Mehrwertsteuer-Senkung – Segen oder Fluch für Solar-Handwerk

Monteure befestigen Photovoltaikmodule auf einem SchrägdachFoto: AdobeStock / Anatoliy Gleb
Handwerksbetriebe können mit der vorübergehend abgesenkten Mehrwertsteuer einige Fehler machen.
Solarfachbetriebe, könnten mit der von der Bundesregierung beschlossenen befristeten Mehrwertsteuer-Senkung ihre Leistungen im zweiten Halbjahr 2020 theoretisch drei Prozent gün­sti­ger anbieten. Aber erstmal müssen sie aufpassen, dabei nichts falsch zu machen.

„Mir ist bei den Nachrichten heute früh wegen dieser Meldung fast die Tasse aus der Hand gefallen!“ – Dieser O-Ton stammt vom Chef eines schwäbischen Solarfachbetriebes. Er sprach’s, nachdem am Mittwoch vor zwei Wochen die Bundesregierung ihren Plan verkündet hat: Für ein halbes Jahr die Kauflaune der Deutschen mittels einer pauschalen Mehrwertsteuer-Senkung anzuregen – was Handel und Handwerk zu Gute kommen sollte.

Statt sich darüber zu freuen, demnächst vielleicht noch mehr Angebote schreiben zu können als ohnehin in diesen Tagen, denkt mancher Solarfachbetrieb im Handwerk aktuell mehr darüber nach, wie er diese befristete Mehrwertsteuer-Senkung irgendwie in seine Abläufe integrieren kann, ohne dabei Fehler zu machen und am Ende drauf zu zahlen.

Und was den Handwerksmeistern Fragezeichen in die Gesichter schreibt, das macht auch deren Beratern bei Innungen und Handwerkskammern Scherereien. „Dass nicht das große Triumphgeheul bei uns ausgebrochen ist, ist kein Geheimnis“, kommentiert der Pressesprecher des Zentralverbandes Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK), Frank Ebisch.

Merkblatt vom ZDH

Bei der Dachorganisation aller Handwerksgliederungen, dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), steht deshalb seit der überraschenden Ankündigung der Bundesregierung das Telefon nicht mehr still. „Uns erreichen im Moment sehr viele Anfragen zu diesem Thema“, bestätigt die Pressestelle des ZDH auf Anfrage. Der ZDH hat deshalb auf seiner Internetseite ein 4-seitiges Merkblatt veröffentlicht. Es fasst die wichtigsten Hinweise für Handwerksbetriebe zur befristeten Mehrwertsteuersenkung zusammen. „Die neuen Steuer­sätze gelten für alle Umsätze, die im Zeitraum vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 ausgeführt werden“, heißt es dort. Der Leistungszeitpunkt ist im Handwerk zumeist der Zeitpunkt, an dem die geschuldete Leistung vollständig ausgeführt ist. Dies kann beispielsweise der Termin sein, zu dem die Photovoltaikanlage oder die neue Heizungsanlage abgenommen wird. Der ZDH empfiehlt dazu – nicht nur wegen der Mehrwertsteuerfrage – eine schriftliche Dokumentation.

In Angeboten und Verträgen sollte der Solarteur deshalb beachten, wann die Arbeiten abgeschlossen werden können. „Bestehende Verträge, die noch einen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent vorsehen, sollten entsprechend angepasst werden“, rät der ZDH. Dabei habe der Kunde nicht automatisch eine Anspruch darauf, dass der verringerte Mehrwertsteuersatz komplett an ihn weitergegeben werde. Liege der Vertragsschluss zum Stichtag (1.7.2020 bzw. 31.12.2020) mehr als vier Monate zurück, so könne der eine Vertragspartner vom anderen einen Ausgleich der steuerlichen Mehr- oder Mindebelastung verlangen. Es sei denn, dass etwas anderes vereinbart worden sei.

Achtung bei Anzahlungen!

Hat der Solarteur – wie im Handwerk üblich – Anzahlungen für Leistungen verlangt oder bereits entgegengenommen, die erst im zweiten Halbjahr 2020 abgeschlossen werden, so gilt für diese Anzahlungen bis zum Stichtag der Mehrwertsteuer-Senkung zunächst der 19-Prozent-Steuersatz. Die Korrekur erfolgt dann später über die Schlussrechnung und darauf folgende Umsatzsteuer-Voranmeldung.

Entscheidend für den anzulegenden Steuersatz ist der Leistungszeitpunkt. Keine Rolle spielen dabei hingegen das Rechnungsdatum, der Zahlungstermin. Ebensowenig die Frage, ob der Handwerker die Soll- oder die Ist-Besteuerung anwendet.

Eine genauere Darstellung der Anwendungsvorschriften für die befristete Mehrwertsteuer-Senkung findet sich im Entwurf eines Rundschreibens des Bundesfinanzministeriums an die Finanzbehörden der Länder. Hier wird unter anderem auch beschrieben, welche (strengen) Kriterien gelten, falls jemand auf die Idee kommen sollte, ein bereits vereinbartes Werk in Teilleistungen aufzusplitten, die teils noch vor dem 1.7. 2020 abgeschlossen werden könnten, um den ursprünglich vereinbarten Nettoverdienst zu sichern.

19.6.2020 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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