PV-Symposium 2024: Photovoltaikbranche auf dem Scheideweg

Die Fassade des Klosters Banz (Ort des PV-Sympoiums). Auf einer Freitreppe im mittleren Teil des Bildes haben sich viele Menschen aufgestellt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.Foto: Andreas Witt
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des PV-Symposiums 2024 haben sich auf der Treppe des Klosters Banz zum Gruppenfoto aufgestellt.
Im 39sten Jahr trifft sich die Photovoltaikbranche derzeit im Kloster Banz in Bad Staffelstein. Das PV-Symposium ist wieder ein Austausch über Innovationen. Es zeigt sich aber auch, wie brüchig das Fundament für die hiesige PV-Industrie und damit auch die Forschungslandschaft ist.

Ralf Preu, Bereichsleiter für Photovoltaik-Produktionstechnologie beim Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE), sprach beim PV-Symposium deutlich aus, welche Bedeutung die heimische Solarindustrie für die wissenschaftlichen Institute hat. Noch gebe es in den PV-Forschungseinrichtungen ein starkes Verständnis für die PV-Technologie. Doch dafür sei es wichtig, eine eigene herstellende Industrie zu haben. „Wenn wir nicht verstehen, wie PV produziert wird, dann verstehen wir die Technologie insgesamt nicht mehr.“

Europäische PV-Industrie unter Druck

Das PV-Symposium stand auch unter dem Eindruck von Ankündigungen deutscher Modulhersteller, sich mit ihrer Produktion aus Deutschland zurückzuziehen. Ursächlich dafür sind der starke Konkurrenzdruck durch chinesische Unternehmen, die im vergangenen Jahr ihre PV-Module in großen Mengen zu Preisen unterhalb der Produktionskosten verkauft haben. Sie schaffen dies, weil sie ausreichend Unterstützung durch den chinesischen Staat erhalten. Die chinesische Überproduktion gelangt auch deshalb nach Europa, weil die amerikanische Regierung ihren PV-Markt recht erfolgreich abgeschottet hat und gleichzeitig die eigene PV-Industrie subventioniert. Zwischen diesen beiden Polen droht die europäische PV-Industrie zerrieben zu werden. 

Die Europäische Union hat zwar mit dem Net Zero Industry Act eine Initiative für strategisch wichtige Zukunftsindustrien wie die PV gestartet, doch deren tatsächliche Realisierung muss in den Mitgliedsstaaten erfolgen. Das Ziel ist, in bestimmten Wirtschaftsbereichen – dazu zählt der Energiesektor inklusive der Photovoltaik – eine höhere Unabhängigkeit zu erreichen. Dies folgt auch den Lehren, die infolge der Corona-Krise sowie aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gezogen wurden. Somit sind nun Resilienzmaßnahmen in Form von speziellen Subventionen zulässig, doch auf Importzölle möchte die Europäische Union eher verzichten.

Resilienzboni in der Diskussion

In Deutschland diskutiert die Ampelkoalition derzeit Resilienzboni, d.h. einen Aufschlag auf Einspeisevergütungen und Ausschreibungsgebote für Photovoltaik-Strom, wenn Teile einer PV-Anlage aus europäischer Produktion stammen. Ergänzend soll es weiterhin Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt für den Aufbau von möglichst integrierten PV-Fabriken im Gigawattbereich geben – wenn auch mit weniger Finanzmitteln als zunächst vorgesehen. Doch die Diskussion zum Thema Resilienzboni scheint in der Ampelkoalition derzeit festgefahren. Die FDP-Fraktion bremst diese Initiative. Und daher hängt auch das komplette Solarpaket momentan fest.

So musste als Folge der Misere das PV-Symposium auf einen Teilnehmer verzichten: den Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, der kurzfristig absagte. Er wollte sich an der Symposiums-Session beteiligen, die sich den Chancen der PV-Produktion in Europa zuwendete. Doch er hätte bei diesem Thema zurzeit wohl nur den Stillstand in der Ampel dokumentieren können. Jörg Ebel, einer der Präsidenten des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) wollte sich dennoch den Optimismus nicht ganz nehmen lassen. Es sei mit Blick auf potenzielle politische Initiativen nach wie vor alles auf dem Tisch, so Ebel, auch die Resilienzboni. „Noch nichts ist ausgeschlossen.“ 

Unabhängigkeit für Europa durch eigene PV-Industrie

Ebel bekräftigte auf dem PV-Symposium die Bedeutung, die die Resilienzboni für den BSW haben. „Jetzt müssen wir in Resilienz investieren.“ Denn für die PV-Produktion in Europa spreche, dass sie schlicht notwendig sei. Wenn man für sie jetzt die Grundlage schaffe, repariere man damit politische Fehlentscheidungen, die die damalige Regierung zehn Jahre zuvor getroffen habe. Dabei gehe es nicht um Autarkie vom Weltmarkt, sondern um mehr Unabhängigkeit. Wichtig sei eine „Absicherung gegenüber Änderungen der geopolitischen Situation“, die die gesamte Wertschöpfungskette der Photovoltaik betreffen könne. 

Preu betonte in Bad Staffelstein, der Staat solle in die europäische PV-Industrie investieren, auch wenn sie nicht immer Geld verdiene. Man dürfe sich nicht auf ein chinesisches Oligopol verlassen,  das leicht die Preise bestimmen könne, wenn man dem in Europa nichts entgegen zu halten habe. Um auch weiterhin Modulpreise unten halten zu können, brauche man eine starke Produktion in Europa. 

Beim PV-Symposium findet diese Position sicherlich eine große Mehrheit. Auf die Frage, ob Resilienzboni ein geeignetes Mittel seien, schnellten im Saal im Kloster Banz jedoch nicht alle Finger nach oben. Manche Teilnehmer:innen der Veranstaltung sind skeptisch, ob solche Maßnahmen die deutschen oder europäischen Hersteller gegenüber der chinesischen Übermacht schützen können. 

Unternehmen wollen PV-Produktion in Europa ausweiten

Wie Preu zu Beginn des Symposiums verdeutlichte, sind die Produktionskapazitäten derzeit überwiegend in China und Asien angesiedelt. Chinesische Fabriken produzierten im Jahr 2023 rund 81 Prozent aller PV-Module weltweit. Bei Solarzellen habe der Anteil bei 89 Prozent gelegen, beim Solarsilizium bei 90 Prozent. 

Aber kann man überhaupt so günstig produzieren wie in China? Rainer Stowasser, Vorstand der Solarnord AG, meint, ja. Man könne konkurrenzfähig gegenüber der chinesischen Konkurrenz sein. „Sonst würde ich es nicht machen.“ Solarnord wolle eine integrierte PV-Produktion mit der Zielmarke von 5 Gigawatt zusammen mit Partnern in Niedersachsen aufbauen, die alle Wertschöpfungsstufen umfassen soll. Machbar sei das in vier Jahren. Beginnen wolle er mit einer Modulproduktion, weil diese auch am schnellsten zu realisieren sei. Nach und nach sollten die anderen Stufen folgen – von der Zellherstellung bis zur Siliziumproduktion. China habe es etwa 2011 vorgemacht, wie man eine damals in der PV-Produktion führende Nation ablösen konnte. „China hat alles bei uns gekauft“, so Stowasser, doch jetzt seien deren Unternehmen sogar im Maschinenbau vorn. „Aber wir können den Spieß wieder umdrehen“, zeigt sich Stowasser überzeugt. Erforderlich seien dafür allerdings eine staatliche Anschubfinanzierung und begleitende Unterstützung in den kommenden Jahren. 

Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH

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