Nach LG-Ausstieg: Deutsche Photovoltaik-Fabriken bauen aus

Produktionshalle für Solarmodule in PV-Fabrik von Solarwatt - in der Mitte ein oranger RoboterFoto: Solarwatt
Die Modulproduktion in der PV-Fabrik von Solarwatt
Das erklärte Ende der Photovoltaik-Produktion durch den Konzern LG markiert nicht, dass mit der PV-Technologie kein Geschäft mehr zu machen ist. Viele Unternehmen halten an der Photovoltaik fest und bauen die Produktion in ihren PV-Fabriken sogar weiter aus - auch in Deutschland.

Am 22. Februar entschied sich die Konzernführung von LG, die Produktion von Photovoltaikmodulen zum Sommer hin zu beenden. Das Unternehmen nannte zwei wesentliche Gründe. Das sind zum einen der weltweite Preiswettbewerb und zum anderen steigende Rohstoffkosten. Beide Faktoren betreffen auch alle anderen Hersteller von Photovoltaik-Modulen und deren PV-Fabriken in Deutschland. Allerdings ist der Beschluss von LG wohl kein Zeichen, dass nun viele weitere Unternehmen der Photovoltaik den Rücken kehren würden.

„Rohstoffe können auch wir nicht anders einkaufen als LG“, sagt Sven Böhm, der kaufmännische Geschäftsführer (CFO) von Solarwatt im Gespräch mit den Solarthemen. Es sei aber die Frage, wie sich ein Unternehmen positioniere. Und im Vergleich zum Konzern LG sei Solarwatt ein kleiner Spezialist. Sein Unternehmen konzentriere sich vor allem auf den Markt rund um die Immobilien, auf Eigenheimbesitzer bis hin zum Mittelständler mit Produktionshalle. „Und wir fühlen uns wohl in unserer Nische“, so Böhm. Diese hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren konsequent entwickelt – mit Glas-Glas-Modulen, eigenen Stromspeichern und weiterem Equipment.

Solarwatt: Bis zu 250 Millionen Euro Umsatz

Gleichwohl sind die Preissteigerungen bei den Rohstoffen, wie etwa beim Glas, auch für Solarwatt, wie für andere PV-Fabriken, eine Herausforderung. Das Unternehmen habe insbesondere im vergangenen Jahr „Nerven lassen müssen“, räumt Böhm ein. Inzwischen habe sich die Situation auf den Liefermärkten aber etwas entspannt. Und Solarwatt habe am Aufbau alternativer Lieferketten gearbeitet.

Solarwatt stelle sich allerdings darauf ein, erklärt Böhm, und akzeptiere für eine Übergangszeit auch geringere Margen. Er bezeichnet Solarwatt als gut positioniert. „Wir werden deutlich wachsen.“ Das sei auch in den vergangenen Jahren bereits der Fall gewesen. So sei der Umsatz von rund 120 Millionen Euro im Jahr 2020 auf rund 160 Millionen Euro im Jahr 2021 gewachsen. Für das Jahr 2022 ziele Solarwatt auf einen Umsatz von 250 Millionen Euro.

Solarwatt könne auf eine stabile Nachfrage bauen, erklärt Böhm. „Wir gehen davon aus, dass wir alles, was wir produzieren, auch verkaufen können.“ So baue der Hersteller auch die Produktion für Solarmodule in der eigenen PV-Fabrik aus. Er fahre die neue Linie für noch leistungsfähigere Module gerade hoch. Und auch die neue Linie für die Produktion von Speichern sein fast fertig. Böhm rechnet damit, die letzten Hausausgaben dafür in diesem Jahr erledigen zu können.

Sonnenstromfabrik: Positive Signale für europäische Hersteller

Bernhard Weilharter, Geschäftsführer der CS Wismar GmbH (Sonnenstromfabrik), sieht sich durch Entscheidungen wie die von LG offenbar in seiner Strategie bestätigt. „Der Margendruck war schon immer ein Problem in der Industrie.“ Daher habe sich die Sonnenstromfabrik von Anfang an auf Premium-Märkte konzentriert, so Weilharter, „weil eine reine Differenzierung über Made in Europe zu möglichst niedrigen Preisen nicht zielführend ist“. Die steigenden Rohstoffpreise seien dabei aber eine zunehmende Herausforderung für die Modulhersteller. Und: „
Steigende Energiekosten und CO2-Bepreisung bei europäischen Materialien sind zusätzliches Öl ins Feuer.“

Allerdings sieht Weilharter die Signale für europäische PV-Fabriken weiterhin positiv. Denn mehr und mehr Kunden orientierten sich wieder in Richtung lokaler Wertschöpfungsketten. Die CO2-Bilanzen der Module und die Nachhaltigkeit in der Herstellung seien zunehmend wichtig. Weilharter betont, die Sonnenstromfabrik habe sehr kurzfristig nach Gründung den Break-Even geschafft und wirtschafte seitdem profitabel. „Das war auch 2021 der Fall. Wir haben unsere Ziele in puncto Wachstum und Ertrag übererfüllt.“

Gemeinsam mit REC weiterer Ausbau von PV-Fabriken

Derzeit investiere die Sonnenstromfabrik außerdem in den Aufbau einer neuen Linie, berichtet Weilharter. Parallel dazu habe das Unternehmen ein Partner-Abkommen mit dem PV-Unternehmen REC zu patentrechtlichen Fragestellungen in Hinblick auf die geplante Neuprodukteinführung auf Basis von Halbzellen-Technologie geschlossen. Im Mittelpunkt der geplanten Kooperation stehen nach Aussage der beiden Partner der Aufbau der Produktion von Hochleistungsmodulen mit der von REC patentrechtlich geschützten Butterfly-Technologie am Sonnenstromfabrik-Standort in Wismar sowie gemeinsame Projekte in europäischen Märkten. Weilharter: „Das Invest in neues Produktionsequipment, die Einführung des neuen Produktportfolios sowie die Partnerschaft mit REC unterstreichen unser Engagement in dieser Schlüssel-Industrie.“

Neben Solarwatt und der Sonnenstromfabrik gibt es in Deutschland und Europa eine Reihe weiterer Hersteller. So produziert Heckert Solar bereits seit mehr als 20 Jahren Solarmodule in Chemnitz. Das Unternehmen hat aber auf die Anfrage der Solarthemen zur aktuellen Situation im Unternehmen bislang nicht reagiert.

Meyer Burger: Neue PV-Fabriken im Aufbau

Und Meyer Burger hat im vergangenen Jahr gezeigt, dass auch ein Neueinstieg in die Photovoltaikproduktion in Deutschland möglich ist. Gleich zwei Fabriken hat der Maschinenbauer im Mai 2021 offiziell eröffnet. Sie sollen mit der selbst entwickelten Technologie leistungsfähige Solarzellen und -module produzieren. Zuletzt gab die Meyer Burger Technology AG im Dezember 2021 bekannt, eine weitere Produktionsstätte für Solarmodule in der Stadt Goodyeay im US-amerikanischen Bundesstaat Arizona errichten zu wollen. Die anfängliche jährliche Produktionskapazität der Anlage solle 400 MW betragen. Die Produktion soll nach Aussage von CEO Gunter Erfurt bis Ende 2022 beginnen. Zu einem späteren Zeitpunkt strebe Meyer Burger eine Produktionskapazität von 1,5 Gigawatt an. Die Investition unterstreiche außerdem die Strategie, Module in der Nähe der Endkunden zu produzieren und regionale Lieferketten aufzubauen.

3.3.2022 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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