorf (plus 40 Prozent), Flensburg (plus 39 Prozent), Erfurt (plus 38 Prozent), DREWAG (plus 35 Prozent), Leipzig (plus 35 Prozent), Mainova (plus 29 Prozent) und München (plus 29 Prozent).
Zwei der 35 untersuchten Anbieter sind ihrer gesetzlichen Pflicht, ab 01.11.2016 ihre Stromkennzeichnung für 2015 vorzulegen, bisher nicht nachgekommen.

Anbieter berufen sich auf die gesetzlichen Vorgaben
Die Anbieter können sich bei der irreführenden Stromkennzeichnung auf die gesetzlichen Vorgaben berufen: „Der Gesetzgeber verpflichtet Versorger, einen EEG-Stromanteil von bis zu 46 Prozent auszuweisen – obwohl die Unternehmen den subventionierten EEG-Strom nicht für ihre Kunden beschaffen“, so LichtBlick. Folge sei, dass der Anteil von Atom- und Kohlestrom in der Kennzeichnung zu niedrig angegeben werde.
„Für den Kunden sehen viele Stromtarife umweltfreundlicher aus, als sie tatsächlich sind“, heißt es in der Pressemitteilung von LichtBlick. Und ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten des Hamburg Instituts stellt fest: „Die tatsächliche Beschaffungspolitik eines Stromanbieters wird von der Stromkennzeichnung immer weniger abgebildet.“

Reformvorschlag zur Kennzeichnung
Die Gutachter haben deshalb einen Reformvorschlag entwickelt. Im Kern sollen künftig bei der Kennzeichnung nur noch die Energiemengen ausgewiesen werden, die ein Anbieter tatsächlich für seine Kunden produziert oder einkauft.
Da Verbraucher mit der Zahlung der EEG-Umlage den Ausbau von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen finanzieren, sollen sie künftig auch in verständlicher Weise auf ihren Energiewende-Beitrag hingewiesen werden.
„Die EEG-Umlage hat jedoch keinen Einfluss auf den Stromeinkauf der Versorger. Deshalb darf der EEG-Strom künftig nicht mehr in der Stromkennzeichnung der Energieanbieter auftauchen“, betont Lücking.

21.11.2016 | Quelle: LichtBlick SE; Bild: Avda; commons.wikimedia.org | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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