Die schwierige Wahl des Energiemanagementsystems

Jemand bedient ein Heim-Energiemanagementsystem HEMS auf dem iPadFoto: InfiniteFlow / stock.adobe.com
Mit der Komplexität der häuslichen und betrieblichen Anlagen von der Solarstromerzeugung über Speicher und Wärmepumpe bis zum E-Fahrzeug werden technische Energiemanagementsysteme (HEMS) wichtiger. Doch das An­gebot ist vielgestaltig und erfüllt nicht immer die Erwartungen.

Es ist inzwischen eine alltägliche Frage: Was tun, wenn die vorhandene PV-Anlage durch eine Wärmepumpe, einen Speicher und/oder ein E-Fahrzeug ergänzt werden soll? Wie lässt sich dies intelligent steuern? Die Erwartungen von Hauseigentümer:innen und Betrieben sind klar: Sie wollen, dass das einfach funktioniert.

Unübersichtliches Angebot

Doch in der Praxis ist das nicht so einfach. Es gibt eine große Vielzahl an Heimenergiemanagementsystemen (HEMS), aber die Komponenten passen häufig nicht zusammen. Das zeigt auch eine Marktübersicht, die eine Forschungsgruppe an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach erstellt hat. Sie analysierte bislang 43 Energiemanagementsysteme von 41 Herstellern – und diese Liste ist nicht vollständig. Zu finden ist sie auch im Internet unter https://database.hems-finder.org. Die Übersicht macht deutlich, dass die Hersteller auf sehr unterschiedliche Kommunikationsprotokolle, teils auch eigene Lösungen setzen. Hinzu kommt, dass die verfügbaren Schnittstellen nicht einheitlich sind. Die verschiedenen Wech­selrichter, Speicher und Ladeboxen für E-Fahrzeuge setzen auf Modbus TCP, API (Cloud), Modus RTU, OCPP, EEBus, SG Ready und weitere Gerätesprachen. Das Fazit von Projektleiter Thomas Haupt lautet: „Das oft diskutierte Plug-and-Play-HEMS gibt es derzeit nicht.“

Finden des richtigen HEMS

Installateur:innen und Hauseigentümer:innen stehen so vor der Herausforderung, ein zueinander passendes technisches System zu finden, das jetzt zudem noch dem Energierecht, wie zum Beispiel Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes, entsprechen und die Nutzung von dynamischen Stromtarifen ermöglichen sollte. Wie die Auswertung der 43 Systeme durch die Forschungsgruppe zeigt, können 98 Prozent von ihnen den PV-Überschuss in einem Speicher unterbringen, aber nur 37 Prozent gelingt das bei einer Wallbox. Dynamische Tarife sind in 57 Prozent der Fälle mit einem Batteriespeicher kombinierbar und nur in 30 Prozent mit einer Wärmepumpe. Dabei ist zu beachten, dass diese Prozentzahlen nur das HEMS selbst betrachten. Sie können sich in einem System weiter reduzieren, falls HEMS und etwa Wärmepumpe oder Wallbox nicht die gleiche Sprache sprechen.

Keine einheitliche Gerätesprache

Es gibt für die Kompatibilität keine Norm, sondern dem Markt bleibt es überlassen, welche Lösungen sich irgendwann vielleicht durchsetzen sollten. Für die erforderliche Flexibilisierung des Stromsystems bedeutet das eine Herausforderung mehr. Wie ihr zu begegnen ist, dafür gibt es durchaus verschiedene Strategien. Eine wäre die Alles-aus-einer-Hand-Lösung. So hat sich das Dresdener Unternehmen Solarwatt schon vor einigen Jahren durch Systemlösungen von der Konkurrenz abgrenzen wollen. Von diesem Unternehmen gibt es nur Solarmodule, sondern auch Wechselrichter, Batterien, eine Wallbox und ein HEMS. Stiebel Eltron ist der Partnerbetrieb für Wärmepumpen. Dieses System ist aufeinander abgestimmt und die Solarwatt-Installationsbetriebe kennen sich damit aus. Die Kehrseite ist die möglicherweise eingeschränkte Kompatibilität mit Produkten anderer Hersteller, wenn es beispielsweise eine andere Wallbox oder eine andere Wärmepumpe sein soll.

Für Installateur:innen ist es nicht möglich, sich mit allen HEMS auszukennen. Allerdings werden es Kund:innen zunehmend erwarten, sich gut über mögliche Lösungen beraten zu fühlen. Eine weitere Option für die Betriebe ist es hier, sich zunächst auf die präferierten Produkte – seien es bestimmte Wechselrichter- oder Wärmepumpenmarken – zu konzentrieren und von dort ausgehend ein passendes HEMS mit möglichst hoher Kompatibilität zu wählen.

HEMS als Verkaufsargument

Kompetenz in diesem Sektor wird sicherlich zunehmend zum Verkaufsargument, auch wenn zunächst nur der Kauf einer Solarstromanlage ansteht. Kund:innen ist so vermittelbar, wie ein System erweiterungsfähig ist. Der dritte Weg besteht darin, sich näher mit den verschiedenen Managementsytemen zu befassen und eines zu wählen, das gut zu handhaben und mit möglichst vielen Geräten kompatibel ist.

Grundsätzlich gibt es Systeme, die wie bei Solarwatt auf einen Hersteller zugeschnitten sind, Systeme, die in einen Wechselrichter, eine Batterie oder auch eine Wallbox integriert sind, sowie solche, die ein eigenständiges Produkt darstellen.

Der SMA Sunny Home Manager ist natürlich vor allem auf die Wechselrichter der SMA Solar Technology AG ausgerichtet. Doch die Kompatibilität werde immer wichtiger, sagt der für die Entwicklung des Haussegments zuständige Manager Georg Schulz. Es sei das Ziel, für mehr Geräte Kompatibilität zu schaffen. Deren Auswahl hänge auch von der Marktbedeutung ab. SMA nennt derzeit mit AEG, Stiebel Eltron, Tecalor und Vaillant vier Hersteller von Wärmepumpen sowie mit Mennekes und Spelsberg zwei von SMA unabhängige Hersteller. Der Sunny Home Manager koordiniert darüber hinaus auch andere elektrische Geräte und bezieht dabei auch Wetterprognosen in die Steuerung mit ein. Zudem ist SMA eine Kooperation mit dem Energieversorger Lichtblick eingegangen, um im Zusammenspiel mit dem Home Manager einen dynamischen Stromtarif anbieten zu können.

Ein Konkurrenzprodukt kommt von der Beegy GmbH, einem Tochterunternehmen des Energieversorgers MVV Energie AG. Deren HEMS ist mit acht Wechselrichtern, vier Batteriespeichern, fünf Ladesäulen und vier Wärmepumpen kompatibel. Dabei orientiere sich Beegy an den Installateur:innen, sagt Produktmanager Jan Breidenbach. Daher seien auch alle Komponenten in eine Box integriert, die unabhängig vom Schaltschrank installiert wird – allerdings sei, so Breidenbach, vom Stromnetzbetreiber abhängig, ob er dies gestatte. Auch mit dem HEMS von Beegy soll ein dynamischer Stromtarif realisierbar sein.

HEMS plus günstiger Strom

Das Thema ist für Installateur:innen wichtig, weil Unternehmen wie Enpal und 1Komma5Grad mit solchen Features punkten wollen. Sie versprechen den Kund:innen günstigere Strompreise, wenn sie auf ihre Managementsysteme und Zusatzangebote wie einen eigenen Stromtarif zugreifen. Bei Enpal läuft dies unter der Produktbezeichnung Enpal.One+ und bei 1Komma5Grad unter Heartbeat AI. Allerdings ist die Kompatibilität mit anderen Geräten offenbar eingeschränkt – beide Anbieter nennen nur die von ihnen aktuell selbst vertriebenen Wärmepumpen, Batterien und Ladegeräte. Außerdem sollte man nachrechnen, ob die Kosten für bezogenen Strom am Ende inklusive der Grundgebühren tatsächlich die günstigsten sind.

In jedem Fall führen die Werbeaktivitäten der beiden Onlinehändler für Photovoltaik umd Wärmepumpen dazu, dass der Fokus noch etwas stärker auf HEMS und günstigen Strom gelegt werden.

Chance für Start-ups

Für lokale Installateur:innen ist es daher von Vorteil, ein eigenes HEMS und einen leichten Zugang zu dynamischen Tarifen anbieten zu können. Darauf setzt etwa das Start-up Pulse Energy GmbH. Das Unternehmen kombiniert ein intelligentes Messsystem (das innerhalb von acht Wochen installiert sein soll), eine CLS-Steuerbox, einen kleinen Computer als Energiemanager und eine App. Schon jetzt erreiche man damit eine hohe Kompatibilität, sagt Jochen Madler, Gründer und Geschäftsführer von Pulse. Das Unternehmen führt in seiner Liste der unterstützten und getesteten Komponenten beispielsweise rund 70 Hersteller von Wechselrichtern und Speichersystemen an. Die Kompatibilität bei den Wechselrichtern, die derzeit sieben Hersteller umfasst, ist aber auch bei Pulse sicherlich noch ausbaufähig. Interessant ist freilich der eigene dynamische Stromtarif, der nach Aussage von Madler deutlich günstiger als der von Tibber ist. Pulse liefere Ökostrom, der aber auf Zertifikaten beruhe, so der Firmengründer.

Wesentlich ist für ihn, dass Strom vor allem zu Zeiten verbraucht wird, wenn er günstig ist. Denn dann stamme er von erneuerbaren Energien. Und Installateur:innen will Madler vom Angebot auch dadurch überzeugen, dass sie von monatlichen Erträgen profitieren.

Ein anderes auf Software gestütztes Unternehmen ist die Solarmanager AG aus der Schweiz mit ihrem Solarmanager, der mit einer Jahresabogebühr verbunden ist. Bemerkens­- wert ist beim Solarmanager die lange Liste mit unterstützten Geräten. Auch ein dynamischer Tarif ist möglich.

Außerdem gibt es, wie gesagt, eine große Reihe weiterer Unternehmen und es kommen offenbar noch neue hinzu.

Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH

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