BMWK startet Klimaschutzverträge mit Industrie

Dampfende Chemiefabrik im Vordergrund, im Hintergrund Windenergieanlagen, WindräderFoto: Guido Bröer
Wollen Industrieunternehmen von den neuen Klimaschutzverträgen mit dem Staat profitieren, so müssen sie für die geförderten Prozesse zu 100 Prozent Ökostrom einsetzen.
Morgen, am 6. Juni 2023, wird die Förderrichtlinie für Klimaschutzverträge mit großen CO2-Emittenten in der Industrie im Bundesanzeiger veröffentlicht. Damit startet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein neues Förderinstrument, das nach Aussage von Minister Robert Habeck (Grüne) bislang nur in den Niederlanden erprobt wurde.

Habeck geht davon aus, dass die international als Carbon Contracts for Difference (CCfD) bezeichneten Klimaschutzverträge ein Drittel zu der gesamten bis 2045 vom Industriesektor erwarteten Treibhausgas-Neutralität beitragen können. Außerdem sei das Förderinstrument geeignet, um den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland und darüber hinaus anzuschieben, sagte Habeck heute morgen in einer Pressekonferenz.

Bevor Unternehmen in einer ersten Auktionsrunde ihre Angebote für neue CO2-sparende Produktionsverfahren machen können, startet mit der morgigen Veröffentlichung der Förderrichtlinie im Bundesanzeiger zunächst ein Vorverfahren, für das zwei Monate angesetzt sind. Auf Basis der darin gesammelten Informationen will das BMWK noch in diesem Jahr eine erste Auktion starten, zu der allerdings nur Teilnehmende des Vorbereitungsverfahren zugelassen sind. „Ich lade alle Interessentinnen und Interessenten ein, sich mit zukunftsweisenden Projekten am vorbereitenden Verfahren zu beteiligen“, sagte Habeck.

CCfD: Klimaschutzverträge über 15 Jahre

Die Förderung über bis zu 15 Jahre erfolgt in Form eines festen Vertragspreises pro vermiedener Tonne CO2. Diesen Vertragspreis will das BMWK nach eigenen Angaben dynamisieren. Abhängig von weiteren Faktoren, etwa dem ETS-Preis oder dem Preis für Energieträger, wird auf den Vertragspreis ein bestimmter Betrag aufgeschlagen oder auch davon abgezogen. Wenn das Ergebnis negativ ist, soll sich der Klimaschutzvertrag umkehren: Das Unternehmen würde dann kein Geld mehr vom Staat erhalten, sondern müsste an den Staat zahlen. Neben den Betriebskosten soll sich die Förderung zum Teil aber auch auf die Investitionskosten beziehen.

Zielgruppe der neuen Förderung sind Unternehmen mit einem besonders hohen CO2-Ausstoß, vor allem in der Grundstoffindustrie. Um an den Auktionen teilnehmen zu können muss die herkömmliche Referenzanlage, die durch das neue Verfahren ersetzt werden soll, mindestens 10 Kilotonnen CO2-jährlich ausstoßen. Diese Eintrittsschwelle hat das BMWK nach öffentlicher Kritik gegenüber den ursprünglichen Plänen abgesenkt, um nicht nur der Großindustrie, sondern auch CO2-intensiven Mittelständlern diese neue Förderoption zu geben. Im Übrigen verweist das BMWK darauf, dass es neben der neuen Form der Prozesswärmeförderung über CCfD weiterhin auch andere Förderprogramme von KfW und BAFA gebe, die eher den Mittelstand adressierten. So sind beispielsweise am 1. Mai die überarbeitenden Bedingungen der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) in Kraft getreten.

Milliarden für Klimaschutzverträge

Das gesamte für das neue CCfD-Programm einzuplanende Subventionsvolumen aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes beziffert Robert Habeck auf einen „mittleren zweistelligen Milliardenbetrag“. Die Verhandlungen darüber liefen allerdings gerade im Zuge der Beratungen über den Entwurf der Ampel-Regierung für den nächsten Bundeshaushalt.

Während es sich beim Strom, der in geförderten Industrieprozessen eingesetzt wird, zu 100 Prozent um Ökostrom handeln muss, will das BMWK beim Einsatz von Wasserstoff weniger streng sein. Sogenannter „blauer Wasserstoff“, der üblicherweise aus Erdgas hergestellt wird dürfe aber nur dann eingesetzt werden, wenn bei dessen Herstellung nur geringe Emissionen entstehen, heißt es in einem Hintergrundpapier des BMWK. Wer hingegen grünen Wasserstoff einsetze, erhalte eine höhere Förderung als bei Einsatz von blauem Wasserstoff.

Standleitung nach Brüssel

Starten soll das Gebotsverfahren erst nach der Genehmigung durch die EU-Kommission, die die Förderrichtlinie zurzeit im Notifizierungsverfahren prüft. Habeck zeigt sich allerdings zuversichtlich, dass Brüssel keine größeren Einwände mehr erhebe: Seine Mitarbeiterter:innen hätten schon im Vorfeld gewissermassen „eine Standleitung nach Brüssel“ genutzt, ließ er durchblicken.

5.6.2023 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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