Bürgerwind räumt bei Ausschreibungen ab

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Solarthemen+plus. Nach der ersten Ausschreibung für Offshore-Wind­ener­gie endete jetzt auch die erste EEG-Aukt­ion für künftige Windprojekte an Land mit einer Überraschung. Ein Großteil der Zuschläge geht an Bürgerener­gie­pro­jekte.

Für die ausgeschriebenen 800 Megawatt waren bei der Bundesnetzagentur Gebote im Umfang von 2137 Megawatt eingereicht worden. Nach Auswertung aller Angebote gab die Bonner Behörde für 70 Projekte grünes Licht. Gleich 65 davon gelten nach den EEG-Regeln als Bürgerenergieprojekte. Interessant ist auch eine weitere Zahl: Der durchschnittliche Zuschlagswert der erfolgreichen Gebote lag bei 5,71 Cent pro Kilowattstunde, zulässig war ein maximaler Gebotspreis von 7 Cent. Preisniveau keine Überraschung Nicht so sehr über das erzielte Preisniveau zeigte sich Hermann Albers überrascht: „Bei Fortschreibungen der bisherigen Vergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz liegt der erzielte Durchschnittspreis in etwa auf dem Niveau, das für 2019 zu erwarten gewesen wäre.“ Den Siegeszug von Bürgerenergie-Projekten hatte der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE) allerdings nicht erwartet: „Das ist ein erfreuliches Signal. Da nach unseren Informationen rund 70 Prozent aller Gebote in dieser ersten Runde auf die Vorhaben von Bürgerenergiegruppen entfallen sind, ist die hohe Erfolgsquote dann schon eher zu erklären.“ Der Anfang Mai wiedergewählte BWE-Präsident will erst noch die zwei weiteren in diesem Jahr anstehenden Ausschreibungsrunden für die Windkraft an Land abwarten, „um fundierter darüber zu urteilen, wie es um die Chancen von Bürgerwindprojekten unter dem Ausschreibungsregime wirklich bestellt ist.“ Dass es bei den nächsten Ausschreibungsrunden eine ähnlich hohe Zuschlagsquote für Bürgernergieprojekte gibt, hält Florian Valentin für unwahrscheinlich. Der Energiejurist von der Berliner Sozietät von Bredow Valentin Herz hat in den vergangenen Wochen mehrere Bürgergruppen für die Auktion beraten: „Viele Initiativen haben sich bewusst an der Ausschreibung beteiligt, weil sie nach der im vergangenen Jahr beschlossenen EEG-Novelle die notwendige Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für ihren geplanten Windpark noch nachreichen können.“ Dagegen hätten die bekannten Projektentwickler und viele Energieversorger alles daran gesetzt, die Genehmigung für neue Windparks noch bis Ende vergangenen Jahres zu bekommen, um so unter die Vergütungsstruktur des „alten“ EEG zu fallen. „Bis zum Stichtag Mitte April gab es noch gar nicht so viele neue Genehmigungen, was sich positiv auf die Chancen der Bürgergruppen ausgewirkt hat, einen Zuschlag erhalten zu können.“ Der Jurist erklärt, es handele sich bei den Bürgergruppen nicht um Scheinfirmen, hinter denen bekannte Entwicklungsbüros stünden. „Dafür hat der Gesetzgeber im EEG-Änderungsgesetz kurz vor Weihnachten letzten Jahres zu hohe Hürden für Bürger­energie-Gruppen in das Gesetz eingebaut“, so Valentin. Er verweist auf die professionelle Arbeit der Bürgergruppen. Aus ihrem Kreis stammt auch das mit 4,2 Cent/kWh günstigste Gebot bei der Auktion. Es wird jedoch nicht wirksam, weil das Gesetz für Bürgerenergiegesellschaften eine Sonderregel vorsieht, wonach sie grundsätzlich den höchsten bezuschlagten Preis – bei dieser Auktion 5,78 Cent/kWh – erhalten. Bis zu 54 Monate haben die bei der Auktion erfolgreichen Bürgerenergiegruppen nun Zeit, um ihre Windparks ans Netz zu bringen. „Deshalb ist das Neubauvolumen im wichtigen deutschen Markt für 2019 extrem schwer absehbar“, bemerkt Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, in einer ersten Reaktion, „für die Hersteller aber auch für die zügige Umsetzung der Energiewende ist aber eine hohe Realisierungsquote sowie eine zeitnahe Umsetzung der Projekte wichtig.“ Als heimlicher Sieger der ersten Ausschreibung für die Onshorewindkraft kann sich Rainer Baake fühlen, der für Energiefragen zuständige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, der die Auktionen gegen den Widerstand der Windbranche durchgesetzt hat. Baake sagt: „Das hohe Wettbewerbsniveau, die daraus resultierenden niedrigen Zuschlagpreise und die hohe Bürgerbeteiligung zeigen, dass der von uns eingeleitete Paradigmenwechsel von staatlich festgesetzten Fördersätzen hin zu wettbewerblich ermittelten Preisen gut funktioniert.“ Über den Verlust der Akteursvielfalt in der Windbranche spricht nach den Ergebnissen der ersten Ausschreibung niemand – vorerst scheint das Thema von Tisch zu sein. Text: Ralf Köpke Foto: TimSiegert-batcam /fotolia.de

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