Wer hat ein Recht auf kommunale Wärmeplanung?

Fernwärmerohre aufgestapelt vor dörflicher Kulisse von BreitenholzFoto: Guido Bröer
Die Bundesregierung will ab 2024 Städte und Gemeinden zu einer kommunalen Wärmeplanung verpflichten. Im Koalitionsvertrag hatte sie eine „flächendeckende kommunale Wärmeplanung” angekündigt. Die jetzt vorgesehene Regelung soll aber nur Kommunen ab 10.000 beziehungsweise 20.000 Einwohner betreffen. Ein großer Teil der Bürger:innen hätte damit kein Anrecht auf verbindliche Planungsgrundlagen von ihrer Kommune.

Diskutiert die Politik das Instrument der kommunalen Wärmeplanung bislang vor allem aus einer Metaperspektive, als Möglichkeit, den Klimaschutz im Wärmesektor zu beschleunigen, so kann man es durchaus auch aus einer individuellen Perspektive betrachten: Die Kommunale Wärmeplanung ist auch ein Recht der Bürger:innen und Gebäudebesitzer:innen gegenüber ihrer Kommune. Nicole Pillen, Bereichsleiterin der Deutschen Energieagentur (Dena) drückte das in einer Podiumsdiskussion bei der Jahrestagung des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien (FVEE) in der vergangenen Woche sinngemäß so aus: Die Bürger:innen haben ein Recht darauf zu erfahren, ob sie sich selbst darum kümmern müssen, wie ihre Heizung bis spätestens 2045 klimaneutral wird, oder ob sich ihre Kommune darum kümmert.

Denn spätestens wenn Anfang 2024 die Bundesregierung die 65-Prozent-Regel in Kraft setzt, wonach jede neue Heizungsanlage zum überwiegenden Teil erneuerbare Energien nutzen muss, ist klar: Jede neue Heizung muss klimaneutral sein und bereits der Planvorgabe für 2045 entsprechen. Und mit einer billigen Lösung für den simplen Kesseltausch, die bis zum Ukraine-Krieg noch der Standardfall im Gebäudebestand war, kann sich dann kein Hausbesitzer und kein Handwerker mehr aus der Affäre ziehen.

Wärmeplanung als Service der Kommune für ihre Bürger:innen

Genau deshalb ist der Ansatz so richtig, Bürger:innen ein Recht auf die Ansage ihrer Kommune zu geben, ob sie selbst in eine klimaneutrale Heizung investieren müssen oder ob sie in absehbarer Zeit mit dem Bau eines Wärmenetzes in ihrer Straße rechnen können. Laut ihrem Konzeptpapier überlegen nun die beiden für Bauen und für Klimaschutz zuständigen Bundesministerien aktuell, ob die Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung bei Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern beginnen sollte oder erst ab 20.000 Einwohnern. Von „flächendeckender” kommunaler Wärmeplanung, wie es noch im Koalitionsvertrag hieß, ist nun nicht mehr die Rede.

Natürlich ist es aus klimapolitischer Sicht effizienter, mit größeren Städten zu beginnen – schon weil die Kapazitäten geeigneter Planungsbüros anfangs knapp sein werden. Auch wäre nicht jedes Dorf, jede Streusiedlung am sinnvollsten mit einem Wärmenetz zu versorgen. Doch einige Hundert Energiedörfer in Deutschland beweisen dass es vielfach eben doch das Mittel der Wahl sein wird, um kostengünstig und schnell Erfolge bei der Wärmewende zu erzielen.

Und wenn man die Sache aus dem Blick der Bürgerinnen und Bürger betrachtet, dann haben auch die Hausbesitzer:innen im ländlichen Raum, wo die Eigenheimquote und damit die Zahl der fossilen Einzelheizungen wesentlich höher ist als in den urbanen Zentren, ein Recht auf Investitionssicherheit durch eine zeitnahe kommunale Wärmeplanung.

Recht auf kommunale Wärmeplanung

Laut einer Anfrage der Solarthemen-Redaktion beim Statistischen Bundesamt ergibt sich folgendes Bild: Würde der Gesetzgeber die Grenze bei 20.000 Einwohner ziehen, dann müssten deutschlandweit nur 698 Städte und Gemeinden einen kommunalen Wärmeplan erarbeiten. 41 Prozent der Bevölkerung hätten dann kein Recht auf Investitionssicherheit beim Thema Heizung. Bei einer 10.000-Einwohner-Grenze hätten immerhin schon 1602 Kommunen die Planungspflicht zu erfüllen. Immer noch blieben dann 25 Prozent der Bevölkerung in 9187 Gemeinden von einem „Recht auf kommunale Wärmeplanung” ausgeschlossen. Angleichung der Lebensverhältnisse in Stadt und Land sähe anders aus.

21.10.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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