EU-Parlament beschließt Gebäudeeffizienzrichtlinie mit Solarpflichten

Reihe von wehenden Europaflaggen vor dem Hauptgebäude der EU-Kommission in Brüssel.Foto: Guido Bröer
Am 12. März 2024 hat das Europäische Parlament der Neufassung der „Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ (Gebäudeeffizienzrichtlinie) zugestimmt. Damit gelten wahrscheinlich demnächst für alle Hauseigentümer:innen neue Regeln. Sie bedeuten das - späte - Aus für fossile Heizungen. Und in der gesamten Europäischen Union sind künftig auch auf bestimmten Bestandsgebäuden Solaranlagen zu errichten. Hier die Details:

Das Ziel der Gebäudeeffizienzrichtlinie (oder auch EPBD-Richtlinie) ist ein langfristiges: Bis zum Jahr 2050 sollen alle Gebäude in der Europäischen Union „Nullemissionsgebäude“ sein. Dafür müssen sie eine von der EU vorgegebene Gesamtenergieeffizienz aufweisen. Sie dürfen keine Energie oder nur eine sehr geringe Energiemenge benötigen. Und außerdem darf das Gebäude keine CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen am Standort und keine oder eine sehr geringe Menge an betriebsbedingten Treibhausgasemissionen verursachen. Öl- und Gasheizungen sind in der Langfristperspektive also in ganz Europa tabu.

Gebäudeeffizienzrichtlinie mit Freiheiten mit Mitgliedsländer

Es steht den Mitgliedsstaaten aber größtenteils frei, wie sie die Ziele erreichen. Der Berichterstatter des Parlaments zur Gebäudeeffizienzrichtlinie, der Ire Ciarán Cuffe, betonte in einer Pressekonferenz, den Ländern werde im Rahmen des im Parlament getroffenen Beschlusses viel Flexibilität gewährt.

Dies ist auch ein Ergebnis des Trilogs, bei dem sich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Rat, also die Mitgliedsländer, im Dezember 2023 auf einen Kompromiss geeinigt hatten. Das Parlament wollte den Umbau der Gebäude in Europa wesentlich ambitionierter angehen, als dies nun der Fall ist. So sah der Beschluss des Parlaments im Frühjahr 2023 vor, fossile Heizungen ab 2040, möglichst sogar 2035, zu verbieten. In der nun beschlossenen Gebäudeeffizienzrichtlinie ist das nicht mehr enthalten. Das Aus für fossile Heizungen ist lediglich in Anhang II zu finden. Er ist eine Vorlage für nationale Gebäuderenovierungspläne. Und laut diesem Anhang sollen die Länder Strategien und Maßnahmen beschreiben, darunter auch den „Ausstieg aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln bis 2040“. Dies ist laut Cuffe ein „indikatives Ziel“, also nicht ganz verbindlich.

Kein direktes Verbot von Öl- und Gaskesseln

Für Deutschland bedeutet dies, dass die Regierung das Gebäudeenergiegesetz nicht unbedingt umschreiben muss. Demnach müssen in Deutschland bis Ende 2044 die letzten Öl- und Gaskessel abgeschaltet werden. Auch damit ist der Zeitplan für Nullemissionsgebäude bis 2050 grundsätzlich einzuhalten. Sie wird aber im Rahmen des nationalen Gebäuderenovierungsplans erklären müssen, warum sie vom indikativen Ziel abweicht.

Auf die Mitgliedsstaaten kommen herausfordernde Aufgaben zu. Sie müssen viele Gesetze umschreiben oder neue Förderprogramme auflegen. Denn eine EU-Richtlinie wirkt nicht direkt auf die EU-Bürgerinnen und Bürger. Die Staaten müssen die Regeln erst in nationales Recht umsetzen.

Ab 2050 nur noch Nullemissionsgebäude auch im Bestand

Ab dem 1. Januar 2030 müssen in der Europäischen Union alle neuen Gebäude Nullemissionsgebäude sein. Bei Gebäuden von öffentlichen Einrichtungen gilt dies bereits ab dem 1. Januar 2028. Zusätzlich muss das Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial berechnet werden, zunächst nur für große Gebäude.

Bei bestehenden Gebäuden sollen die Ländern darauf achten, dass bei größeren Renovierungen Mindestanforderungen an die Gebäudeeffizienz zu erfüllen sind. Welche das sind, können sie auch aufgrund unterschiedlicher klimatischer Bedingungen selbst festlegen. Sie müssen aber bestimmten Standards genügen. Und es soll eine klare Vorgabe zum Verbrauch je Quadratmeter Gebäudefläche geben. Und die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, dass bis 2030 der Primärenergieverbrauch gesamten Wohngebäudebestandes im Vergleich zu 2020 um mindestens 16 Prozent abnimmt. Bis 2035 liegt die Vorgabe bei mindestens 20 bis 22 Prozent. Im Fokus stehen dabei die Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz. Das sind laut Richtlinie in jedem Land die 43 Prozent mit dem höchsten Verbrauch je Quadratmeter. Mindestens 55 Prozent der Verbauchsreduktion in den Jahren 2030 und 2035 sollen auf diese Gebäude entfallen.

Keine individuellen Sanierungspflichten

Vom Tisch ist die Sanierungspflicht von Gebäuden mit geringer Effizienz, wie die auf europäischer Ebene diskutiert wurde. Offenbar wurde dies auch maßgeblich von Deutschland zu Fall gebracht. „Wir haben den Sanierungszwang für Ein- und Mehrfamilienhäuser verhindert“, sagt die deutsche Bauministerin Klara Geywitz: „Ein Gebäude ist nichts Abstraktes, sondern das Zuhause von Menschen. Jedes ist verschieden gebaut und wird unterschiedlich beheizt. Ein Zwang zu one-fits-all hätte zu sozialen Verwerfungen geführt, die auch nicht mit dem Schutz des Klimas zu rechtfertigen sind. Mit Maß und Mitte kommt man weiter.“

Die Ziele sollen durch die Gebäudeeffizienzrichtlinie nun aber klar vorgegeben. Und in den Mitgliedsländern sind daher eine Reihe von Maßnahmen zu erwarten, die die Renovierungsquote erhöhen. Geywitz äußert die Erwartung, dass die Anforderungen der Richtlinie von Deutschland „bereits zu großen Teilen erfüllt sind oder hierfür zumindest die Basis geschaffen“ wurde. Doch auch hier ist die Sanierungsquote noch zu gering, um den europäischen Zielen zu entsprechen.

Allerdings müssen die Mitgliedsländer Mindesteffizienzstandards vorschreiben, wenn Hauseigentümer:innen ihre Gebäude renovieren. In der Richtlinie ist definiert, wann damit dann auch umfangreichere Sanierungspflichten faktisch greifen.

Nutzungspflichten für Solarenergie in Gebäudeeffizienzrichtlinie

Eine besondere Aufmerksamkeit erhält in der Gebäudeeffizienzrichtlinie die Solarenergie. Gemeint sind damit die Photovoltaik und die Solarthermie. Die Mitgliedsländern stellen künftig sicher, dass alle neuen Gebäude so konzipiert werden, dass Solarenergie am Standort optimal genutzt werden kann. Und sie Länder müssen Nutzungspflichten erlassen. Ausnahmen davon soll es nur geben, wenn eine Solaranlage technisch nicht geeignet oder wirtschaftlich sowie funktional nicht realisierbar ist. Dies kann allerdings in der Regel nur für Bestandsgebäude gelten.

Bei Wohngebäuden gelten die Nutzungspflichten nur, wenn sie neu errichtet werden. Und dies soll spätestens zum Ende 2029 greifen. Bei anderen Gebäuden geht es früher los. Die Nutzungspflichten sind von den Mitgliedsländern laut Gebäudeffizienzrichtlinie auf allen öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern bis spätestens 31. Dezember 2026 in Kraft zu setzen. Bei solchen Gebäuden im Bestand sind ebenfalls Nutzungspflichten einzuführen. Spätestens Ende 2027 sollen sie bei einer Nutzfläche bis 2000 Quadratmeter starten. Bei 750 Quadratmetern nennt die Richtlinie den 31. Dezember 2028 und bei 250 Quadratmetern den 31. Dezember 2030 als Stichtag.

Die Gebäudeeffizienzrichtlinie kann erst in Kraft treten, wenn ihr auch der Europäische Rat zustimmt. Da Kommission und Parlament den Kompromiss bereits im Trilog auch mit dem Rat ausgehandelt haben, sollte die aber nur eine Formalie sein.

Quelle: Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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