Europäische Parlamentarier wollen Eigenstrom stärken

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Solarthemen+plus. Der federführende Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments hat am 28. November seine Position zur Novelle der europä­ischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie beschlossen. Darin fordern sie, die Nutzung von eigenem Strom zu vereinfachen.

Die Stellungnahme des Ausschusses zur Richtliniennovelle, deren Entwurf die Europäische Kommission vorgelegt hatte, erhielt mit 43 zu 14 Stimmen eine satte Mehrheit. Allerdings musste Berichterstatter José Blanco López, Abgeordneter der Sozialdemokraten, Kompromisse akzeptieren. So gibt es für die einzelnen Mitgliedsländer keine bindenden Ziele, welcher Anteil erneuerbarer Energien zu erreichen ist. Für die gesamte Europäische Union fordern die Parlamentarier einen Anteil von 35 Prozent bis 2030. Im Entwurf der Kommission ist nur von 27 Prozent die Rede. Auch die 35 Prozent sollen jedoch mit einer Flexibilisierungsoption verbunden sein. Eine Abweichung um 10 Prozent soll möglich sein, wenn die Situation in Europa dies erfordern sollte, so López. Er selbst hätte nach eigener Aussage lieber an seiner ursprünglichen Zielmarke von 40 Prozent und bindenden nationalen Zielen festhalten wollen. An Kompromissen komme man im Parlament aber nicht vorbei. Widerspruch gegen Unverbindlichkeit Die Grünen stimmten gegen den Beschluss, weil aus ihrer Sicht die Kompromisse nicht akzeptabel waren. Claude Turmes, Verhandlungsführer der Grünen/EFA im ITRE-Ausschuss, erklärt: „Das 35-Prozent-Ziel für erneuerbare Energien ist ein absolutes Minimum und greift zu kurz, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.“ Es sei aber noch schlimmer, das von diesem Ziel abgewichen weden könne und es keine nationalen Ziele gebe. „Mit dieser Zielsetzung scheint es wenig wahrscheinlich, dass das EU-weite Ziel erreicht werden wird.“ Gerade mit Blick auf die noch anstehenden Verhandungen um die Ermeuerbare-Energien-Richtlinie mit der Kommission und dem Rat der Mitgliedsländer hätte das Parlament eine stärkere Ausgangsposition einnehmen sollen. Einen Lichtblick sieht Turmes allerdings in den Details der Erneuerbare-Energien-Richtlinie.: „Wir freuen uns sehr, starke Regelungen bei der Herstellung und dem Verbrauch von erneuerbaren Energien in Kommunen zu sehen. Dies wird den Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen, den vollen Nutzen aus der Energiewende zu ziehen.“ Die EU-Richtlinie soll, wenn es nach dem Willen der Parlamentarier geht, mehr Unterstützung für die Eigenerzeugung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen bringen. Die Prosumer sollen gestärkt und nicht durch zum Beispiel spezielle Gebühren, Steuern oder Abgaben belastet werden. Die Mitgliedsländer sollen Barrieren, die den Eigenkonsum behindern, abbauen. James Watson, Geschäftsführer des Verbandes SolarPower Europe zeigte sich zufrieden mit dem Beschluss des Ausschusses: „Dadurch werden mehr Solaranlagen gebaut und mehr Jobs geschaffen.“ Sein Verband rufe den EU-Rat dazu auf, diese Ziele zu übernehmen. Auch für das Wärmen und Kühlen mittels erneuerbarer Energien soll die Richtlinie neue Impulse bringen. Das Votum der Parlamentarier bringe diesen Sektor wieder in die Spur, erklärte Philippe Dumas, Generalsektretär des European Geothermal Energy Council (EGEC). Die Dekarbonisierung im Wärmesektor sei nur möglich, wenn Synergien durch eine Politik für Energieeffizienz und Erneuerbare erschlossen werden könnten. Pedro Dias, Generalsekretär von Solar Heat Europe, betont: „Wir begrüßen den konstruktiven Ansatz des Parlaments, um den Einsatz von erneuerbaren Energien in neuen Gebäuden zu promoten.“ Skeptischer ist dagegen Jean-Marc Jossart, Generalsektretär der European Biomass Association (AEBIOM). Die Beschlüsse seien nicht ambitioniert genug, um fossile Brennstoffe im Wärmebereich zu verdrängen. Debatte um Quote für Biokraftstoffe Wie die Beurteilung der Richtlinienfolgen auseinander gehen kann, zeigt sich auch im Kraftstoffbereich. Erneuerbare Energien sollen bis 2030 auf einen Anteil von 12 Prozent kommen. „Die Einführung eines Unterziels von 12 Prozent in der Transportbranche verursacht große Bedenken, da es die Tür für Biokraftstoffe der ersten Generation öffnet“, sagt Turmes. Dies sei schlecht für das Klima und stehe im Wettbewerb mit der Lebensmittelproduktion. Auch beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) stößt der Beschluss auf massive Kritik, jedoch gänzlich anders. Zwar bewerte er es als positiv, dass der ITRE ein Ziel von 12 Prozent für erneuerbare Energien im Verkehrssektor beschlossen habe. Allerdings sollten davon zehn Prozent „fortschrittliche Kraftstoffe“ sein. Das sind Biokraftstoffe aus Stroh, Algen, Strom oder Abfällen. „Herkömmlicher Biodiesel und Bioethanol könnten damit lediglich zwei Prozent des Ziels erfüllen, was ihren Absatz in Europa in etwa halbieren würde“, so Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB: „Ohne die etablierten Biokraftstoffe sind die Pläne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie II ein wackeliges Haus ohne Fundament. Es wäre ein Schildbürgerstreich, angesichts eines Marktanteils fossiler Kraftstoffe von 95 Prozent die heutigen Biokraftstoffe zurückzufahren.“ Ohne eine Quote von mindestens fünf Prozent für herkömmliche Biokraftstoffe würden Biodiesel und Bioethanol im Jahr 2021 vom Markt verschwinden. Die EU-Mitgliedstaaten haben ihre gemeinsame Position zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie noch noch nicht abgestimmt.Dies wollen sie beim Ministertreffen am 18. Dezember tun. Die Kommission äußerte sich zuversichtlich, in den Trilog-Gesprächen mit Parlament und Rat Anfang nächsten Jahres eine Einigung erzielen zu können. Dies soll auch für die Effizienzrichtlinie gelten, die ebenfalls am 28. November vom ITRE beraten wurde. Hier beschlossen die Parlamentarier mit einer dünnen Mehrheit von 33 zu 32 Stimmen ein Effizienzziel von 40 Prozent bis 2030 sowie bindende Ziele auf nationaler Ebene. Text: Andreas Witt, Foto: Rainer Sturm /pixelio.de

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