Kontroversen um das Wärmeplanungsgesetz

Biogasanlage mit zwei großen und einem kleinen FermenterFoto: Wolfgang Jargstorff, stock.adobe.com
Um die Rolle der Bioenergie wird auch im Kontext des Wärmeplanungsgesetzes gestritten.
Fast alle Parteien sind für die kommunale Wär­meplanung und für ein Wärmeplanungsgesetz (WPG). Nur die AfD wen­det sich im Bundestag mit einem eigenen Antrag gegen die Wärmeplanung und will stattdessen lieber Atomenergie, Kohle und russisches Erdgas nutzen. Das wird den Bundestag wohl nicht daran hin­dern, am morgigen Donnerstag das Wärmeplanungsgesetz zu beschließen. Doch in den Details sind einige Kontroversen sichtbar.

So ist am morgigen Donnerstag die spannende Frage, wie glatt der Gesetzentwurf der Ampelkoalition durchgeht. Die zweite und dritte Lesung des Wärmeplanungsgesetzes steht ab 11:40 Uhr auf der Tagesordnung. Erst am heutigen 15. November berät der Bauausschuss (während dieser Artikel erscheint) das Gesetz noch einmal und befasst sich mit einer Reihe von Änderungswünschen – auch aus den Reihen der Regierungskoalition.

Rolle der Biomasse ist umstritten

Ein kontroverses Thema ist wie auch schon beim Gebäudeenergiegesetz und bei den Regeln für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) die Biomasse. Auf der einen Seite sieht hier die auch vom Umweltbundesamt vertretene Linie, auf Bioenergie so weit wie möglich zu verzichten. An dieser orientieren sich vor allem grüne Politiker:innen. Auf der anderen Seite stehen die Befürworter größtmöglicher Technologieoffenheit, die sich für einen freieren Einsatz von Bioenergie einsetzen.

Wenig oder viel Bioenergie?

Diese Positionen spiegeln sich auch in den Stellungnahmen von Verbänden wider. Das zeigte sich insbesondere bei einer Bundestaganhörung zum Wärmeplanungsgesetz im Oktober. „Um Technologieoffenheit tatsächlich zu gewährleisten, bedarf es keiner Beschränkung bei der Nutzung von Biomasse”, erklärt die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Eine möglichst kosteneffiziente Transformation der Wärmenetze erfordert, dass sämtliche lokal verfügbaren klimaneutralen Wärmequellen für die kommunale Fern­wärme zur Verfügung stehen sollten. Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände ist die im WPG-Entwurf enthaltene Beschränkung des Bioenergieanteils an der Fernwärme zu restriktiv. Höhere Anteile sollten möglich sein. „Die Kommunen haben unterschiedliche Potenziale für erneuerbare Energien aufgrund unterschiedlicher lokaler Gegebenheiten”, so die Verbände. Teils sei kommunal ein erheblicher Anteil an Biomasse ohne große Transportwege nutzbar. Eine pauschale Begrenzung sei nicht sachgerecht.

„Beides, Bioenergie und grüner Wasserstoff, sind heute schon nur sehr eingeschränkt verfügbar und werden es aufgrund des geringen (Flä­chen-)-Wir­kungsgrades auch zukünftig sein”, argumentiert dagegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH): „Um fossile Wärmequellen zu ersetzen, muss in erster Linie auf erneuerbare Wärmequellen wie der Freiflächen-Solarthermie, tiefe Geothermie, Umgebungswärme in Kombination mit Großwärmepumpen, unvermeidbare Abwärme sowie saisonale Großwärmespeicher gesetzt werden.” Bioenergie solle ebenso wie Wasserstoff nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen.

Diskussion um Fristen im Wärmeplanungsgesetz

Ein weiterer strittiger Punkt sind die mit dem Wärmeplanungsgesetz verbundenen Fristen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kommunen ab 100.000 Einwohner:innen bis spätestens Mitte 2026 eine Wärmeplanung vorgelegt haben sollen. Bei kleineren Kommunen läuft die Frist bis Mitte 2028. Daran geknüpft ist die im Gebäudeenergiegesetz enthaltene Pflicht, einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energie an der Wärmeversorgung eines einzelnen Gebäudes zu erreichen. Bei Neubauten gilt dies ab dem 1. Januar 2024. Bei Bestandsgebäuden hängt es davon ab, wann eine Kommune eine Wärmeplanung beschlossen hat. Immer sind aber die Fristen im WPG maßgeblich, auch wenn eine Kommune keine Wärmeplanug beschlossen haben sollte.

Lange Übergangsfristen beim GEG schaffen Kostenfalle

Die Agora Energiewende hält diese Fristen aber für zu wenig ambitioniert – jedenfalls mit Blick auf die Hauseigentümer:innen. Denn bis die Wärmeplanungen vorliegen, könnten noch bis zu fünf Jahre fossile Kessel zum Einsatz kommen. Das ist aus Sicht der Agora eine „potenzielle Kostenfalle”, denn spätestens 2045 stehe eine Ersatzinvestition an. Laut GEG müssen die letzten Öl- und Gaskessel am 31. Dezember 2044 abgeschaltet werden.

Doch die kommunalen Spitzenverbände sind mit Blick auf die Fristen anderer Ansicht: „Die Fristen zur Erstellung der Wärmepläne (§ 4 Abs. 2 WPG-E) sollten zumindest jeweils bis zum Jahresende 2026 beziehungsweise 2028 verlängert werden.” Deutlich ist auch an diesem Punkt die Diskrepanz zwischen stärkeren Klimaschutzambitionen und den Befürchtungen, von den neuen Anforderungen überfordert zu sein. Und natürlich geht es auch um wirtschaftliche Interessen, die durch das Wärmeplanungsgesetz berührt sind. Der Aufbau von Netzen ist mit hohen Investitionen verbunden. So wol­len die Wärme­netzbetreiber eine möglichst hohe Anschlussquote erreichen. Dies ist einerseits eine Voraussetzung für die Refinanzierung. Andererseits sinken so die Kosten für die angeschlossenen Gebäude. Eine Forderung des Verbands kommunaler Unternehmen verknüpft daher das WPG mit der BEG: „In Teilgebieten, für welche eine Wärmeversorgungsart nach § 19 (2) als (sehr) wahrscheinlich geeignet eingestuft worden ist, sollten nur noch öffentliche Fördermittel für die jeweilige Wärmeversorgungsart bereitgestellt werden”. Heißt: Für Gebäude in Wärmenetzgebieten wäre dann nur noch der Anschluss an das Wärmenetz förderfähig.

Gasnetze werden zum Problem

Eine Herausforderung für Energieversorger ist aber der möglicherweise kommende Rückbau von Gasnetzen. Denn wenn sich mehr und mehr Hauseigentümer:innen von ihren Gasheizungen verabschieden, hemmt dies die Refinanzierung von Gasnetzen oder macht die Wartung und Reparatur von Teilnetzen unattraktiv.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verweist in diesem Zusammenhang auf Transformationspläne für die Gasnetze. Diese zielen vor allem auf den Umbau von Erdgas- zu Wasserstoffnetzen. Der BDEW kritisiert nun, dass die Bundesnetzagentur bis Ende 2024 Zeit habe, um Anforderungen für die Transformation der Gasnetze zu formulieren. Das solle vorgezogen werden, um Gasnetzbetreibern und Kommunen mehr Planungssicherheit zu bieten.

Welche Richtung nimmt das Wärmeplanungsgesetz?

Ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht auch die Agora Energiewende wenig Potenzial in der Gasinfrastruktur. Biogas und Wasserstoff könnten nur einen geringen Anteil abdecken und zur Wärmeversorgung von Gebäuden kaum beitragen.

Welche Wege künftig beschritten werden, hängt zu einem relevanten Teil vom Wärmeplanungsgesetz ab. Und die Kontroversen zwischen den Verbänden finden sich auch im Bundestag und in der Regierungskoalition wieder. Neben den genannten Aspekten geht es dabei zudem um Regelungen zur thermischen Nutzung von Abfällen und zur Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung. Und offen ist auch noch die Frage, ob Wärmenetze und erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung im WPG als im überragenden öffenlichen Interesse liegend definiert werden.

15.11.2023 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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