Biogas für die Wärmewende

Für viele Kommunen, die derzeit dabei sind, ihre lokalen Wärmepläne zu erarbeiten, ist Bioenergie ein Thema. Sie steht unabhängig vom Wetter zur Verfügung und kann so einen Grundstock für die Wärmeversorgung liefern. Sie ist – bei entsprechenden Speichern – auch in der Lage, dann die Versorgung zu sichern, wenn die Sonne nicht ausreichend scheint.
Bioenergie für Wärmenetze
Eine ganze Reihe von Gemeinden vor allem im ländlichen Raum nutzt Biogas oder Holz als regenerative Brennstoffe für ihre Wärmenetze. Mehr und mehr Gemeinden kombinieren dies auch mit großen solarthermischen Anlagen, die im Verbund mit der Bioenergie eine recht kostengünstige Versorgung sicherstellen. Stärker in den Fokus rückt nun auch Biomethan – aufbereitetes Biogas, das in Erdgas-BHKW und Gasheizungen ebenso wie Erdgas zum Einsatz kommen kann.
Seit 2024 verlangt das Gebäudeenergiegesetz (GEG), dass alle neuen Heizungen in Häusern, die in Neubausiedlungen errichtet werden, mindestens 65 Prozent der bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugen. Im Bestand gilt diese Vorgabe in Großstädten mit über 100.000 Einwohner:innen ab Juli 2026 und in kleineren Städten und Gemeinden ab Juli 2028.
Während die Holzenergie in der vergangenen Legislaturphase als Erfüllungsoption im GEG strittig war, galt dies nicht für gasförmige Biomasse. Der 65-Prozent-Erneuerbaren-Anteil kann demnach sowohl mit einer Beimischung von Biomethan, grünem oder blauem Wasserstoff in Gasheizungen als auch mit Biogaswärme, die über ein Wärmenetz ins Gebäude kommt, gedeckt werden.
Beimischungspflichten
Bei allen ab 2024 installierten Gasheizungen, für die bis Juli 2026 in Großstädten und bis Juli 2028 in kleineren Städten eine Übergangsregelung greift, sind besondere Anforderungen zu beachten. Die Hauseigentümer:innen müssen ab 2029 einen steigenden Anteil klimaneutraler Gase (Biomethan oder Wasserstoff) nachweisen; und zwar 15 Prozent ab 2029, 30 Prozent ab 2035 und 60 Prozent ab 2040 (siehe §71 Absatz 9 GEG). Mit einem 65-prozentigen Anteil würde die Anlage die Anforderungen des GEG in jedem Fall erfüllen. Dabei ist ab 1. Januar 2045 der Einsatz fossiler Brennstoffe generell nicht mehr erlaubt.
Auf die Nutzer:innen von Gasheizungen und Gas-BHKW kommen aber erwartbar höhere Kosten zu. Bioenergie ist ein knappes Gut. Und allein die Beimischpflicht könnte zu einem riesigen Biomethan-Marktvolumen heranwachsen.
Potenzial bei Biomethan
Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) hat den zukünftigen Biomethanbedarf unter dem GEG analysiert und kommt auf imposante Zahlen: Der zusätzliche Bedarf nach Biomethan durch Gasheizungen könnte bis 2040 auf 13,4 bis sogar 44,6 TWh steigen. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 10,4 TWh Biomethan erzeugt, wovon der Großteil in KWK-Anlagen mit EEG-Förderung eingesetzt wurde. Im mittleren, durchaus realistischen Szenario würde der Bedarf von 30 TWh eine Verdreifachung der heutigen Produktion bedeuten. Wesentliche, aber sehr unsichere Einflussgrößen für die Mengenprognosen sind die Verfügbarkeit von Wasserstoff und die künftige Nachfrage nach Gasheizungen. Christin Schmidt von der Dena: „Die Ergebnisse zeigen, dass der Bedarf an Biomethan signifikant steigen wird, wenn Erdgas und dessen erneuerbare Substitute weiterhin eine bedeutende Rolle in der Wärmeversorgung spielen.“
Der GEG-Maisdeckel
Die Anforderungen an Biomethan zur Erfüllung des GEG in den Punkten Methanschlupf, Prozesswärme und Massenbilanzierung entsprechen im Wesentlichen denen im Erneuerbare-Energien-Gesetz. In §71f Absatz 4 hat das GEG einen eigenen Maisdeckel: Neue Vergärungsanlagen größer als 1 Megawatt dürfen demnach höchstens 40 Masseprozent Getreidekorn und Mais einsetzen. Weil der Gesetzgeber den Begriff „neue Vergärungsanlagen“ wählt, wird der GEG-Maisdeckel nicht auf vor 2024 in Betrieb genommene Biogasanlagen angewandt. „Damit könnte sich für Bestandsanlagen durch Anschluss an das Gasnetz eine Perspektive im Wärmemarkt bieten, sollte es in der Tat zu einer sehr hohen Biomethannachfrage kommen“, meint Schmidt.
Auch der Fachverband Biogas befürwortet die Biomethanproduktion. Im Biomethan sieht er die Chance, unabhängig von einer staatlichen Förderung zu sein. Doch eine Umrüstung von Bestandsanlagen auf Biomethan hat drei Kernprobleme:
- Biogasanlagen mit Vor-Ort-Verstromung sind meistens zu klein, um den großen Investitionsaufwand in eine Biogasaufbereitung zu rechtfertigen. Es müssten sich mehrere Bestandsanlagen zur gemeinsamen Aufbereitung zusammenschließen mit allen daraus folgenden Problemen wie dem Leitungsbau, neuen Betreibermodellen und dem Gasnetzanschluss.
- ist der Biomethanmarkt unsicher: Es fehlt eine Risikoabdeckung wie beim EEG mit 20 Jahren sicherer Einspeisevergütung.
- läuft die Gasnetzzugangsverordnung aus. Sie soll im Laufe von 2025 novelliert werden und 2026 in Kraft treten. Die Gasnetzbetreiber drängen unbedingt darauf, den für sie hohen Kostenanteil bei der Finanzierung des Einspeisepunktes zu reduzieren.
Knappe Ressource
Angesichts der Unsicherheiten lässt sich derzeit nicht sagen, wie viel Biomethan in den kommenden Jahren zur Verfügung steht. Bei ihren Planungen sollten Kommunen auch berücksichtigen, dass Bioenergie aufgrund des Flächenbedarfs bei starker Ausweitung problematisch werden könnte. Laut Angaben der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) ist für die Erzeugung einer Megawattstunde Wärme mit Biogas aus Silomais eine Fläche von 277 Quadratmetern erforderlich. Wird die gleiche Wärmemenge mit Windenergie und Großwärmepumpen (COP 2,5) erzeugt, dann liegt der Flächenbedarf bei nur 0,2 Quadratmetern. Bei der Kombination einer PV-Anlage mit einer solchen Wärmepumpe sind es 5,7 Quadratmeter. Bioenergie lässt sich aber durchaus mit Windenergie und Agri-PV kombinieren. Zudem ist Bioenergie derzeit leichter speicherbar.
Umweltbundesamt skeptisch
Biogas hat seine Vorteile, doch die Beschränkungen sollte man berücksichtigen. So steht das Umweltbundesamt (UBA) dem Anbau von Biomasse eigens zur energetischen Nutzung kritisch gegenüber, unter anderem aufgrund der zunehmenden Konkurrenz um fruchtbare Anbauflächen. Ganz auf Bioenergie verzichten würde aber auch das UBA nicht. So gibt es aus dessen Sicht auch Biomassequellen, die zum Teil sogar ökologisch günstige Nebeneffekte haben. Beispielsweise liefert die Vergärung von Gülle nicht nur Energie, sondern wandelt die Gülle in einen bodenverträglicheren Dünger um. Auch die energetische Nutzung von Grünschnitt aus der Landschaftspflege sowie biogenen Siedlungs- und Industriebfällen sei nicht mit gravierenden ökologischen und sozioökonomischen Risiken verbunden.
Autoren: Christian Dany, Andreas Witt | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH