Neue Debatte um EEG-Vergütungen

Portraitfoto von Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher im Bundestag.Foto: MdB-Büro Kruse
Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat ein neues Thema: Sie will die EEG-Vergütungen absenken. Ihr energiepolitischer Sprecher Michael Kruse macht sich dafür stark, die EEG-Zahlungen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu verringern.

Der Ausstieg aus der Subventionierung der erneuerbaren Energien sei bereits im Koalitionsvertrag der Ampel angelegt, sagte Michael Kruse schon Ende Januar der FAZ. Es werde Zeit, dass sich Wirtschaftsminister Robert Habeck an die Umsetzung dieses Vorhabens mache. Tatsächlich hat die Regierungskoalition das Ziel formuliert. Aber zum Zeitpunkt heißt es im Koalitionsvertrag: „Mit der Vollendung des Kohleausstieges werden wir die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen lassen.“ Dieses Ziel hat der Bundestag auch in das Erneuerbare-Energien-Gesetz aufgenommen. Laut Kohleausstiegsgesetz wäre mit EEG-Vergütungen spätestens im Jahr 2038 Schluss.

Kruse: EEG bald auslaufen lassen

Kruse will mehr Tempo beim EEG-Ausstieg. „Wir sehen nach der Energiekrise, dass der Ausbau gut vorankommt“, argumentiert der FPD-Abgeordnete gegenüber den Solarthemen. „Bei Offshore-Windflächen haben wir bis zu 2 Milliarden Euro pro Gigawatt eingenommen – für die Flächen wird also viel Geld bezahlt. Außerdem sehen wir einen starken Preisverfall bei Solar-Komponenten. Dies muss alles in der EEG-Förderung abgebildet werden.“ Andererseits sieht Kruse das Problem, dass diese gesunkenen Preise nicht bei den Endkunden ankämen. „Das muss sich dringend ändern.“ Denn der Ausbau der Erneuerbaren müsse möglichst kosteneffizient gestaltet werden, so Kruse. Die Frage der Solarthemen, wie er sich die Absenkung der Vergütungen konkret vorstellt, lässt der FDP-Politiker jedoch unbeantwortet.

Zuletzt hatte sich die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit der Höhe der Vergütungen für Solarstrom befasst. Das war im Dezember 2023, als sie den Höchstwert für PV-Ausschreibungen ermittelte. Sie beließ ihn für 2024 auf dem Wert von 2023: 7,37 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh). Die Ampelkoalition hatte mit der letzten größeren EEG-Novelle der BNetzA die Möglichkeit gegeben, über den bis Ende 2022 geltenden Höchstwert von 5,9 ct/kWh hinauszugehen. Denn bis dahin waren die Ausschreibungen stark unterzeichnet gewesen. Und dies gefährdete die Ausbauziele der Koalition. Die Anhebung führte wieder zu deutlich mehr Geboten und zu einem gesunkenen durchschnittlichen Zuschlagswert von 6,47 ct/kWh.

Studien sehen stabile PV-Kosten

Ein für das Bundeswirtschaftsministerium erstelltes Gutachten durch das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg und die Bosch & Partner GmbH kommt ebenfalls im Dezember 2023 zu dem Ergebnis, dass bei großen PV-Anlagen mit 5 bis 80 MW Leistung von Stromgestehungskosten von 7,2 bis 7,6 ct/kWh auszugehen sei. Eine Vorlage zur Absenkung von Vergütungen im PV-Sektor bietet das nicht. Und Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, betont, sein Verband sehe keinen Spielraum.

Auch beim Koalitionspartner SPD stößt der Vorstoß Kruses, die Vergütungssätze im EEG schnell zu reduzieren, nicht auf Anklang. Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, erklärt, „eine gesetzliche Absenkung der EEG-Vergütung für den Bestand kommt bereits rechtlich nicht in Betracht. Für neue Anlagen muss gelten, dass die Ausbauziele erreichbar sind – und zwar auch im Kontext des internationalen Wettbewerbs, der aktuell verstärkt von Marktbeeinflussungen wie dem Inflation Reduction Act der USA geprägt ist.“

Minus auf dem EEG-Konto

Ansatzpunkt für Kruse sind Befürchtungen, die vom Bund bzw. vom Klima- und Transformationsfonds (KTF) getragenen Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien könnten deutlich über den Haushaltsansatz hinaus steigen. Diese Kosten sind stark von der Entwicklung der Börsenstrompreise und dem derzeit geltenden Mechanismus abhängig: Die Übertragungsnetzbetreiber vergüten Strom aus erneuerbaren Energien entsprechend den im EEG festgelegten Sätzen. Anschließend vermarkten sie diesen Strom an der Börse zum jeweiligen Marktpreis als Graustrom. Ist der Börsenstrompreis hoch, kann dies zum Plus auf dem EEG-Konto führen. Ist der Preis niedrig, so geht das Konto ins Minus. Das muss der Bund ausgleichen.
Um den Finanzbedarf planen zu können, lassen die Übertragungsnetzbetreiber jedes Jahr zu Ende Oktober eine Prognose erstellen. Die im Jahr 2023 erstellte Vorhersage kam für 2024 zu einem Finanzbedarf von rund 11 Milliarden Euro. Allerdings schickten die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet TSO und TransnetBW im Januar der Regierung einen Alarmbrief, weil sie höhere EEG-Kosten erwarten. Offenbar könnte sich der Zuschussbedarf demnach um einige Milliarden Euro erhöhen.

„Die vier deutschen Übertra­gungs­netzbetreiber verwalten das EEG-Konto rein treuhänderisch“, erklärt 50Hertz-Pressesprecher Alexander Sewohl gegenüber den Solarthemen: „Der Einsatz der Fördermittel ist von den dynamischen Preisen am Strommarkt abhängig. Niedrigere Börsenpreise führen zu höheren Ausgaben bei der EEG-Förderung sowie zu niedrigeren Einnahmen bei der Vermarktung der EEG-Strommengen in Festvergütung. Sollten sich die Börsenpreise entsprechend der derzeitigen Futures realisieren, erhöht sich der EEG-Finanzierungsbedarf 2024 gegenüber dem ursprünglich ermittelten Wert.“

Das Problem sieht auch Nina Scheer: „Die aktuelle Preisentwicklung steigert jedenfalls den Finanzierungsbedarf. Es gilt hier allerdings ein gesetzlicher Anspruch zur Erstattung des Differenzbetrages nach § 6 Energie­finan- zierungsgesetz.“ Das heißt: Egal wie hoch der Zuschussbedarf ist, der Bund muss zahlen.

Explodierende EEG-Kosten?

Kruse befüchtet, dass auf den Bund höhere Zahlungsansprüche zukommen. Nachforderungen in Hö­he von 4,4 Milliarden Euro seien viel zu niedrig angesetzt. „Dies würde faktisch nur eine Fortschreibung von 2023 bedeuten; wir sehen aber bereits heute, dass der Strompreis wahrscheinlich niedriger sein wird. Damit ist klar, dass die Netzbetreiber auch bei ihrer aktualisierten Prognose den Finanzbedarf deutlich zu niedrig einschätzen.“

Dazu möchte 50Hertz nicht direkt Stellung nehmen. „Wir kennen die Annahmen nicht, von denen der Bundestagsabgeordnete Michael Kruse bei seiner Rechnung ausgeht“, sagt Sewohl: „Deshalb können wir weder die Rechnung noch das Ergebnis nachvollziehen.“ Um die Entwicklung weiter zu beobachten, stünden die Übertragungsnetzbetreiber aber in einem engen Austausch mit dem BMWK. „Entscheidungen über die weitere Entwicklung dieses Förderinstruments liegen bei der Politik.“
Für Kruse wäre es wohl eine wesentliche Maßnahme, die EEG-Vergütungen zu begrenzen. Und er möchte offenbar auch die Ausbaustrategie, die die Ampelkoalition gemeinsam im EEG festgelegt hat, in Frage stellen. „Wichtig ist nicht, dass die installierte Leistung blind erhöht wird, wie es momentan mit der EEG-Förderung geschieht, sondern dass wir zu jeder Zeit ausreichend Strom zur Verfügung haben, und dafür muss der Netzzubau und der Zubau von Flexibilitäten und Speichern zunehmen im Vergleich zum Zubau der Produktionskapazitäten“, so Kruse: „Es nützt also wenig, immer mehr PV auszubauen, wenn wir keine Speicher haben, die uns im Sommer über die Nächte bringen. Es nützt uns nichts, immer mehr Windkraft auszubauen, wenn wir gleichzeitig keine Kapazitäten haben, die uns über eine Dunkelflaute bringen.“

Neues Strommarktdesign

Allerdings gibt es weitere Stellschrauben als ein Zurückfahren des Ausbaus der Erneuerbaren. „Es sind verschiede­ne Reformansätze denkbar, die aber dann auch schnell in die Kategorie des Strommarktdesigns gehören und eben zu diskutieren sind“, sagt Scheer. Und sie betont: „Akut geht es darum, offensichtliche Investitionsunsicherheiten auszuräumen, um die heimische Solarwirtschaft nicht zu verlieren.“

Wieder ausgelöst durch eine Kostendebatte offenbart sich Handlungsdruck. Allerdings ist fraglich, ob eine Vergütungsreduktion eine Lösungsoption ist. Dazu ein Rechenbeispiel: Laut EEG soll es im Jahr 2024 einen PV-Zuwachs von 13 Gigawatt geben. Nimmt man an, je Kilowattstunde sollten hier 2 Cent eingespart werden, so käme man auf rund 250 Millionen Euro. Angesichts der Gesamtsumme ist das aber vergleichsweise wenig. Und es würde dazu führen, dass der Ausbau sehr deutlich einbrechen könnte. Das aber würde dem breiten Konsens, den es in der Regierungskoalition im Sommer 2022 noch gab, widersprechen. Kruse sagte am 7. Juli 2022: „Wir wollen die Resilienz dieses Landes stärken. Deswegen sagen wir: Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.“

Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH

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