Koalitionsspitze einigt sich über EEG-Sonderausschreibungen

Foto: H.D.Volz / pixelio.de
Die Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD haben sich auf einen Kompromiss für die nächste EEG-Änderung geeinigt. Die angekündigten Sonderausschreibungen für Wind- und Solarparks sollen von zwei auf drei Jahre – von 2019 bis 2021 gestreckt werden. Zunehmende An­teile sollen dabei in Form so genannter Innovationsausschreibungen, in denen Wind und Photovoltaik konkurrieren, mit zusätzlich verschärften Bedingungen versteigert werden. Die Themen Akzeptanz und Klimaschutz werden in eine Ar­beits­gruppe verschoben.
Der bis Ende Oktober angekündigte Kabinettsbeschluss über das „Energiesammelgesetz“ wurde zwar gestern vertagt, allerdings einigten sich die Fraktionsspitzen der Koalitionsparteien am Dienstagabend auf ein Papier, das den Solarthemen vorliegt und in dem Details der geplanten Gesetzesänderung beschrieben werden.
Streckung über 3 Jahre
Statt in den Jahren 2019 und 2020 jeweils 4 Gigawatt Wind und Photovoltaik zusätzlich zu den bereits im EEG 2017 festgeschriebenen Auktionsvolumina zu versteigern, sollen die 8 Gigawatt nun mit wachsender Tendenz auf drei Jahre verteilt werden.2019 soll zunächst nur jeweils ein Gigawatt Wind und PV versteigert werden, 2020 dann je 1,4 Gigawatt und 2021 je 1,6 Gigawatt. Von der ursprünglichen Begründung des Koalitionsvertrages, mit diesen Sonderausschreibungen die Lücke zum voraussichtlich verfehlten CO2-Minderungsziel im Jahr 2020 wenigstens zum Teil schließen zu wollen, entfernt sich die Koalition also mit dem jetzt erzielten Kompromiss noch weiter.
52-GW-Deckel wird nicht angerührt
Auf den im EEG angelegten Förderungsdeckel der Photovoltaik von insgesamt 52 Gigawatt, der nach Prognose des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) spätestens im Jahr 2020 erreicht werden wird, sollen die zusätzlichen Volumen der Sonderausschreibungen zwar ausdrücklich nicht angerechnet werden. Gleichwohl kritisiert BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Die geplanten Sonderauktionen für die Solarenergie werden zur Mogelpackung, wenn der Solardeckel nicht zeitgleich fällt!“ Sein Argument: Bei einem Fortbestand des Förderdeckels drohe bei kleineren Solarstromanlagen auf Gebäuden ein Markteinbruch in gleicher Größenordnung wie Solarparks durch die Sonderausschreibungen ermöglicht würden.
Doch abgesehen davon, stecken in dem Kompromiss, der am Dienstag unter Federführung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Matthias Miersch (SPD) und Carsten Linnemann (CDU) erzielt wurde, zahlreiche weitere Punkte, an denen die Wind- und die Solarbranche zu knabbern haben werden. Beispielsweise setzte sich die CDU mit der Forderung durch, wesentlich größere Teile des Ausschreibungsvolumens als im EEG 2017 vorgesehen, in Form von so genannten „Innovationsausschreibungen“ anzulegen, in denen Photovoltaik und Windenergie gegeneinander ins Rennen geschickt werden. Außerdem soll in diesen „Innovationsausschreibungen“ mit weiteren Restriktionen gearbeitet werden, die vom Bundeswirtschaftsministerium in einer Verordnung mit Zustimmung des Bundestages festgelegt werden sollen. Genannt werden in dem Papier: „keine Vergütung bei negativen Preisen; Sicherung von Wettbewerb, indem nur 80 Prozent der Gebote bezuschlagt werden; technologieneutrale fixe Marktprämie; Anforderungen an netzdienliches Verhalten“.
Innovative Hürden
Für die ersten 250 MW, die im Jahr 2019 versteigert werden sollen, wurde beispielsweise bereits festgelegt, dass die daran teilnehmenden Solar- und Windparks keine Entschädigungszahlungem im Falle von netzbedingten Abregelungen erhalten sollen. In 2020 sollen dann 400 MW und 2021 mindestens 500 MW als Innovationsausschreibungen angelegt werden. Die Volumen dieser Teilausschreibungen sollen offenbar von den normalen technologiespezifischen Ausschreibungsvolumen abgezogen werden – ebenso wie dies schon ab dem Jahr 2019 mit den Volumina der technologieübergreifenden Ausschreibungen nach dem EEG 2017 und den internationalen Ausschreibungen geschieht.
Sportlich ist auch der im Kompromisspapier formulierte Anspruch, die Innovationsausschreibungen bereits im Jahr 2019 zu evaluieren, also voraussichtlich bevor ein einziger der bezuschlagten Solar- oder Windparks gebaut sein wird. Im Kompromisspapier heißt es dazu: „Bei positiven Auswirkungen hinsichtlich Netz- und Systemdienlichkeit prüfen die Koalitionsfraktionen kurzfristig, einzelne Elemente des Ausschreibungsdesigns für die übrigen Ausschreibungen zu übernehmen.“ In diesem Fall soll die Ausschreibungsmenge in den Innovationsausschreibungen 2021 von 500 auf 1500 MW verdreifacht werden. Ohne dass dies aus dem Text ausdrücklich klar wird, soll die Differenz von 1000 MW offenbar beim Volumen der technologiespezifischen Ausschreibungen abgezogen werden
Sollte sich in den kommenden Jahren die Tendenz der bisherigen gemeinsamenen Ausschreibungen für Wind und PV fortsetzen, wonach die Solarbranche das Volumen dieser Ausschreibungen komplett für sich gewinnt, so hätte dies freilich auch für die Energiewende Nebenwirkungen. Nicht nur haben Wind und PV völlig unterschiedliche Lastprofile. Auch kann mit einem Megawatt installierter Windkraftleistung kann in Deutschland fast der doppelte Jahresertrag an Strom geerntet werden wie mit einem Megawatt an Photovoltaikmodulen. Verschieben sich also die ausgeschriebenen Förderberechtigungen von der Windkraft zur Photovoltaik, ohne dass dies – wie im EEG bisher vorgesehen – im Gesamtausschreibungsvolumen ausgeglichen würde, so ginge dies zu Lasten der CO2-Bilanz.
Akzeptanz steigern – und Mindestabstände
Überhaupt hat der von den Verhandlungsführern der Koalition jetzt erzielte Kompromiss klimapolitisch wenig zu bieten. Die Frage, wie der weitere Ausbaupfad bis zum Jahr 2030 beschritten werden soll, für den der Koalitionsvertrag ein erhöhtes Ziel von 65 Prozent vorgibt, wird in eine Arbeitgruppe verlagert, die umgehend eingesetzt werden soll und die vor allem über „Maßnahmen zur Steigerung der der Akzeptanz bei der Windkraft an Land“ beraten soll. Beschlossen ist bereits, dass neue Windkraftanlagen ab 2020 bedarfsgerecht befeuert werden müssen; Altanlagen sollen bis 2021 nachgerüstet werden. Daneben wird über monetären Beteiligungen von Kommunen beraten, aber auch über „verbindliche oder optionale Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen“, womit die Koalition auf die Initiativen mehrerer Bundesländer eingeht, die an den Gesprächen beteiligt werden sollen.
Bis zum 31. März 2019 soll die Gruppe Ergebnisse erzielen, über die bis zum Herbst 2019 in der Koalition entschieden werden soll. Dabei soll auch der Vorschlag geprüft werden, für Windenergieanlagen in Süddeutschland in den Aus­schrei­bungen einen Bonus von 0,3 Cent einzuführen.
In einer zwischen den Verhandlungsführern Miersch und Linnemann abgestimmten Erklärung zeigen sich beide sehr zufrieden mit dem Ergebnis: „Wir haben ein gutes Gesamtpaket geschnürt.“ Miersch erklärt weiter: „Endlich ist der Knoten durchgehauen. Die Sonderausschreibungen kommen. Wir verringern schrittweise die Lücke zur Erreichung der Klimaziele.“
Kritiker aus Politik und Branche
Mierschs SPD-Fraktionskollegin Nina Scheer will sich mit dem Kompromiss freilich nicht abspeisen lassen: „Es ist nicht akzeptabel, wenn die mit dem Koalitionsvertrag für 2019 und 2020 vorgesehenen Sonderausschreibungen zum Ausbau erneuerbarer Energien nun zeitlich auf drei Jahre gestreckt werden und die Ausbaumenge damit reduziert wird. Wenn die Sacharbeit der Koalition eine Unterwanderung ihrer eigens gesetzten Ziele bedeutet, entzieht sie sich ihre Legitimation und kündigt sich auf.“
„Diese Einigung ist längst überfällig“, moniert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) Stefan Kapferer. Er erklärt: „Wir brauchen mehr Tempo beim Erneuerbaren-Ausbau, sonst schaffen wir das Ziel von 65 Prozent regenerativen Energien bis 2030 nicht. Die Initiativen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, die den Windausbau erschweren wollen, sind deshalb absolut kontraproduktiv.“
Mit dem Koalitionskompromiss wird nun auch der Weg frei gemacht für die mit der EU-Kommission abgestimmte Neuregelung der KWK-Förderung.
Text: Guido Bröer
Foto: H.D.Volz_pixelio.de

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