Der sehr lange Weg zur solaren Automobilität

In dieser Woche traf sich die Bundesregierung mit der Au­tomobilindustrie zum Elektroauto-Gipfel. Am selben Tag startete die Volkswagen AG im Werk Zwickau mit der Produktion eines neues E-Fahrzeugs. Hier verspricht das Unternehmen auch eine klimaneutrale Produktion. Doch der Weg ist noch lang, bis erneuerbare Energien zu einem tatsächlich maßgeblichen Faktor im Mobilitätsbereich werden.

Die Ergebnisse des Autogipfels lassen sich schnell zusammenfassen: Die Förderung für E-Pkw mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro soll um 50 Prozent auf 6000 Euro erhöht werden. Auch teurere Pkw mit einem Preis von bis zu 65.000 Euro erhalten demnächst eine Förderung, die allerdings etwas geringer ausfällt. Zudem verständigten sich Regierung und Industrie wieder einmal auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Etwas weniger als 30.000 neue öffentliche Ladepunkte sollen in den nächsten zwei Jahren installiert werden; davon will die Automobilindustrie 15.000 beisteuern. Die Standorte will die Bundesregierung koordinieren.

Kein Thema des Gipfels war jedoch die Frage, wie der Strom für Elektrofahrzeuge erzeugt werden soll. Es ist das Ziel der Regierung, bis zum Jahr 2030 zehn Millionen E-Fahrzeuge auf die deutschen Straßen zu bringen. Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern je Fahrzeug würde der Stromverbrauch bei etwa 25.000 Gigawattstunden liegen. Um dies zu produzieren wären zum Beispiel rund 28 Gigawatt PV-Leistung erforderlich. Das wäre zwar „nur“ etwas weniger als die Hälfte der derzeit in Deutschland installierten PV-Leistung, aber der Strombedarf für die Mobilität käme zum sonstigen hinzu.

Autoindustrie kauft Ökostrom

Passend zum Autogipfel ließ Autobauer VW in Zwickau die Bänder zur Produktion seines ersten von vornherein als Elektrofahrzeug konzipierten ID.3 anlaufen. Nachdem das Unternehmen wegen des Diesel-Skandals einige Federn lassen musste, will es beim Aufbau der Elektromobilität mehr richtig machen und Kritikern schon zu Beginn Wind aus den Segeln nehmen. Der Automobilkonzern hat angekündigt, bis zum Jahr 2050 komplett klimaneutral produzieren zu wollen, im Werk in Zwickau bilanziell ab 2020. „Die Dekarbonisierungsstrategie des Volkswagen Konzerns konzentriert sich vor allem auf die Vermeidung und Reduzierung von CO2-Emissionen, bei­spielsweise durch Energieeffizienz und Umstellung auf erneuerbare Energien,“ sagt Ralf Pfitzner, Leiter Nachhaltigkeit im Volkswagen-Konzern. Emissionen werden aber auch zum Beispiel über Waldschutz- und Wiederaufforstungsprojekte kompensiert.

Mit Ökostrom wird VW von einer eigenen Tochter, der Volkswagen Kraftwerk GmbH, beliefert. Bislang kann aber nur ein Teil der Energie aus Wasserkraft sowie Wind- und Solarparks gedeckt werden. Den Rest liefert in Zwickau ein erdgasbetriebenes Blockheizkraftwerk.

Auch bei Zulieferern achtet VW auf die für die Produktion genutzte Energie. So liefert derzeit das koreanische Unternehmen LG Chem die Batteriezellen für den ID.3. Diese werden nach Aussage von VW in einer Fertigungsstelle in Polen hergestellt. VW habe mit LG Chem vereinbart, dass für die Produktion der Zellen ausschließlich zertifizierter Grünstrom bezogen werden dürfe. Und auch auf den „Sprit“ für die Elektrofahrzeuge legt VW Wert. Das Unternehmen hat zur Belieferung von E-Mobil-Fahrern eigens das Tochterunternehmen Elli gegründet, das 100 Prozent erneuerbare Energie liefern soll. Dabei, so VW, stamme der Strom nur aus Öko-Kraftwerken in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz.

Bis zur kompletten Klimaneutralität ist es für VW allerdings noch ein weiter Weg. Der Konzern will sich dafür bis 2050 Zeit lassen. Auch andere Automobilfirmen haben Ziele beschlossen. So will Volvo bis 2040 klimaneutral sein, Mercedes bis 2039.

Weiterhin werden sich die Unternehmen allerdings mit Kritikern auseinander setzen müssen, die im Elektroauto zumindest allein keinen Ausweg sehen und eine Reduktion der motorisierten Individualverkehrs anmahnen. „Der eigene Pkw als Standard hat in einer zukunftsgewandten Verkehrspolitik keinen Platz“, erklärte Michael Müller-Görnert, der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) schon im Vorfeld des Autogipfels: „Zwar kann das Elektroauto ein Teil der Lösung sein, denn wir benötigen emissionsfreie Antriebe. Für eine umfassende ökologische Verkehrswende braucht es aber mehr: ein attraktives Bus- und Bahnangebot – auch auf dem Land – sowie mehr gut ausgebaute, sichere Radwege. Das Elektroauto macht vor allem in geteilten und digital vernetzten Mobilitätsangeboten Sinn.“

Text: Andreas Witt

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