DIW kritisiert Analyse Sinns als unzutreffend
Wolf-Peter Schill, Alexander Zerrahn, Claudia Kemfert und Christian von Hirschhausen vom DIW erklären, die Energiewende erfordere einen starken Ausbau der erneuerbaren Energien. Es würden jedoch in der energiepolitischen Debatte immer wieder Zweifel geäußert, ob eine weitgehend auf Wind- und Solarenergie basierende Energieversorgung möglich sei. In dieser Richtung hatte Hans-Werner Sinn, der ehemalige Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung argumentiert. Um saisonale Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen, seien Tausende Pumpspeicheranlagen erforderlich. Andere Alternativen seien zu teuer oder verlustreich. Daher müssten fossile Kraftwerke zum Ausgleich laufen und diese Doppelstruktur mache die Energiewende teuer. Die DIW-Wissenschaftler haben nun ermittelt, der Speicherbedarf sei nicht so hoch, wie von Sinn angenommen. Sie monieren Fehler in der Analyse Sinns, der von realitätsfernen Extremfällen ausgegangen sei. Tatsächlich könne der Bedarf um rund zwei Größenordnungen niedriger ausfallen, wenn eine moderate Abregelung erneuerbarer Stromerzeugungsspitzen erlaubt werde, wenn also nicht jede erzeugbare Kilowattstunde eingespeichert werden müsse. Zudem seien neue flexible Stromnachfrager in der Lage, den Speicherbedarf noch deutlich weiter zu verringern. Daher stelle der Stromspeicherbedarf, anders als von Sinn behauptet, kein Hindernis für den weiteren Fortgang der Energiewende dar. „So ließe sich beispielsweise ein Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien von 50 Prozent bei einer Abregelung von nur fünf Prozent der maximalen Stromerzeugung aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen mit einer Speicherkapazität von knapp 0,02 TWh erreichen – deutlich weniger als die derzeit installierte Pumpspeicherkapazität in Deutschland“, erklären die Wissenschaftler vom DIW: „Dagegen wäre bei einem Verzicht auf eine derartige Abregelung und vollständiger Integration der Überschüsse eine mehr als 200-mal so große Speicherkapazität von 2,1 TWh erforderlich.“ Außerdem ziehen sie eine zusätzliche Power-to-X-Nachfrage (P2X), zum Beispiel für Wärme oder Mobilität, in Betracht, die zwar einen weiteren Ausbau erneuerbarer Energien bewirke, aber gleichzeitig den Speicher- und Abregelungsbedarf durch mehr Flexibilität verringere (siehe Grafik). Text: Andreas Witt