Was bringt Europa für die Erneuerbaren?

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Solarthemen. Die europäische Politik hat einen großen Einfluss auf die Entwicklung erneuerbarer Energien. Sie entscheidet auch mit, wie gut deutsche Installateure Solarstromanlagen verkaufen können. Gerade die nun anstehenden Be­schlüsse könnten die Märkte europaweit beflügeln.

Was bringen eigentlich die großen Ziele? Zunächst nicht viel, denn meist liegen sie in weiter Ferne und es wird direkt nicht sichtbar, wie die Entwicklung der erneuerbaren Energien davon profitieren soll. Dennoch wird um diese Ziele intensiv gestritten. Denn sie sind letztlich die Messlatte für erfolgreiche Politik in Europa und in den Mitgliedsländern. Das jetzt formulierte Ziel eines Anteils von 32 Prozent erneuerbarer Energie am gesamten Energieverbrauch ist angesichts der bislang erreichten Anteile eine große Herausforderung. Andererseits würde dieser Anteil, wie Umweltverbände reklamieren, wohl nicht ausreichen, um dem Klimawandel ausreichend zu begegnen. Dennoch kann es sich als wichtig herausstellen, dass die 30-Prozent-Zielmarke überschritten wurde und im Jahr 2023 die Zielsetzung möglicherweise ausgeweitet wird. Was ist aufgrund des gefundenen Kompromisses für die deutsche Energiepolitik zu erwarten? Eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hat sich die deutsche Regierung bereits vorgenommen. Nun könnte sie die EU-Richtlinie direkt in deutsches Recht umsetzen, auch wenn die Mitgliedsländer dafür bis zum Jahr 2021 Zeit haben. Perspektivisch wird das deutsche Recht mehr Ausnahmen als jetzt bei der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch machen müssen – zumindest bis zum Jahr 2026. Derzeit sind nur die Anlagen vollständig von der EEG-Umlage befreit, die eine Leistung von 10 kW nicht überschreiten. Die neue EU-Richtlinie sieht eine Grenze von 25 kW vor. Bis dahin sollen die Anlagen generell nicht mit Steuern, Abgaben oder anderen Kosten belastet werden. Gibt es weitere Konsequenzen für das deutsche Recht? Im EEG ist derzeit die Personenidentität ein wichtiges Grundprinzip, das aber den Eigenverbrauch sehr kompliziert macht. Die betrifft zum Beispiel Einliegerwohnungen im Eigenheim. Selbst wenn dort ein Familienmitglied lebt, muss für den dort verbrauchten Strom aus der Solarstromanlage auf dem Dach die EEG-Umlage abgeführt werden. Die Richtlinie wird dieses Prinzip der Personenidentität möglicherweise über den Haufen werfen – vor einer definitiven Aussage sollte aber der offizielle Richtlinientext abgewartet werden. Allerdings soll der unbelastete Eigenverbrauch auch für Gemeinschaften ermöglicht werden – hier kann dann nicht von einer Personenidentität ausgegangen werden. So würden auch Mieterprojekte möglicherweise stark vereinfacht. Fest steht bereits, dass auch bei geleasten Anlagen die Nutzer von allen Abgaben entlastet werden sollen. Die rechtliche Konstruktion für eine Anlagenmiete würde damit sehr vereinfacht. Welche Auswirkungen wird die neue EU-Richtlinie auf Anlagen haben, die nach der im EEG vorgesehenen Förderdauer aus dieser herausfallen? Dies wird sich erst beantworten lassen, wenn die Richtlinie schriftlich vorliegt. Wird darin die klare Intention des Europäischen Parlaments verfolgt, so würde bis zur genannten Freigrenze von 25 kW keine EEG-Umlage fällig. Diesist im heutigen EEG so nicht vorgesehen. Die Befreiung ist auf die Förderdauer beschränkt; anschließend sollen die Betreiber die volle EEG-Umlage zahlen. Für Betreiber von Altanlagen könnte sich aber auch eine zweite Regelung in der Richtlinie positiv auswirken. Denn sie soll festlegen, dass Anlagenbetreiber nicht nachträglich schlechter gestellt werden dürfen. Dies war in einzelnen EU-Mitgliedsländern der Fall, die zum Beispiel Abgaben oder Steuern auf Solarstrom eingeführt haben. Dennoch wird diese eindeutige neue europäische Vorschrift sicherlich juristische Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Die deutsche Regierung könnte zum Beispiel die Ansicht vertreten, dass Anlagenbetreiber mit nicht mehr als 20 Jahren Förderung rechnen konnten und weitere Vergünstigungen nicht angemessen seien. Mit Beschluss der EU-Richtlinie werden die Eigenerzeuger aber ein juristisches Argument mehr auf ihrer Seite haben. Dies betrifft auch die weitere Einspeisung von Strom aus Altanlagen in die Netze, die bislang nicht geklärt ist. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass für diesen Strom zumindest der Marktpreis zu zahlen ist. Hier muss sich die deutsche Regierung also eine auch für Betreiber von Kleinanlagen praktikable Lösung einfallen lassen. Wird die Europäische Union die Befreiung vom Eigenverbrauch auf alle Zeit garantieren? Hier zeichnet sich eine zeitliche Befristung bis zum Jahr 2026 ab. Möglicherweise gibt es auch eine Begrenzung des maximalen Volumens – entweder auf Ebene der Europäischen Union oder der Mitgliedsländer. Hier ist noch nicht klar, wie dies in der Richtlinie konkret definiert wird. Aus Sicht von potenziellen Anlagenbetreibern wird es aber wohl ratsam sein, mit der Investition in eine Anlage nicht zu lange zu warten. Welche weiteren Anforderungen kommen auf die Mitgliedsländer zu? Aus den bisher bekannt gewordenen Inhalten der Kompromissverhandlungen geht hervor, dass es für Investoren mehr Sicherheit und Verlässlichkeit geben soll. So sollen die Staaten für die Förderung erneuerbarer Energien 5-Jahrespläne veröffentlichen. Entschärft wurden mögliche Vorgaben, die „Marktmechanismen” immer stärker in den Mittelpunkt stellen würden. So soll es den Mitgliedsländern ausdrücklich erlaubt sein, technologiespezifische Ausschreibungen zu machen. Es wird auf absehbare Sicht also nicht zur Pflicht, Wind-, Solar- und Biomasseanlagen gegenein­ander antreten zu lassen. Ebenso werden die Staaten ihre Fördermechanismen nicht für Strom aus anderen Ländern öffnen müssen. Dies bleibt eine freiwillige Option. Auch soll die Richtlinie vorsehen, dass Bürgerenergieprojekte besonders gefördert werden können. So sollen ihnen in den Mitgliedsländern Sonderregelungen eingeräumt werden können. Dies wird aber keine Verpflichtung sein. Sehr kurzfristig wird für Betreiber von Vorteil sein, dass sie mit mehr Rechssicherheit rechnen können. Text: Andreas Witt

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